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Berlin(-Wien) Tag und Nacht

Ohmen
Ohmen

Der Countdown ist vorbei. Die letzten 30 Mal hab ich bei meinem Arbeitsweg die Tage bis zum Start auf Strava nach unten gezählt. Nun wird es ernst. Die Idee waberte schon länger in meinem Kopf, nach dem aber Horst im März mit seinen Mannen nach Berlin zur Fahrradschau geradelt sind, steht es fest und damit ich auch ordentlich unter Druck bin, erzähl ich Allen davon. Ich will dieses Jahr mit dem Rad nach Wien zum 3. Mal zur „In Velo Veritas“. Über den Winter wurde ein „neues“ Eddy auf Tourentauglich und trotzdem Retro gepimpt. Es ist ein Corsa Extra in den Teamfarben vom Team Stuttgart der Vorgänger Mannschaft vom Team Telekom. Es gibt nun schon 3 Stück im Bekanntenkreis und ich freu mich auch schon auf HH-B dieses Jahr. Vielleicht gibt es ja ein Teamtreffen. Aber das ist die Zukunft und ich will ja von den Torturen der Vergangenheit berichten. Es gab Anfangs drei Startwillige, doch nur Opi und Toni wollen es wagen, also gibt es Geheimtreffen zur Strecken-, Gepäck- und Technikwahl. Es wird an der Form gefeilt und ich mach mit und ohne Opi einige Testfahrten. Die letzten Tage wurde immer wieder auf den Wetterbericht geschaut. Da im ganzen Land Unwetter niedergingen war die Klamottenfrage ungewiss und ein leichtes Mimimi machte sich breit. Die Zeit verging wie im Flug und nun war er da – der 9.Juni 2016. Der Bekanntenkreis und das Forum durften Live dabei sein, denn ich hatte mir zur Sicherheit noch einen SPOT Gen3 geholt und somit konnte der geneigte Internetnutzer jederzeit sehen wo wir waren.


Es war 6:00 Uhr und wir waren am Ortsausgangsschild Berlin, das Abenteuer konnte beginnen. km 0

Start Berlin Stadtgrenze
Start Berlin Stadtgrenze

Das Wetter hielt, leicht bedeckt und Rückenwind bei 15°C, perfekt! Auf bekannten Wegen Richtung Süden immer schön die Bundesstrassen meiden. Schönefeld, Mittenwalde, Teupitz, in Köthen schnell mal an den MTB Marathon gedacht und weiter. In Krausnick wird nicht zur Brauerei nach Schlepzig abgebogen, sondern direkt nach Lübben dort ein bisschen zwischen den Kanälen die richtige Einfahrt auf den Radweg gesucht und gefunden. Es rollt. Lübbenau an der Autobahn lang Richtung Vetschau leichter Niesel geht schon. Am Gräbendorfersee hat Opi Pippi in den Augen, er sucht ein WC und prompt hat die EU ihm ein in den Wald gestellt. km 125 Gräbendorfer Garten.

Opi Pipi
Pipipause
EU Fördermittel
EU Fördermittel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich rieche langsam Heimatluft Welzow, Klein Partwitz und Hoyerswerda fast an meiner Penne vorbei, aber ich will keine Zeit für Sentimentalitäten verschwenden. Mein Geburtshaus weggerissen, meine POS dem Boden gleich gemacht, 50% der Einwohner haben seit der Wende die Stadt verlassen. Wir treten weiter in die Pedale und kommen über Wittichenau immer parallel zur B96 nach Bautzen. Vorbei am Milleniumdenkmal  geht es in die Stadt. Hier soll es die erste Pause geben und als mein hinterer Reifen immer weicher wird, stehen wir auch prompt vor einem Brauereiausschank. Welch Zufall. 😉

km 200, 8h sind seit dem Start vergangen. Opi ordert Suppen und ich kümmere mich um meinen Schlauch. Es sollte die einzige Panne auf dieser Reise bleiben.

Suppenkasper
Suppenkasper

Frisch gestärkt mit Gulasch-, Hühner und Pilssuppe im Bauch geht es Richtung Schirgiswalde und weiter ins Zittauer Gebirge. Irgendwann sehen wir den Trixi Park liegen und ich denke an meine MTB Kariere zurück, auch hier hab ich schon schöne Tage und Nächte verbracht. Deutschland-Tschechien-Deutschland-Tschechien geht es ohne Kontrollen hin und her. Wir drücken die ersten Höhenmeter des Lausitzer Gebirgskammes.Ceska

In Jablonné v Podještědí streifen die Gedanken zum  Mitstreiter ab, der hat hier noch ein todo. Der Malevil Cup will mal ohne Verletzung bezwungen werden. Nun wieder Fokussiere ich mich wieder auf die Strasse, denn wir haben ja ein Ziel und um 20:00 Uhr schließen auch in Tschechien die letzten Läden. Im Internet hatte ich in Doksy einen Penny ausgemacht und das ist dann auch unser nächster Stopp. Das Wetter ist zwischenzeitlich immer besser geworden und so treibt uns der Durst voran.

km 300 ist geschafft 12:45h.

Die Pferdchen ruhen sich aus
Die Pferdchen ruhen sich aus

 

 

 

 

Durst
Durst
Hunger
Hunger

Hier endlich Getränke fassen und ein kleinen Snack. Die Stimmung passt.

Nach weiteren 40 km es ist nun 20:30 Uhr planen wir wollen jetzt die Vorbereitungen für die Nachtfahrt vornehmen da nun ein abschnitt mit wenig Zivilisation kommt. Die recherchierte Pizzeria in Benátky nad Jizerou wird gefunden und wir pausieren.

Toni
Päuschen
Pizza
Pizza nicht wie Gardasee

Dafür gibt es keine Empfehlung, aber es gab Pizza, eine Gelegenheit zum Waschen(WC) und man konnte sitzen, essen, trinken. Wir telefonierten nochmal mit Lieben und ziehen uns die wärmeren Sachen an. Nach 45 min starteten wir Richtung dunkle Seite der Macht. Die Lust zum Fotografieren verlässt mich und so gibt es von der Nacht kaum Bilder.

Es ist inzwischen 22.30 Uhr und auf einmal fehlt die Strasse.

Upps
Upps

Eine Brücke ist weggerissen und wir fluchen. Wie weiter? Glücklicherweise ist es kein Fluss sondern die S12 bei Cesky Brod und Opi geht todesmutig auf Suche nach einer Querung. Wir schaffen auch dieses Unbill und nach einer Trage- und Schiebepassage sind wir wieder auf dem Rad und haben die Gewissheit, das uns erstmal von hinten Keiner umfahren kann. Weiter geht es durch die Dunkelheit, ab und zu ein Reh, kaum ein Auto, Alles schläft und uns fällt es auch zunehmend schwer die Augen offen zu halten. Die Temperatur fällt auf 9°C. Opi fantasiert von Crystal Meth, Stundenhotels und will ins Bett. Ich gebe nach und so gibt es einen Stopp im Busstellenhäuschen in einem kleinen Kaff Namens Belà.

Müde
Müde
OMV
OMV

Opi versucht 10 min Powernap, ich vertreibe die bösen Hunde. Es ist 1:35 Uhr Wir sind östlich an Prag vorbei und haben viele Höhenmeter weggestrampelt, unsere Kräfte neigen sich und gehen auf Reserve, aber das nächste Zwischenziel lockt. Bei km 460 wartet eine Autobahntankstelle welche 24h offen hat. Wir müssen Sie nur finden. Da wir aber so schön gebummelt haben bzw. uns die Wellen mürbe gemacht haben dämmert es langsam und somit erschrecken uns auch die Schlammlöcher nicht durch die wir fahren als wir uns von hinten an die Tankstelle bei Mikulášov nähern. Egal wir wollen uns ausruhen also durch. Die OMV ist groß und erleuchtet, wir aber natürlich auf der falschen Seite, also nochmal durch den Schlamm und unter der Autobahn durch und auf die andere Seite. Es ist 3:40 Uhr die Nacht ist fast vorbei, endlich ein bisschen im Warmen pausieren und die Reserven auffüllen.

Östereich
Grenzübertritt

Der Filterkaffee ist Mist, aber warm. Es gibt Würstchen und frische Hörnchen. Es kann Wasser aufgefüllt werden und Opi macht sich ein bisschen lang. Nach einer guten Stunde machen wir uns wieder auf den Weg. Die Entscheidung ist gefallen, wir wollen den Punkt bei der Unendlichen Rundfahrt und biegen Richtung Westen ab, 70 Zusatz km, was soll‘s.

 

Toll
Baustelle, Umleitug, Quatsch!
Matsch
Nun wird’s eng.

9:10 Uhr erreichen wir Österreichisches Staatsgebiet und statt Grenzzaun gibt es Matsche als Einreisehindernis. Österreichs Autofahrer begrüßen uns so, wie die Berliner uns verabschiedet haben, wir haben mittlerweile auf LMAA Modus umgeschaltet. In Heidenreichstein lockt ein Strassenkaffee mit nem „Grosser Brauner“ und kaltem Almdudler. Die Sonne brennt langsam unerbittlich und die Salzkruste in der Hose reibt ordentlich, unser Zwischenziel kommt näher. Da es rollt, will Keiner von uns die Sonnencrem aus der hintersten Ecke des Entenbürzels holen, das wird ne Kante.

Wiese
Zeckenalarm
da isser
the onlyone
Yes
Punktlandung

Nach 30h sind wir am Bismarckturm und kämpfen uns durch eine mannshohe Wiese, um auch ja an das einzig gültige Beweisfoto zu gelangen.

Die Euphorie setzt wieder Kräfte frei. 590 km weg, also eigentlich nur noch 140. Geht doch. Jetzt also Zwettl – Krems und schön an der Donau nach Wien.

Ab jetzt wird es zäh, die Sonne und das Hügel auf Hügel ab kosten die letzten Kräfte. Österreichs Baustellen verwirren mich bei der Navigation und somit stehen wir entweder auf ner Autostrasse oder mitten im Wald. Opi ist verdächtig still. Danke dafür, besser als einen Choleriker an der Seite. Die Wiener Abordnung meldet sich nun häufiger und fragt wie es geht. Antwort – Scheisse!

Welle x
die xte Welle

 

 

Warm
Sonne satt

Nun sollen wir Gföhl ansteuern, leider vergurke ich wieder die richtige Abfahrt und wir stehen wieder auf der B38. Mist, wieder zurück und jetzt aber nur noch bergab Richtung Krems. Kurz vor Krems es ist Mittlerweile 15:00 Uhr treffen wir endlich auf Horst und Daniel. Wir brauchen dringend Getränke und wollen langsam ankommen. Aber die Jungs wollen uns noch tolle Wege zeigen, ich fluche insgeheim, so wird aus ruhig am Donauradweg, eine wilde Strassenhatz.

Mohn
Opium
Strassenhatz
Strassenhatz

 

Wasser
Wasser

 

Der Duft des Mohnfeldes am Rande der Strasse lässt uns mit seinen Opiaten die letzten Reserven aus dem Körper kitzeln. Irgendwann Trennung an der Donau, auf die Frage ob wir noch was Schönes in Wien sehen wollen verneinen wir Beide großherzig.

Der Randonneur Gerhard bringt uns noch nach Wolkersdorf. Der Fahrstil erinnert mich daran ihn zu Fragen wem er das Rad weggenommen hat. Er fühlt sich wohl und muss es wissen den er trägt das PBP `07 Trikot. Er kennt nen „Abschneider“, also noch mal 200 Höhenmeter. Nun aber doch das Ortseingangsschild und wer rollt uns entgegen? Twobeers, sein Flixbus hat ihn auch gut hergebracht. Es ist fast 19:00 Uhr.

Hotel
Veddich
Froschschenkel
Kante? Froschschenkel?

Das Hotel wartet, die Dusche ist herrlich, frische Sachen und Flipflops, einfach nur geil. Das erste Bier im Hotel will nicht die trockene Kehle runter rutschen, langsam kommen die Lebensgeister wieder. Was jetzt? Na rauf aufs Rad und zum Heurigen. Es wird noch ein schöner Abend und als es dunkel ist fallen wir ins Bett.

Lecker
Lecker

Am nächsten Tag konnten wir schon wieder besser Biertrinken!

Gruß bis bald auf dem Rad. Toni

 

Toni 1
Prost!

www.strava.com/activities/605004107

9 Kommentare

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  • Toni und Opi – das ist so großartig!

    Hier konnte ich noch mal richtig mitfiebern und fühle mich auch bestätigt, dass 1/10 der Streckenlänge für mich deutlich besser geeignet ist 🙂

  • wusste ich es doch! Die Eisenschweine haben eine traumhafte Alternative ( keine Ausrede) , den 600er in Berlin nicht zu fahren. Diese Alternative – durch Tschechien nach Wien – gefällt mir gut. Da bekomme ich Lust mit einem Randonneursfreund den Track nachzufahren. >>> klasse Fotos, klasse launiger Bericht. Danke!

    keep on riding

    Dietmar

  • Ach komm‘, ihr habt doch Motordoping gemacht! Anders ist das doch gar nicht zu erklären… Gruß aus den Dolomiten, für den Turm habt ihr beide noch ein Schultheiss gut.

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