Im Urlaub dieses Jahr kaum zum radfahren gekommen, auf Arbeit unruhige Zeiten und die Familie macht auch nicht was Sie soll, also wo findet man Ruhe und ist nur für die eigenen Fehler verantwortlich, allein auf dem Rad.
Das 1000 er brevet abgebrochen, die unendliche Rundfahrt aus den Augen verloren, keimten im stillen Kämmerlein verwegene Pläne. Was wäre mal mit 1000 km von Turm zu Turm und an Anneke, juriloop, carodame,… vorbeiziehen.
Die Strecke ca. 1.000 km wurde durch noch freie Türme bestimmt.
Zug nach Hannover und los Hildesheim – Bodenwerder – Göttingen – (Mühlhausen) – Bad Kissingen – Würzburg – Lauf – Lappersdorf – Regensburg. Wie kommt man da auf 1000 km. Hier der Plan auf Komoot. In meinem jugendlichen Leichtsinn hatte ich noch Walsrode, Weissenburg und Augsburg im Sinn. Der Geist war da noch willig, man kann auch übermütig dazu sagen.





Aber erstens kommt es Anders und zweitens wenn man fährt.
Die Wetterbedingungen hätten nicht besser sein können. Start in Berlin in kurz – kurz. Die Sonne erhellt die Stadt. Schnell zum Südkreuz noch zwei Franzbrötchen und nen Kaffee und ab in die Bahn. Berlin Hauptbahnhof wartet der IC nach Amsterdam auf mich, ich will nur bis Hannover und hab das gesamte Fahrradabteil für mich. Die Ruhe vor dem Bismarkturmsturm. In Wolfsburg verdunkelt der Dieselsmog den Himmel, aber in Hannover erwartet mich der Sonnenschein.
Orientierungsfuchs toni fährt gleich nach Süden und wundert sich, das er schon nach 33 km den Turm von Hildesheim erreicht. Am Ende der Reise stellt sich raus, das Walsrode eh schon eingenommen war und somit war meine Blödheit eine glückliche Fügung für die gesamte Reise. Das eine Ziel rückte damit schon am Anfang in weite Ferne, aber wer braucht schon 1000 km, wenn nur 54 h Zeit sind. Die Strecke von Hannover nach Hildesheim an der B6 ist nicht so dolle. Eigentlich kommt man aus der Stadt nie richtig raus. Ich rolle mit den LKW's um die Wette.

Bei der nächsten Komootplanung werde ich wohl wieder mehr auf Radwege achten und nicht „Rennradstrecke“ angeben. Bestimmt gibt es hier auch einen Weg an der Leine lang.
Hildesheim
Ich irre durch die Stadt und suche den Galgenberg, da soll's 'nen Turm geben. Asphalt wechselt zu Schotter und es geht in den Anstieg.
Da isser.

Der Turm ist offen, man kann die Treppe hoch, Grafitties und Klogeruch empfangen einen. Oben entschädigt der Ausblick und die frische Luft.


Da der Weg das Ziel ist, geht's weiter. Raus aus der Stadt und wieder mach ich den gleichen Fehler, immer an der Bundesstrasse lang.
In Hemmendorf bieg ich auf die Landstrasse ab und nun liegt Lauenstein im Weg schnell mal 200 hm gemacht und auf der anderen Seite wieder runter nun Richtung Vogler. Die Sonne lacht, die Landschaft wird lieblicher, die ersten Felder sind abgeerntet es duftet nach frischer Erde.

Am Wegesrand Äpfel und Pflaumenbäume, die Essensversorgung ist gesichert und ein weiterer Duft in der Nase. Das zweite Etappenziel nähert sich. Ein Schlagbaum, Schotter und Steilheit halten mich nicht auf. Noch ne Treppe. Die Muskulatur bekommt einen anderen Rhythmus.




Nummer 2.


Auch hier kann man rein und rauf und so gibt es einen wunderbaren Blick auf die Weser. Es ist 13:00 Uhr. Fröhlich pfeifend, mit dem Wissen, das ich auf Grund meines „Fehlers“ Göttingen im Hellen erreiche, mach ich mich wieder auf den Weg. Schnell noch ein Apfel vom Baum und schon rollt es auf Schotter den Berg hinab. Nächste Etappe knapp 75km. Die Landschaften wechseln, wie die Landstrassen. Die Sonne bleibt mein ewiger Begleiter. Es gibt auch mal Windschatten;-).




Schwups bin ich in Göttingen die Sonne meint es echt gut mit mir und ich bin froh, das es ein dichtes Tankstellennetz in Deutschland gibt. Somit und mit dem entsprechenden Magen ausgestattet, fehlt es mir an Nichts. Hier wartet als erstes Bismarcks Studentenbude auf mich , wobei der Hirtenbrunnen in meinem Wahn schon wie ein weiterer Zusatzpunkt aussah. Es war nur eine Fata Morgana!

Auch hier fröhlicher Stadtverkehr und ich auf der Suche und an der alten Stadtmauer(Wall) werd ich fündig.


Ich halte mich nicht lang auf, den es warten ja noch 2 echte Punkte auf mich. Ab zum Klausberg. Wohnviertel, Grünanlage, Steigung, Schotter immer ein ähnliches Spiel.





Langsam zeigen die km und die Hitze Ihre Wirkung das Lächeln im Gesicht wird spärlicher. Wiederum kann ich mir hier ein schönes Feuerchen vorstellen, das weit nach Göttingen hinein zu sehen wäre.
Über das Rohnswäldchen und Borheckstrasse geht's zum Kleperberg, hier soll nun noch der Turm erobert werden.
Der 25 mm Conti Classic schlittert über den Weg und ich schwitze wie ein Tier. Noch versteckt sich der Turm im Schatten der Bäume, aber er ist gefallen.





Wie hält man nun die Motivation hoch? Eigentlicher Plan – durchfahren. Hmmm? Eigentliches Ziel -Bad Kissingen. Wie kommt man durch die Nacht? Thüringen wartet, Berge kommen. Mimimimi…! Im Nachhinein noch ein Planungsfehler entdeckt. (Mühlhausen).
Aber ich wollte ja viele km machen. Also weiter. An der Sternwarte vorbei. Der Tag neigt sich dem Ende. Richtung Landesgrenze – Thüringen wartet!




Als Neuling unter den Randoneuren bin ich langsam auf der Suche nach einer Mahlzeit vor der Dunkelheit, ein Hügel nach dem Anderen wird weggebügelt und die Motivation sinkt. In Küllstedt ist die Luft raus ich halte auf dem Marktplatz und hoffe auf eine warme Mahlzeit und ein Ruhekissen.

Das www.hotel-zur-blume.de/ hatte zwar einen wortkarge Gastgeber und eine warme Mahlzeit, aber keine Zimmer mehr! Da es aber kurz vor der Nacht war, hieß es jetzt also erstmal frisch machen, die wärmeren Sachen an und futtern. Ein Radler für den Radler, eine salzige Brühe und ein Bauernfrühstück. Ich war der einzige Gast im Restaurant und somit störte später auch keiner beim Waschen und Umziehen auf dem Klo. Das Essen war reichhaltig, hatte aber ein bisschen Muffensausen ob es nicht zu viel gewesen wäre.
Nun ging es in die Nacht hinaus. Der Wirt schickte mich nach Mühlhausen und versprach: “ Da findest du was“. Auf der B249 ging es abwärts. Bei der Geschwindigkeit war ich froh, diesmal die Lupine am Helm zu haben, so leuchtete es auch immer in die Richtung wohin man schaute.
Ein Faupax auf dem Weg. Ich verpasste in der Dunkelheit den Turm von Mühlhausen, hatte aber auf Grund meiner Motivationsschwäche kein schlechtes Gewissen.
Im Dunkel vormichhin radelnd suchte ich nach Schlafmöglichkeiten. In Erinnerung eines Thüringenurlaubes kam mir Creutzburg in den Sinn und so bog ich von der eigentlichen Route ab und suchte da mein Glück. Schnell mal weitere 200 hm eingehandelt und trotzdem bei der nächsten Herberge abgewiesen worden. Die Jungs da wollten in Ruhe Karten spielen und nicht Zimmer vermieten. Weiter, eigentliches Ziel: www.wilhelmsgluecksbrunn.de/ aber es geht auf 23:00 Uhr zu und wer weiß ob überhaupt noch offen ist. So lockt die Volks und Raifeisenbank mehr als alles Andere und ich beschließe das Radfahren erstmal einzustellen.
Das waren also 14:40 h Zeit(12:35 h in Bewegung) 2.640 hm und 258 km und nun liege ich auf 2 Stühlen im Warmen und hoffe ein wenig Erholung zu finden. Merke, das nächste Mal eine Matte zum Liegen mitschleppen!
Nach ca. 4 h unruhigem hin und her wackeln's, eingeschlafenen Armen und Beinen, sowie Kuscheln mit dem ewig brummenden Geldautomaten lege ich fest, es reicht.
Ich packe mein Gerödel zusammen 4:15 h sitze ich wieder auf dem Rad.
Ziel für Heute – eine Dusche in Fürth beim esk Aussenposten – Blacksurf! Als erstes blinkt mir Eisenach mit der Wartburg entgegen und lässt Böses erahnen, später an der Werra lang und dann kommt ja auch bald die Röhn. Noch ist es dunkel und von der Landschaft nichts zu erkennen.


Bald ist es richtig hell und es gibt Frühstück beim Bäcker in Meiningen. Hier konnte ich nicht vorbei.


Es gibt Kaffee salzig und süß.
Frisch gestärkt wieder Vorwärts.Meiningen kurzer Marktplatzstopp. Es geht es Richtung ehemalige Grenze, einmal übern Berg und dann im Tal der Saale mit Rückenwind Richtung Bad Kissingen. Feinster Radwegasphalt, mal Split, kleine Städtchen , feine Auen für viele km. Die Sonne meint es gut!!!








Ja, kurz vor 11 Uhr Bad Kissingen erreicht und wieder ein paar höhenmeter zu erklimmen, die Fahne auf dem Turm winkt mir fröhlich zu. Weiß Rote Raute, den franken sind ja keine Bayern!



Hier hätte man schön übernachten können ein trockenes , warmes Glashaus auf dem Dach!
Nun wartet Würzburg ca. 65 km und dann noch 100 bis Fürth ich hab mein Kommen für 20 Uhr angekündigt also gibt es keine Ruhe.
Ein bisschen grantig bin ich auf die Franken. Die straßenbegleitenden Radwege wechseln oft mit Feldweg oder einfach mal Feld oder man kreuzt x mal die Strasse. Zwischenzeitlich mal wieder ne Tankstelle für Bockwurst, Getränke und Eis sonst passiert nicht wirklich etwas. In Würzburg angelangt, geht es steil nach oben und ich verirre mich erstmal auf dem Gelände der Uniklinik, aber finde dann doch noch den nächsten Turm.


Ich umrunde Ihn, diesmal ohne Aufstieg. Der Park ist Spielwiese des Volkes. Ich werd beim Foto's machen beäugt und schon bin ich wieder weg.
Die Planung schickt mich auf die B8 und ich versuche krampfhaft kleine Wege und Strassen parallel dazu zu finden. Die Dusche ruft! Die Sonne ist mir langsam zu viel, immer wieder such ich mir nen Brunnen zum Kopf kühlen.



Der Belag wechselt immer wieder zwischen Feldweg, Asphalt und Schotter. Die Hitze läßt mich krude Gedanken wälzen.



Der Funksprecher meldet Fürth ist bereit ich will endlich unter die Dusche. Die genaue Adresse wird gefunkt und Google Maps bringt mich sicher ans Ziel. Reicht für heute.
295 km 15:53 h (14:12 in Bewegung) 2.630 hm
Da Blacksurf meinen Spot-Link (Geiles Teil – www.findmespot.com/international/) hat, steht Sie vor der Tür als ich um die Ecke biege und erwartet mich. Taschen ab, Rad in den Keller und dann als erstes mit einem leckeren Frankenbräu den Staub aus der Kehle gespült. Ich erfahre den Luxus einer Dusche, die Wäsche kommt ins Kurzprogramm und wir gehen zum Italiener. Sardellenpizza um die Mineralien wieder aufzufüllen. Ein schöner Abend. Bei der anschließenden Planung der weiteren Strecke am heimischen PC wird wieder ein Turm weggestrichen, dafür die Schlafphase verlängert. Die reichlich hm hab ich doch unterschätzt und so sank auch die Ø Geschwindigkeit deutlich. Am nächsten Tag sollte noch ein Turm und eine Säule erobert werden und so fiel ich alsbald in einen tiefen Schlaf.
Die zweikreisige, blitzende Siebträgermaschine gurgelt mir ein fröhliches „Guten Morgen“ zu. Der Kaffee motiviert mich grandios und somit kann der Endspurt starten. Der Morgen ist noch am Erwachen als ich auf dem Rad sitz. Grobe Richtung Nürnberg -> Lauf an der Pegnitz. Es ist frisch, die Örtchen schlummern noch. Ich quere die A9 und der Moritzberg lauert auf mich.



Es läuft wie immer. Erst Schotter und später ein fürchterlich steiler Wurzeltrail macht aus dem Berg ein Sch…berg und weil der Morgenkaffee drückt und die Toilette im Bergrestaurant abgeschlossen ist, wird er später auch noch zum Kackberg. Der Turm ist ein Hindenburgturm, hä!
Naja bei uns, wär es wahrscheinlich ein Turm der „DSF“ geworden.




Wieder ein Zwischenziel erreicht. Nächster großer Ort ist Amberg. Die Streckenplanung geht jetzt nur noch Analog an Hand meines Zettels vom Vorabend. Jockel wär stolz auf mich. Nun nur noch über Nebenstraßen, die letzten Störche sieht man am Wegesrand und immer wieder idyllische Landschaften. Entlang an alten Bahnstrecken denk ich über die Baumeister und Strategen der Vergangenheit nach. All die schönen Brücken und Viadukte, jeder Bauer der zu seinem Feld wollte hat eine Brücke/Unterführung bekommen!







Es bleibt trotzdem eine Hetzerei. Amberg ist erreicht, es ist fast 11:00 Uhr, ich will 14:00 Uhr in Regensburg sein und es ist noch die Säule bei Lappersdorf zu erobern. Weitere rund 60 km warten! Mit dem rennrad und frisch hätte ich 2 h gesagt, so werden es aber mind. 3,5 h sein. Navigieren, Getränke nachfüllen, Fotopause, Berg erklimmen, alles kostet Zeit. So bleibt wenig Zeit die schöne Stadtmauer von Amberg zu bewundern, es reift die Erkenntnis das ich hier noch mal hin muss.

Ich fahre ins Tal der Vils und schlängle mich von nun an lange Zeit an ihr entlang auf dem Fünf-Flüsse Radweg. Bis Kallmünz echt herrlich, leider muss ich sämtliche Biergärten verachten. Es rollt super auf einer ehemaligen Bahntrasse, es wechselt der Belag zwischen bestem Flüsterasphalt und Strade Bianchi Sand. Immer wieder nehm ich den Kopf runter und seh kaum noch was von der Landschaft. Hetz.





Ups! Erstmal noch ein Berg im Weg, Kallmünz mit Burg und Fluß und so, auch schön und die Säule wartet ja noch. Also wieder Schotter und Feldweg und dann… Der Förster von Schwaighausen muss ein großer Fan gewesen sein. Kein prunkvoller Turm, nur ein Säulchen. Klein aber fein.




Der letzte Hügel ist geschafft, nun rolle ich nach Regensburg. Die Donau wird gequert, der Dom zeigt sich und alsbald ich finde den Bahnhof, hier soll 15.15 der Bus abfahren. Fein, nun hab ich endlich Zeit nach einem Biergarten zu schauen. Für einen Stadtbummel hab ich keinen Nerv. Aber ich komm wieder, spätesten bei „Von Dom zu Dom“ Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.



Lecker Bier und Würstchen. Das erste verdampft in der Kehle. Ich sitze unter einem Schirm die ersten Tropfen fallen, nach fast 3 Tagen Hitze muss ich lächeln.
Heute nochmal 153 km 7,45 h (7 h in Bewegung) 1750 hm
Am Ende noch einmal im Bahnhof Proviant gebunkert. Der Bus ist pünktlich, wartet schon auf mich. Ich sitze hinter dem Fahrer und als bald rollen wir auf der Autobahn und der Regen prasselt an die Scheibe. Der Flixbus macht alles was er soll und wirft mich pünktlich um 22:00 Uhr in Berlin ins Großstadtgetümmel. Der Regen ist verschwunden und ich fahre durch die dampfende Stadt heim.



PS: Das Klo im Bus wurde trotz 3 Liter Frankenbier und 1 L Schorle nicht benötigt.
PPS: Frische Schnittlauchbutter Brezeln sind was äußerst Leckeres!
Mehr über die Wettfahrt findet man hier: guterbubi.wordpress.com/die-unendliche-rundfahrt/
Technisch taktisches Verhalten hier:
1.Tag: www.strava.com/activities/700283523
Mein lieber Schwan! Dass das eine Ochsentour würde, war mir ja schon klar. Denn wer die Lage der meisten Türme kennt, der weiß um das häufig erforderliche Klettern und Schieben und Tragen. Sich so etwas zu mehr als einem halben Dutzend in eine solche Entfernung einzubauen, uiuiui….
Besten Dank für die vielen Fotos und den ausführlichen Bericht!
Auch ich bin stolz auf Dich! Rad und Körper haben gehalten, das Wetter auch, was will man mehr?
Deine Touren werden auch immer epischer.
Was kommt im nächsten Jahr?
Ich hoffe wieder auf mehr Gruppendynamik, aber dafür kürzer und Gourmetlastiger!
Feine Deutschlandtour! Hätte nicht gedacht, dass noch so zentral gelegene Türme ‚unbesetzt‘ waren.
Hätteste mal mitgedacht und den einen oder anderen Turm eingesackt, dann hätte ich den Toni jetzt nicht im Nacken… 😉
Ich frage mich die ganze Zeit, ob ich dazu auch Lust hätte. Ohne Sparkassenschlaf, mit Dusche und weniger Kilometer vielleicht. Trotzdem geil!
Irre Geschichte, Toni. Danke für das Teilhaben lassen!