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Von Dom zu Dom – eine Tour zwischen den unterschätztesten Weinbaugebieten Deutschlands

September 2014: Toni und Twobeers genießen ihren Spätsommertraum und können wegen der Abfahrt des Zuges die Landschaft um Naumburg nur durcheilen, beschließen aber eine weitere Fahrt in diese Gegend. Da die InVeloVeritas 2015 auch nicht besucht werden kann, entsteht der Plan, von Naumburg nach Meißen zu fahren, von Dom zu Dom, von Saale-Unstrut zur Elbe. Der Kreuzbube ist begeistert von der Idee und erkundet die Strecke, als Termin wird rechtzeitig der 1.Mai festgelegt (langsfristige Planung sichert gutes Wetter).

Und so trudeln die Mitfahrer aus allen Ecken des Landes ein, fallen sich in die Arme und Twobeers ist -was selten vorkommt- sprachlos, als Rifli unangekündigt am Start erscheint und die 4TK-Bande vollständig ist. Die Carodame ist gar in Naumburg (das mal sächsisch und mal preußisch und jetzt gar anhaltinisch ist, jedoch nie thüringisch, wie wir fälschlicherweise vermuteten) gebürtig, ein Schluck Müller-Thurgau für jeden auf eine gute Fahrt bei strahlendem Sonnenschein.

Twobeers besucht noch wie angekündigt Uta von Naumburg im Dom, dann setzt sich der Tross in Bewegung. Immer die Saale entlang geht es nach Großgörschen. Dort fand auf den Tag genau vor 202 Jahren eine Schlacht statt, die alljährlich nachgespielt wird, weswegen rund um das Scharnhorst-Denkmal ein Feldlager steht.

Napoleon fuhr damals einen seiner letzten Siege ein, Generalleutnant Scharnhorst bekam an dem Tag erst einen Schuss ins Knie und anschließend das Eiserne Kreuz, wenige Wochen später starb er an der Schussverletzung und deren schlechter Versorgung. Da zeigt sich wieder die Wahrheit der Radsportweisheit: „Knie vergisst nie!“.

Die Fahrer vorm Scharnhorst-Denkmal

Nicht mehr weit und wir erreichen das Neuseenland im Süden Leipzigs, ein Hafen, ein Hafenrestaurant, Fischbrötchen, Kuchen – eine Labe vom Feinsten, die der Kreuzbube da organisiert hat. Herzlichen Dank nochmal an dieser Stelle für die Einladung. Die Carodame verlässt uns hier, Olli nimmt ihren Platz ein. Optimistisch hat er nur eine kurze Hose an, die Bewegungslosigkeit der ausgiebigen Pause lässt ihn frösteln.

Am Markkleeberger See steht (ist das der richtige Ausdruck?) eine Wildwasserkanustrecke. Zwei Rundkurse mit einem Förderband in der Mitte, dass die Kanuten im Boot sitzend wieder nach oben und an den Anfang des Rundkurses bringt. Die Boote sind so kurz, dass wir an besondere anatomische Merkmale der Kanuten glauben….

Der Kreuzbube kennt nicht nur die Strecke, er hat auch die nötige Fahrtechnik, um Pannen zu vermeiden. Oder wie soll man das gekonnte Überfahren eines rostigen Nagels sonst erklären?

Andere Mitfahrer haben weniger Glück oder ihnen fehlt das Können. Uwe bringt es auf den Punkt „Schläuche müssen schwarz sein. Pastellfarben haben da nichts zu suchen.“

Wir fahren entlang der Mulde (erst der vereinigten, dann der Freiberger), genießen Sonne und Landschaft, autofreie Straßen. Und als Twobeers fast den ersten Schluck aus seiner mitgeführten Flasche nehmen will, da wird auch schon die nächste Labe erreicht, diesmal beim Frohen Mönch am Kloster Buch.

Mischi ordert gleich zwei Suppen, eine mit Knoblauch, Twobeers ordert drei mit Pils. Olli hat einen genialen Plan, da er noch nicht nach Hause will, vor allem nicht alleine im Gegenwind. Er ruft daheim an und sagt seiner Frau, es gäbe zwei Möglichkeiten: entweder er fährt mit uns bis nach Meißen bzw. Dresden mit Rückenwind oder sie müsse ihn mit dem Auto abholen. Sein schatz riecht den Braten und will nicht bis tief in der Nacht auf ihren Mann warten, also holt sie ihn ab. Schade, so verlieren wir einen Mitfahrer, den wir auf jeden Fall bei der Hallzig Historica am 15.8. wiedersehen.

Wir verlassen den Mulderadweg und fahren Richtung Elbe. Manchmal geht es über ein Stück Schotter, kurz auch mal über eine Wiese, auf der zwar ein Weg ausgeschildert aber nicht erkennbar ist. Doch das macht uns nichts, meist ist der Fahrer der limitierende Faktor und nicht das Material. Wissenwertes wird nebenbei vermittelt, warum hat die Weser keine Quelle und wo steht Deutschlands einzige Terence Hill Bar.

Inzwischen ist es 17:00, ich hatte mit einer Ankunft in Meißen gegen 16:00 gerechnet, doch die Pausen waren zu schön. So müssen das geplante Treffen mit Freunden aus Dresden und Meißen ausfallen bzw. verschoben werden. Plötzlich liegt die Elbe vor uns, am anderen Ufer tauchen die ersten Weinhänge auf und am Horizont sind die Türme Meißens erkennbar.

Wenn die Tour schon unter dem Namen „Von Dom zu Dom“ gefahren wird, muss auch der Domberg bezwungen werden. Steil, mittelalterliches Pflaster, viele Menschen, die uns mißbilligend anschauen, weil wir auf der Straße fahren, auf der sie laufen. Sonst erntet man diese Blicke in Fußgängerzonen oder von Autofahrern…

Vor dem Dom ist Mittelalterspektakel und Twobeers verzichtet auf eine Besichtigung des Domes und den Besuch von Adelheid. Dafür sitzen alle alsbald am Markt bei Eierschecke und jetzt einem Wein von der Elbe. Der Müller Thurgau ist ausgezeichnet, sofort wird eine zweite Flasche geordert. Die Carodame trifft wieder ein, sie hat unser Gepäck dabei, Einladungen werden ausgesprochen zum Winzerfest im Herbst und zur Weihnachtsfeier, dann müssen die Berliner wieder aufs Rad, um nach Dresden zu kommen. 25km und keine Stunde mehr bis zur Abfahrt des Zuges. Unbarmherzig lässt Mitstreiter die Waden spielen im Kampf gegen die Uhr. Hörte man den ganzen Tag muntere Worte, so ist es jetzt angestrengte Atmen. Irgenwann übernimmt Twobeers, die Tachoanzeige zeigt vorne eine 4, Dresden und der Bus werden pünktlich erreicht.

Der Bahnhofsvorplatz bietet Köstlichkeiten aus der Region – Döner und Radeberger diesmal. Und unserem Fernbus haben wir quasi für uns allein. Nach knapp 200km auf dem Rad kommen nochmal 200 auf der Autobahn, ein wunderschöner Tag geht zu Ende.

Und jetzt stecken wir in einem Dilemma. Sollen wir im nächsten Frühjahr die gleiche schöne Strecke fahren? Oder zwei andere Dome als Start und Ziel wählen?
Danke nochmal an alle Mitfahrer und besonders an den Kreuzbuben.

twobeers

9 Kommentare

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  • Ich staune. Nicht nur die Flasche bis zum Schluss voll, sondern auch alle Infos unterwegs behalten.

    Auch ich war am Naumburger Bahnhof überrascht. Da warte ich auf Mischiflix und Flo, die ich beide auf der anderen Seite der Gleise im Tunnel verschwinden sehe. Und raus aus dem Tunnel kommt als erstes … Rifli. Der Überraschungsgast. Es war mir eine Freude.

    Der Adler auf dem Scharnhorstdenkmal blickt gen Leipzig, genauer gesagt zum Völkerschlachtdenkmal. In Großgörschen gewann Napoleon im Frühjahr 1813 mit Ach und Krach nochmal eine Schlacht gegen die Alliierten. Zuvor war er mit 400.000 Soldaten nach Moskau gezogen. 18.000 kamen zurück, der Rest fiel Hunger und russischer Kälte zum Opfer. Die Franzosen, sozusagen die Deutschen des 19. Jahrhunderts. Im Oktober 1813 hatte er wieder ein neues Heer ausgehoben. Dann gab es die Völkerschlacht zu Leipzig. Die Stadt hatte damals 20.000 Einwohner. 100.000 Tote lagen nach dem bis dato größten Gemetzel der Geschichte vor den Toren und in der Stadt. Alljährlich spielen Kostümierte die damaligen Geschehnisse nach, das ist hier allgegenwärtig.

    Beim Herausziehen des Nagels war ich zuerst skeptisch. Ob dann nicht die Luft entweicht? So wie im Film, wenn man Messer/Dolch/Degen nicht Ausziehen darf?

    Apropos Film: Terence Hill lebte von 1943 bis 1947 in Lommatzsch, das wir aus gutem Grund nur streiften. Diese „Kornkammer Sachsens“ ist für den Radfahrer ziemlich öde, links und rechts der offenen Landstraßen gibt’s nur langweilige und derzeit staubige Ackerflächen. Auch aus diesem Grund habe ich euch die kleinen offroad-Einlagen spendiert. Terence Hill jedenfalls ist der Sohn der Lommatzscher Glasfabrikantentochter Hildegard Thieme, die einen Italiener geheiratet hatte. Terence Hill/Mario Girotti wurde in Venedig geboren und landete 1943, des Krieges wegen, in … Lommatzasch in Sachsen. Welch ein Weg! Aber ihm hat’s gefallen:

    „Die beste Zeit meines Lebens. Die vielen Freunde und die Natur, ich weiß es noch wie heute.“

    Sagte er zumindest 50 Jahre später nach seiner Rückkehr ins Dorf seiner Kindheit. Was davon der Höflichkeit geschuldet war? Von Lommatzsch aus jedenfalls führte ihn sein Weg nach Rom.

    Von Dom zu Dom 2 sollte außer Frage stehen. Ob dort oder ob zwischen zwei anderen Kathedralen, das sehen wir dann noch.

    Mir hat’s Spaß gemacht, Gruß an alle und Dank, dass ihr langsam genug für mich gefahren seid. (Was für ein Glück, dass ich nicht noch mit nach Dresden musste…)

  • Für Leute die „sich aufgegeben haben“ oder einfach mal mit der Maus nachgucken wollen wo wir waren:

    Es war mir ein Fest!
    mitstreiter

  • Der Kreuzbube brachte Magdeburg-Erfurt-Merseburg ins Spiel, ich finde Erfurt-Bamberg-Freising auch sehr reizvoll. Dome gibts genug….

  • Schöner Bericht über eine herrliche Ausfahrt. Die Kilometer zwischen Naumburg und Meißen flogen nur so vorbei. Nette Leute, Wind von achtern und viel zu gucken…..es war uns mal wieder eine Freude!

  • Rob, Du bist damit schon bei Dom zu DOM IV…

    Die Auflagen II und III spiele ich gerade schon durch. Aber gemach, um die Güte der Strecken und Laben erneut gewährleisten zu können, muss ich die Abschnitte je erst einmal hin und her abfahren.

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