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Sonnenwende 2018

Im vergangenen Jahr versprach ich eine Fortsetzung der 2017er Tour, vielmehr eine Vollendung des Plans „Bahnradweg Hessen an einem Tag“. Aus den Erkenntnissen des Vorjahres lernend, gab es ein paar Änderungen:
– Wetter sollte stabil sein, bzw. keine Unwetter angekündigt
– möglichst exakte Streckenkenntnis,Vermeidung von Umwegen
– Mitfahrer suchen, Windschatten ist selten ein Nachteil
Gesagt, getan…

Samstag, der 30. Juni 2018 soll also der „längste“ Tag des Jahres für mich werden. Das Wetter ist einsame Spitze, nach einer tropischen Nacht (>20°C) starte ich Punkt 400 zum Vorhaben an der nördlichen Stadtgrenze zwischen Frankfurt und Bad Homburg. Am Lohrberg, dem Hausberg der Frankfurter, treffe ich auf Sven und Bernhard, meine Mitfahrer am heutigen Tag. Mit Sven hatte ich schon lange über diese Tour gesprochen, leider konnte er vergangenes Jahr nicht, dafür diesmal. Mit seiner unglaublichen Langstreckenerfahrung (u.a. Trondheim-Oslo) ist er der ideale Partner für dieses Unterfangen. Bernhard ist ein Kumpel von ihm, ihn kenne ich bislang nicht.

Wir rollen aus Frankfurt in östliche Richtung über die Hohe Straße raus. Keine Seele ist zu dieser frühen Stunde auf den Feldwegen in der Morgendämmerung unterwegs. Hier und da mal ein Hase oder eine Katze, wir genießen die Stille. Kurz nach 5 Uhr, wir sind bereits am Beginn des Vulkanradweges angelangt, geht über der keltischen Kultstätte Glauberg die Sonne auf. Der Vulkanradweg ist eine knapp 100km lange, ehemalige Bahnstrecke, die nahezu barrierefrei auf feinem Asphalt von Altenstadt bis Schlitz über den Vogelsberg führt.

Vulkanradweg

Ab Ortenberg beginnt nicht nur die Steigung zum Scheitelpunkt bei Hartmannshain (580m ü. NN), auch der angekündigte Wind aus Nord-Ost startet sein Tagwerk. Konstant bläst es nun die nächsten Stunden von vorne, beginnend mit einer leichten Briese erreichen wir später im Mittel 4-5 Beaufort.
Gegen 7:30 Uhr passieren wir den höchsten Punkt des Tages, jetzt rollt es mehr oder minder bergab bis Lauterbach. Dort legen wir eine Frühstückspause ein und füllen die Vorräte auf. Kurz nach Schlitz verlassen wir den Vulkanradweg und es geht entlang der Fulda bis Bad Hersfeld. Auf diesem Teilstück wurde eine längere Passage frisch asphaltiert, perfekt zu fahren.

Wenn da nur nicht dieser Wind wäre, es zieht uns kräftig Körner aus den Schuhen und wir haben zum ersten Mal leichte Zweifel, ob unser Vorhaben gelingen wird. Ich verspreche nach Bad Hersfeld mehr Windschutz, die Strecke liegt etwas geschützter, als im freien und breiten Fuldatal. Ab Bad Hersfeld folgen wir dem Solztalradweg bis zur hessisch-thüringischen Landesgrenze bei Philippsthal. Auch dieser Abschnitt bewegt sich weitgehend auf stillgelegten Gleisen. Bei Philippsthal begrüßen uns die riesigen Abraumhalden der Kalibergwerke am Wegesrand.

Und endlich knicken wir nach Süden ab und der Wind schiebt uns an. Ich habe das Gefühl, dass es eine Weile dauert, bis sich die Muskulatur an die neue „Schiebeunterstützung“ anpasst. Die Sonne hat ihren Zenit mittlerweile bereits überschritten und das Thermometer zeigt angenehme 27-28°C an. Unsere Pausen werden häufiger, immer wieder müssen leere Trinkflaschen aufgefüllt oder Nahrung aufgenommen werden. Auf dem Teilstück zwischen Philippsthal und Hilders bewegen wir uns auf dem Ulsterradweg. Zunächst links und rechts die Kuppen der gleichnamigen Kuppen-Rhön, später dann die Gipfel der Hohen Rhön. Kurz vor Hilders verlassen wir das Ulstertal und biegen westwärts auf den Milseburgradweg ab.

Durch den kühlen Tunnel unterqueren wir die Milseburg und rollen in der Nachmittagssonne auf die Barockstadt Fulda zu. Hatte ich in Tann bei KM 220 meinen persönlichen Tiefpunkt und schon mit einem erneuten Ausstieg in Fulda geliebäugelt, so geht es mir bei der Einfahrt in die Stadt wieder besser. Der kräftige Wind von hinten bläst die Müdigkeit förmlich aus den Beinen. Um kurz nach 16 Uhr lassen wir Fulda hinter uns und verlassen den Bahnradweg auf den nächsten Kilometern. Entlang des R3 liegt vor uns der Landrücken, ehe es ab Schlüchtern durch das Kinzigtal geht. Der Landrücken ist mit seinem Pass auf ca. 500m ü. NN und KM 280 noch einmal eine kleine Herausforderung.

Die Abfahrt auf dem Radweg ist mit dem Renner lebensgefährlich, hier lautet die Empfehlung definitiv die parallel verlaufende Bundesstraße zu nutzen. Alles andere macht bei der Belagssituation überhaupt keinen Sinn! Fast hätte es mich an einer der zahlreichen Wurzelwellen aus dem Sattel geschmissen. Mit MTB-Artistik verhindere ich schlimmeres… Die nächste Überraschung erwartet uns am Ortsausgang von Schlüchtern, grober Schotter anstelle von feinem Asphalt. Während parallel eine als MTB-Strecke ausgeschilderte Route asphaltiert ist, verläuft unser R3-Fernreiseweg auf Schotter. Das kann man wirklich besser ausschildern. Zum Glück ereilt uns kein Defekt, nach dem das Märchendorf der Gebrüder Grimm, Steinau an der Straße passiert ist, ballern wir wieder auf glattem Untergrund.

Bei Wächtersbach verläuft unsere Route nun auch wieder auf Originalroute des Bahnradweges. In Gelnhausen werden gegen 19 Uhr noch einmal die Speicher aufgefüllt und die Schlussetappe bis Frankfurt festgelegt. Uns stehen drei Alternativen zur Verfügung:
Variante A, der kürzeste Weg, dafür mit den giftigen Wellen des Ronneburger Hügellands; Variante C über Hanau topfeben, dafür am längsten und wenig attraktiv oder die goldene Mitte Variante B, mittellang und moderate Wellen über Langenselbold und die Hohe Straße. Wir entscheiden und für Variante B und genießen die letzten Kilometer mit der untergehenden Sonne über dem Taunus.

Um kurz vor 21 Uhr erreichen wir wieder den Treffpunkt auf dem Lohrberg, Frankfurt ist nach 360km und knapp sechzehneinhalb Stunden erreicht. Wir verabschieden uns kurz und nach der morgendlichen Anfahrt rolle ich nun wirklich im letzten Sonnenlicht des Tages alleine nach Hause. Am Ende stehen für mich 380km mit 2700 Höhenmetern auf der Uhr, neuer persönlicher Rekord was die Länge angeht. Jedes Wochenende muss ich das sicher nicht machen, aber einmal im Jahr geht schon 😉

Zum Schluss noch ein kleiner Überblick:

darkdesigner

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