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Unbekanntes Land

Es begab sich eines Sonntags, da machte sich ein junger Reiter mit zwei guten Freunden auf, unbekanntes, bewaldetes Gebiet zu erkunden. Die Freunde waren sein treuer Gaul „Bigfoot“ und „die amtliche Umgebungskarte“ – ein entfernter, minderbemittelter Vorfahre des Navigationssystems „Oberst“. Es sollte eine zwiespältige Erfahrung werden…


Der Einstieg war für den Probanden noch ein leichtes Spiel. Das Wetter meinte es gut – die Sonne ließ den kommenden Weg im gließenden Licht erscheinen. So ließ er auf dem Weg der alten Jakobspilgerer auch zügig die Stadtmauern hinter sich. Kaum im bewaldeten Gebiet angekommen, mußte Freund Karte Auskunft über die einzuschlagenden Pfade geben. Richtung der großen Hauptstadt Berlin sollte die kleine Erkundungstruppe vorstoßen, also ein paar Kilometer nach Nord-Ost.

Das klappte über weite Strecken auch recht gut, nur manchmal wußten weder Ross noch Reiter Rat. So fiel dem Dritten im Bunde die entscheidende Rolle zu.

Dessen Evolutionsgrad gepaart mit der Kenntnislosigkeit des jungen Reiters schlugen dann aber doch zu. Nun war es der treue Gaul, der die Nase in den Wind streckte um schöne Pfade auszumachen.

Die natürlichen Hindernisse des Hinterlandes konnten hier noch fast mühelos überwunden werden.

Doch plötzlich fluchte der Gaul, bockte, wollte nicht mehr. Die unwissende Hinterlandbevölkerung hatte mit ihrem eisern beschlagenen Getier dem wehrlosen Weg arg zugesetzt. Unbarmherziger Frost und das ihm folgende Tauwetter taten ihr Übriges…

Der aufgebrachte Gaul schimpfte auf seinen Begleiter Karte (dieser hatte vorher noch groß verkündet: „Folge nun dem güldenen Kreuz bis du auf ein ebensolches in Moosgrün triffst!“) und legte erstmal eine Rast zur Beruhigung ein. Zum Glück hatte sich ein freundlicher Waldbewohner ein schützendes Kleid zugelegt, so dass er sich bequem anlehen konnte.

Der Reiter fragte derweil nocheinmal Karte, ob der angekündigte Pfad denn der richtige sei? Es folgte eine kleinlaute Bestätigung. Da auch der unerfahrene Reiter keine Alternative wußte, scheuchte er das widerspenstige Ross schließlich weiter. Der Weg wurde zum Pfad, Links und Rechts stachelten gemeine Dornenäste, fiese, glitschige Wurzeln stellten dem Ross Fallen. Allein der übermütige, junge Reiter strahlte jetzt wieder. Doch auch die anderen beiden Gefährten wurden bald von der Sonne mit ihrem schönsten Schein belohnt.

Kurz darauf kam es zum Kontakt mit der hießigen, merkwürden Landbevölkerung. In Horden bewegten sie sich langsam sowie plan-, sinn- und scheinbar ziellos auf sonnigen Feldwegen. Ihre neumodischen Kutschen schienen sie hier gesammelt abgeworfen zu haben. Angewidert wechselte der Reiter die Richtung und animierte das Ross zum Galopp. Kaum zwischen kühlenden Bäumen angekommen, schon war keiner dieser eigentümlichen Menschen mehr zu sehen. Hier mußte es eine magische Grenze geben. Karte konnte leider keine Erklärung für dieses mysteriöse Phämomen liefern, unterschied nur zwischen hell- und dunkelgrün und verwies auf den ebenfalls grünen Weg. Dieser Empfehlung folgten die anderen Beiden dann auch. Der Weg war herrlich, sie schöpften wieder Vertrauen in Kartes Fähigkeiten.

Zu Unrecht. Anscheinend war die Hinterlandbevölkerung doch in den Wald eingedrungen und hatte hier ihr zerstörerisches Werk getrieben. Der Pfad der Drei war bald nicht mehr wiederzuerkennen. Der alte Gaul sträubte sich, wollte sogar getragen werden. Der junge Reiter wehrte sich nach Kräften, doch ihm blieb keine andere Wahl. So tauschen sie ihre Rollen.

Karte hatte auf Nachfrage noch alternative Wege vorgeschlagen, doch wirkten sie nicht sehr einladend.

So wurde der urspünglich geplante Weg mühsam fortgesetzt. Nach einer scheinbar schmerzlich langen Zeit war das Ross schließlich froh, wieder angenehm weichen, nadeligen und auch laubbedeckten Boden unter den Hufen spüren zu können.

Karte wurde nun ganz kleinlaut und traute sich nicht mehr den anderen Beiden kleine Pfade vorzuschlagen. Das wäre bestimmt auch nicht so gut gewesen, da die bisher wohlwollende Sonne langsam ihr Tageswerk zu beenden drohte. Die drei Gefährten wurden sich einig, es ihr gleich zu tun. So kehrten sie aus Richtung Osten schließlich wieder zurück in ihre neue Heimatstadt…

7 Kommentare

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  • Eine schöne Geschichte. Ich mache es mit meinen Karten – sofern sie mich anlügen – immer so, dass ich sie irgendwann zerreiße und in der Landschaft verteile. Die anderen Karten daheim im Schubfach bemerken dann das Ausbleiben des Freundes und sind daraufhin sehr eingeschüchtert. Man kann diese erzieherische Maßnahme noch steigern, wenn man ein paar besonders schlimm zugerichtete Kartenschnipsel in das betreffende Schubfach streut. In der Folge kommt es für einen gewissen Zeitraum zu deutlich weniger Mißweisungen.

    Eine Frage noch: Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei dem von Dir heimgesuchten Gebiet um die Dresdner Heide handelt? Und wenn ja, warum bezeichnest Du Dresden im Schluss Deiner Geschichte als „neue Heimat“. Sofern ich mich recht erinnere, wohnst Du doch nun schon eine Weile dort. 40. Semester, wenn ich nicht irre…

    Noch was: Warum ist Deine Bude auf einmal silber, war Sie sie nicht um Himmelfahrt rum noch schwarz?

  • deswegen schreibt er ja auch „richtung berlin … also ein paar Kilometer nach Nord-Ost.“

    Na gut, aus Sicht der Dresdner Heide geht es nach Berlin eher nach NordNordWest, als NordOst. Aber der angesprochene Pilgerweg geht dort irgendwie durch.

    Habe gerade mal auf die Karte geguckt. Ganz schon dicht besiedelt die Ecke. Kaum noch Gegend übrig. Der Reichswald scheint die einzig freie Ecke zu sein. Zumindest in der angegebenen Richtung und Entfernung. Ich wünsche Dir trotzdem viel Spaß im Fränkischen.

  • Aber eine hübsche Geschichte ist es trotz all dieser Spekulationen.

    Die Forstwirtschaft scheint nicht nur hier im Eichsfeld bemüht, auch den letzten Waldweg in Grund und Boden fahren zu wollen …

  • die bilder könnten trotzdem allesamt in der heide entstanden sein. eine ähnlichkeit zum verwechseln. wenn ich nich wüsste, dass du in den südstaaten weilst, hätte ich fast gestutzt.
    aber in der heide hättest du ja keine karte gebraucht (und umso weniger hätte sie dir genutzt).

    unterhaltsame lektüre auf jeden fall.

    grüße aus dd, der martn.

  • jaja, fast wie die gute alte heide. nur flacher und mehr reiter.
    an die rätselrater: ein blick in die kontaktbörse wäre der einfache lösungsschlüssel gewesen.

    @jockel: gute methode, nur hier noch nicht praktikabel. es handelt sich um den einzigen vertreter der spezies „karte“ in dieser residenz. und die stadtplan-verwandtschaft wollte ich nun wirklich nicht verärgern…

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