Home » Touren » Rechts der Oder

Rechts der Oder

Das Frühjahr ist zum Tourenfahren da und was lag näher, als eine alte Idee zu beleben und einen Erkundungszug in die Regionen östlich der Oder zu starten. Die ordnungsgemäße Durchführung des Plans erforderte allerdings frühes Aufstehen und so fand sich vom Kader nur Jockel, der mit mir zu 9.00 am Sonnabend zum Hauptbahnhof der Oderstadt Schwedt fuhr.

Da unser Plan auch „Rechts der Oder“ heißt, halten wir uns nicht lange auf und fahren entlang der Meglitze durch den Polder direkt zum Grenzübergang an der Oder. Dank des EU-Beitritts der Republik Polen konnten wir unkontrolliert den Grenzübertritt in Krajnik Dolny vollziehen und schwammen einfach im Strom der Handelstouristen mit.

Schon auf dem Weg zur Oder wurde mir aber klar, daß es evtl. nicht die beste Idee war, mit dem Oberst diese Tour zu unternehmen, denn er legte gleich ein solches Tempo vor, daß ich ihn fahren ließ. Allerdings würde es mir nicht so ergehen wie dem armen Rob im Januar, denn ich hatte den Plan!

Zunächst galt es nach Erreichen des rechten Oderufers Raum zu den Handelsposten zu erringen und wir stürzen uns auf den eher langweiligen Weg, der uns dem Wind entgegen stromauf nach Süden bringt. Aber noch ehe es richtig langweilig wird, folgen erste steile und schlammige Steigungen, bei denen wir beide an die Traktionsgrenzen unserer Stollen kommen.

Vorwärts
(Die erste richtig heftige Steigung über lehmigen und sehr steilen Untergrund brachte uns beide vom Rad, zeigte mir aber auch, daß heute etwas nicht lief, während Jockel immer schön locker schien)

Nach Radun verlieren wir die mühsam erkämpften Meter aber wieder und rollen an einem Reiterhof vorbei, ernten ungläubige Blicke. Dann verlassen wir den Grenzstrom und tauchen ein in die tiefen Wälder der Puszcza Piaskowa mit ihrem Sand-Urwald. In mehreren Stufen steigen wir allmählich immer höher und umrunden den mit 166 m höchsten Berg der Region „Czarny Bocian“ knapp unterhalb des Gipfels.

Suchbild
(Ein Suchbild, das den Charakter der Tour ganz gut wiedergibt. Nur gut, daß ich die Karte und Jockel keinen Schimmer von der Gegend hatte, denn immer, wenn es unklar wurde, mußte er warten.)

Vom „Czarny Bocian“ dringen wir weiter nach Südosten zum Inselsee (J. Ostrow) vor. Entgehen nur knapp der Attacke wild gewordener Hunde und umrunden den See im Osten. Tiefes unwegsames Terrain erwartet uns hier. Wege, die eher kleinen Bachläufen gleichen und das Vorankommen massiv verlangsamen.

Schlammloch

Der Wald endet jedoch bald, noch dazu verlassen wir ihn auf falschem Weg und gelangen zunächst nach Lukowice, von wo uns nur ein kurzes Stück auf Straße wieder zurück auf die gewünschte Route bringt.

Es folgen einige Kilometer in zügiger Fahrt über hügeliges Land bis nach Radostow. Wir legen eine kurze Rast ein, ich muß meinen klassischen Mittagshunger behandeln und außerdem scheint die Sonne jetzt auch sehr schön. Anschließend gehen wir am großen Stein im Wald aber verloren. Denn dort, wo Wege sein sollen, waren sie nicht. Und wo nichts sein sollte, …

Großer Stein
am Großen Stein war plötzlich der Weg zu Ende

Etwas Laufen und querfahren bringen uns nach Osten aus dem Wald heraus an einen See. Wieder ist der Weg nicht da, der nach Karte … aber die Hoffnung treibt uns voran und nach einem überaus zähen Stück über einen Acker auf einen festen Weg und von da wieder in Wald.

Langsam müssen wir nach Westen schwenken, um irgendwie Stara Rudnica zu erreichen und von da den ultimativ letzten Anstieg rechts der Oder zu meistern. Jockel muß zunächst aber noch den Angriff zweier Tölen erwehren. Allerdings reicht seine Ansprache so weit, daß mich die Kläffer problemlos passieren lassen.

Von Stara Rudnica geht es sehr direkt hinauf auf ca. 60 Meter über dem Strom. Das beschert uns zwar eine grandiose Aussicht bis weit hinein in den Barnim. Aber mir fordert es alles ab. Das linke Knie schmerzt, das rechte verkrampft und irgendwie will die Steigung kein Ende nehmen und Jockel ist auch schon wieder weit voraus. Hoch komme ich dann irgendwie, aber der Oberst ist verschwunden und nur anhand seiner Reifenspuren kann ich zu ihm aufschließen.

Faul liegt er im Gras und faselt irgendwas von so schön ruhig hier. Ja stimmt, seine Kette quietscht nicht mehr, dafür hämmert aber irgendwas in mir.

Faule Sau
Faule Sau, aber die Stelle war wirklich schön

Bis Osinow Dolny (Niederwutzen) geht es von da eigentlich nur noch bergab und geradeaus. Aber aus irgendeinem Grund will der Oberst doch lieber links und wieder rauf auf den Berg. Nur mit Mühe kann ich ihn davon abbringen und so fahren wir mit einem kleinen Schlenker in den Grenzort und nutzen die Gunst der Stunde und Jockel ersteht ein feines Silikonspray, mit dem er seiner Kette das Quietschen und Rasseln austreiben will.

Auch hier stellt der Grenzübertritt kein Problem dar und so schaukeln wir durch Hohenwutzen und über die Wiesen nach Oderberg und kehren ein für ein lecker Stück vom Kuchen in Kieslinger’s Kaffeestube.

In Oderberg war unsere Tour aber noch lange nicht zu Ende und so mußte wir irgendwann die gastliche Kaffeestube verlassenund wieder rauf aufs Bike. Und da das wiederbeginnen nach einer derartigen Pause besonders viel Spaß macht, ging es gleich den steilen Stich bis zum Kriegerdenkmal oberhalb der Oderberger Kirche hoch. Das Pflaster bot gerade genug Haftung, um nicht einfach wieder nach unten zu rutschen und so war es eine Qual.

Den Aufstieg zum Teufelsberg ignorierten wir und zogen statt dessen zügig durch den Wald nördlich von Liepe. Fanden auch noch den einen oder anderen schönen Weg und landeten schließlich doch oberhalb des schiffshebewerkes auf der Straße. Umwege sollten nicht mehr gemacht werden und so folgen wir bis zur Klosterbrücke der Landstraße. Verlassen sie da aber auch genervt und rollen durch den Rand der Mönchsheide parallel zum Oder-Havel-Kanal bis nach Eberswalde, wo sich unsere Wege trennen.

steppenwind

8 Kommentare

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  • Großer Sport rechts der Oder. Die Neumark bietet alles was das Herz begehrt: eine sehr schöne und vor allem menschenleere Landschaft. Keiner da, der einem auf die Nuss geht. Und vor allem die völlige Abwesenheit von „touristischer“ Infrastruktur. Die beste Voraussetzung, dass es auch in absehbarer Zukunft so bleibt. Mir gefällt es und es wird definitiv nicht das letzte Mal gewesen sein.
    Dank auch an meinen Kumpel Steppenwind, welcher es verstand, von den grau/weiß kopierten Zetteln eine schöne Tour abzulesen. Auch wenn ich den Eindruck hatte, dass es gut war, dass wir hin und wieder beide drauf gesehen haben. 😉

  • nun sei mal nicht so, mit Dir als Zugmaschine waren das für mich aber auch erschwerte Bedingungen! Hat trotzdem Spaß gemacht und Umwege erhöhen die Ortskenntnis.

  • Würde mir ja mal das Kartenpaket „Osteuropa“ für das behämmerte Navi runterladen. So dümpelt das Teil ja wohl recht planlos durch die Botanik. Aber ein sehr schöner Bericht! Vielen Dank… menis

  • Die Eisenschweine wagen sich nach Polen – sehr schön!
    Die Dörfer im Hinterland machen teilweise den Eindruck, als ob General Schukow erst gestern durchmarschiert wäre. Da pflügt mancher Bauer seinen Acker noch mit einem PS – und das 70km von Berlin entfernt. Irgendwo im Wald hinter Stara Rudnica habe ich im letzten Winter meine HR-Felge durchgebremst und mein lädiertes Gefährt mit letzter Kraft noch bis BFRW geschleppt.

    Östlich der Oder, zwischen Frankfurt und Schwedt kann man übrigens auch sehr entspannt auf verkehrsarmem & EU-gefördertem Asphalt rennradeln.

    Und mittlerweile verkehrt auch die Fähre bei Gozdowice über die Oder.

  • Ich erlebe gerade ein Dejavue. Ich kann mich erinnern, als es Zeiten gab, in der die Sonne es noch vermochte die Umgebungstemperatur nahe der eigenen Körpertemperatur zu erwärmen. Damals legte ich die Tour mutterseelenallein stromaufwärts zurück, die Suche nach dem großen Stein hatte ich wegen akutem Kraftmangel aufgegeben. Und genau die fehlende Kraft hatte mir der Berg, den Steppenwind kurz vor Osinow Dolny zum Glück verweigerte, geraubt. Dort ist die reinste Sandwüste!

    Das die Hunde keine Deutschen leiden können, musste ich auch erleben. Die wenigen Worte die ich noch auf Rusisch konnte, ließen die Töle noch agressiver werden, aber Deutsch half bei ihm auch nicht.

    Wenn ich nicht wieder die Schulbank drücken muss, bin ich gerne dabei die Weiten dieser unbekannten Neumark zu entdecken.

  • oh das scheint mir eine Tour ganz nach dem Geschmack von Steppenwind gewesen zu sein 😉 unendliche Weiten – einsames Land. Und das Beste es, dieses Mal musste er nicht warten, wie bei unseren gemeinsamen Touren;
    Oberst weiter so!

Archiv

Archive

Folgt uns auf