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Bikepacking, das Nordic Walking des Radtourismus!?

– rob macht es, Cubation sowieso und all die anderen, die ihr Rad mit Taschen bestücken, so dass man es kaum noch als solches erkennen kann und dann damit im Gelände unterwegs sind. Vielleicht noch draußen schafen, sogar ohne Zelt. Wie verrückt, wo doch an jeder Ecke ein **** Sterne-Hotel oder wenigstens eine Pension steht und ein warmes Bett und Frühstück verspricht.

Es half alles nicht, die Neugierde war so groß, dass ich es selbst mal ausprobieren wollte. Erst mal klein anfangen – es stand eine Übernachtung, neudeutsch an. Am Freitag Morgen stand ich dann mit meinen vollbepackten Singlespeeder in Lichtenberg am Bahnsteig. Die Lenkertasche war mit Schlafsack, Tarp und Isomatte bestückt. In der Oberrohrtasche waren Werkzeug und Riegel untergebracht. Unterm Sattel, die Arschrakete mit ein paar Klamotten, Kocher, Essen und Kleinteilen. Da es nach , ging musste ein dritter Flaschenhalter ans Rad. 10 Meter Isolierband und 2 Kabelbinder später, war auch das erledigt. Die Idee hatte ich mir von einen Bikepacker abgeschaut, der sein Rad für eine durch das Death Valley präpariert hatte; da sollte es für Brandenburg alle mal reichen.

Warten auf den Zug

Der Zug fuhr pünktlich ein und los ging es Richtung Oranienburg. Im Zug fand gerade eine Umfrage statt. Mit dem Helm in der Hand und in voller Radmontur wurde ich dann gefragt, ob ich mit den Rad unterwegs bin. Als ich verneinte, und meinte, dass ich gerade mit meinen Schlauchboot angelegt habe, endete die Umfrage sehr schnell. In Oranienburg musste ich dann umsteigen. Kaum sass ich, als noch ein Bikepacker einstieg. Was für ein Zufall und ich freute mich schon auf einen netten Plausch. Leider war der Typ eher von der unlustigen Sorte. Er kramte sofort seine Süddeutsche aus der Tasche und blickte nicht einmal hoch. Naja, so konnte ich mich schon mal an die Einsamkeit der Uckermark gewöhnen. In Fürstenberg stieg ich aus und machte mich auf den Weg. Nach einem kurzen Asphaltstück bog ich in den Wald ein, wo mich schon der Zuckersand erwartete.

Fucking Zuckersand

Meine Ziel war Feldberg, wo ich dem Wanderweg „Märkischer Landweg“ bis nach Schwedt folgen wollte. Die Uckermark ist schon eine herrliche Ecke.

rollt!
rollt immer noch!

Die ersten 30 KM nach Feldberg rollten trotz des ganzen Gerödels super. Einzig im Wiegetritt fühlte es sich so an, als ob das ganze Rad sich verbiegt. In Feldberg gab es ein 2. Frühstück und gut gestärkt ging es dann auf den Märkischen Landweg.Das blaue Kreuz markiert den Weg.

Wegweiser

Die Wurzelpassagen und Steine am Schmalen Luzin stellten das Material auf eine harte Bewährungsprobe, aber erstaunlicherweise hielten die Riemen und Schlaufen das Ganze sehr gut in Position.

Teststrecke

Glücklicherweise waren nur wenige Leute unterwegs und so ging es zügig weiter, vorbei an der Krüseliner Mühle, Grosser Mechowsee und Kobatzer- und Schreiber Mühle. Die Landschaft war sehr abwechslungsreich und die vielen Uferwege in einem guten Zustand. Am frühen Nachmittag kam dann die Sonne raus und lud zu einer Pause ein. In Lychen, direkt am Wanderweg, lag ein schönes Ausflugslokal und so konnte ich bei bestem Biergartenwetter das Hefeweizen genießen. Irgendwann musste ich mich dann wieder aufraffen, da noch einige Kilometer vor mir lagen. Da mich ja niemand hetzte und mit dem Singlespeeder sowieso alles gemächlicher rollte, hatte ich viel Zeit, die schöne Natur zu genießen und auch den einen oder anderen Fotostop einzulegen.

Pause
schöne Wiesen

Weiter führte es mich vorbei am Zens- und Platkowsee über Alt Placht und Annenwald nach Templin. Irgendwo hinter Templin hatte ich die Übernachtung eingeplant und nach einer kurzen Pause beim Bäcker ging die Fahrt am Templiner Kanal weiter. Im Forsthaus Laatz hießen mich zwei arme Schweine willkommen und ich hoffte, dies sollte nicht als Abschreckung für Wildcamper dienen.

arme Schweine

Obwohl ich mir über Google Earth schon einen Überblick verschafft hatte, sagte mir keiner der ausgesuchten Schlafplätze zu. Es ging weiter zum Libbesikkeseee, wo ich zwar eine kleine Badestelle, aber keinen Schlafplatz fand. Der Tag neigte sich dem Ende und ich warf noch einen Blick auf die Karte. In Ringenwalde befanden sich Feld- und Wiesenflächen, die jeweils mit kleinen Wäldchen gespickt waren. Bei näherer Betrachtung hatte ich jetzt die Wahl von Ameisen oder Mücken zerfressen zu werden. Ich entschied mich für die Mücken und wählte eine Wiese aus. Meine Konstruktion aus Rad und Tarp sah zwar nicht sehr vertrauenerweckend aus, aber fürs erste Mal war ich ganz zufrieden.

Home sweet home

Zum Abendessen machte ich mir eine Tütensuppe, die auch mal ihren Namen verdiente.

Tütensuppe

Die Sonne ging langsam unter und nach dem Gute-Nacht Bier stieg ich in den Schlafsack. Was soll ich sagen – die Nacht war die . Nachdem die Mücken irgendwann verschwanden, begann ein Chor von quakenden Fröschen ein schreckliches Konzert. Zwischendurch ertönte dann immer wieder der Hall von Schüssen und diverse Säugetiere röhrten um die Wette. Meine letzte Nacht mit so wenig Schlaf hatte ich vielleicht mit 18 Jahren und so war es kein Wunder, dass ich mich, als ich um 0500 Uhr aufstand, wie gerädert fühlte.

Sonnenaufgang

Dank der Mücken, die nun auch wieder wach waren, kamen meine Lebensgeister schnell wieder. An Frühstück war nicht zu denke, außer ich wollte mehrere Liter Blut an die Mücken verlieren. Ich raffte meine Sachen zusammen und stieg aufs Rad. Es war einfach herrlich so ganz einsam durch die Gegend zu radeln und die frische und noch kühle Morgenluft einzuatmen.

einsame Wege

Nach gut 2 Stunden hatte ich Peetzig erreicht. Am Wegesrand Kornblumen, die Sonne schien und eine kleine Bank im Schatten eines Obstbaumes lud zum Pause ein. Mein neuer Kocher leistete mir gute Dienste und so war der Haferbei und Kaffee schnell zubereitet.

Frühstück

Frisch gestärkt konnte es weiter gehen. Habe ich schon erwähnt, dass die Landschaft hier ein wirklicher Traum ist?

Wald

Hinter Wolletz wartete dann ein richtig geiler Singletrail am Ufer auf mich. Selbst unter dem Blätterdach war es mittlerweile schon richtig warm und so war ich über jedes Lüftchen dankbar.

Uferweg

Schnell wurde Angermünde durchquert und es ging weiter nach Crussow. Obwohl es erst 10 Uhr war brannte die Sonne vom Himmel und weit und breit kein Baum, der Schatten spendete. Ich erinnerte mich an den Bericht über das Dead Valley und war froh über die 3. Trinkflasche am Rad.

Hitze

Bald erreichte ich die Oder.

Oder

Hier befuhr ich tolle Wege entlang der Flusses und der Wald spendete endlich wieder Schatten. Das hügelige Gelände raubte mir die letzten Körner und der Weg nach Schwedt schien sich ewig hin zu ziehen.

Zugewachsene Wege

In Schwedt bog ich dann vom Märkischen Landweg ab und fuhr Richtung Bahnhof. In der Kaschemme vor Ort gab es zur Belohnung noch ein großes Radler und irgendwie war ich richtig zufrieden – so mit allem. Um im Zug für keinen Unfrieden zu sorgen, wurde noch mal kurz das Deo ausgepackt und die Spuren von 2 Tagen im gleichen Trikot in einer Hülle von Sommerfrische erstickt.

Sommerduft

Das war für mich bestimmt nicht der letzte Ausflug dieser Art. Am Ende standen 188 KM und 1140 HM auf der Uhr.

Ampelhasser

12 Kommentare

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  • Ein kleiner Traum! Eispickel war auch unterwegs und andere wahrscheinlich auch noch, nur ich verbrachte das Wochenende ohne Rad….

  • Akribische Planung,Vorbereitung und Durchführung sind eine von Ampels stärken,Danke für die gute Unterhaltung.
    Die Strecke sieht toll aus,wäre etwas verkürzt ja mal ne schöne Tagestour,aber ohne Waldschlaf!!

    • Ein Großteil der Strecke ist ja eigentlich ein alter Hut. Vor langer Zeit sind wir dort immer mit dem Oberst durchgerast. Jetzt war aber mal Zeit, sich die Ecke genauer anzuschauen. Bei einer schöne Tagestour wäre ich aber auch dabei.

  • Feiner Bericht!

    Wie ich das sehe, hättest Du für den Gegenwert des Equipments in der Uckermark ein ganzes Landgasthaus mit frisch gemachten Betten und gefüllter Kühlzelle kaufen können.

    Ich fürchte, Du musst jetzt öfter draußen pennen.

  • Frag mal deine Eltern, wie lange du mit 18 gepennt hattest. Da hättest du zweimal die Eiszeit verpasst. Aber trotzdem bin ich neidisch!

  • Schön schön – bis auf die Nacht draußen. So in der Natur kann es durchaus lauter sein als in der Großstadt. Das ganze Viechzeuch! Ich würde, auch nach meinen Erfahrungen, ein kleines Leichtbauzelt einem Tarp vorziehen. Vielleicht ein Überlegung bei Deiner längeren Tour im Herbst (Moargus hat mir schon verraten)? Aber das ist auch nochmal eine größere Investition, dann reicht es wirklich fast für den uckermärkischen Dreiseitenhof :]
    Auf dem ersten Bild knickt Deine Arschrakete so nach unten ab. Das hatte Moargus auch bei seiner ersten Testfahrt. Abhilfe schafft gutes packen und vor allem quetschen quetschen quetschen, damit die Tasche formstabil wird. Dann schlaggert auch weniger.

    Gute Aktion insgesamt.
    Gemeinsame Tagestour da oben? Gerne. Kommendes Wochenende, 17. oder 18.6.??

    rb

    • Sie: „Hey, Deine Arschrakete steht nicht mehr richtig!“
      Er: „Das ist keine Arschrakete, das ist eine Bagjack!“
      Sie: „Na für ’ne Bagjack steht sie ganz gut.“

  • Ich empfehle aus gegebenem Anlass die Mitnahme einer Zeckenzange. Denn die Natur ist nicht unser Freund, sondern von Anbeginn aller Zeiten darauf bedacht, uns wieder zum Erdboden zu tilgen. So ist sie denn auch nur dazu geeignet, sie zu durchfahren, nicht aber, allzu intensiven Kontakt mit ihr aufzunehmen. Sonst spucken womöglich kleine, sich verbeißende Spinnentiere Dinge in uns hinein und wir dürfen dann ein paar Wochen lang keine größeren Anstrengungen auf dem Rad unternehmen.

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