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Der alte Mann und das Berg (Prolog)

Er war ein alter Mann und er fuhr allein mit einem Rad durch den , und seit vierundachzig Tagen hatte er keinen Sieg mehr errungen.

Es begab sich im Jahre des Herren 2011, dass sich einige Herren zum Behuf der Vernichtung mehrerer Hektoliter edlen Gerstensaftes zusammenfanden und ob der fortgeschrittenen Stunde und des drastisch gesunkenen Blutanteils im Alkohole ins Gruebeln kamen, welcher Gipfel denn im folgenden Sonnenumlauf zu erklimmen sei. Und mich deucht es war KaPe, der das Zauberwort aussprach: Stelvio!
Genau, Dreilaendergiro. Nauders, wir kommen!
Zogen wir im letzten Jahr noch nach der Devise „Denn sie wissen nicht was sie tun“ ins Felde, handelten wir dieses Mal in vollem Bewusstsein und so auch mit uneingeschraenkter Schuldfaehigkeit. Im Vorfeld hatten sich die Braegels unter uns bereits mit laecherlichen Wehwehchen (Wadenbeinbruch nach Eisdielensturz) bereits eliminiert und nur der harte Kern – KaPe, Steffen und meinereiner – nebst unserem Knappen der da Obi-Wan heisset, zog gen Sueden das Joch zu erklimmen. Unser Quartier schlugen wir wieder, wie schon im letzten Jahr direkt unter der Burg in Nauders in der Pension Albert auf.
Die Vorbereitungen auf das Unternehmen waren, wie es so schoen neudeutsch heisst, leider nur suboptimal verlaufen. Die letzten Wochenenden fielen der Katastophenhilfe beim Elbehochwasser (Koenigstein/Sachsen) zum Opfer. Aber das ist gaaaaanz ein ahnere Gschicht…
btw: Die Anreise am Mittwoch durch das in neueren Kartenwerken so bezeichnete DACH-Gebiet gestaltete sich wie eine Odyssee. Das Navi unseres Knappen war so alt, dass vermutlich schon die Plattentektonik genug Verwirrung gestiftet haette.
Fuer den Donnerstag hatte ich mir zum WarmUp schon ein kleines Rennen (Ha, welch fataler Irrtum.) auf den Plan geschrieben: Kaunertaler Gletscherkaiser.
Donnerstag, 09-30, Feichten im Kaunertal, 32 Grad im Schatten. Nach dem Start geht es erstmal 10km bergab in Richtung Inntal um dann nach kleiner Kirchenrunde in Prutz um von hier aus ca. 2000Hm in Angriff zu nehmen. Das Feld von etwa 180 Fahrern radelt erstmal neutralisiert und locker den Berg hinunter und nach einer kleinen Dorfrunde steht man vor der ersten Rampe und hier heisst es auch schon ganz brutal: Schluss mit lustig! In der so unvermittelt ausgebrochenen Hau- und Stechhektik zersplittert das Feld sofort in viele kleinen Grueppchen. Lass sie fahren, finde dein Tempo, lass sie fahren schreit irgendwo eine undeutliche Stimme. Der Puls ist lauter, die Unvernunft schneller. Ich finde mich in einer zweiten Verfolgergruppe wieder.
Nummerisch ist die Strasse zum Kaunertaler Gletscher nicht besonders heftig. 2000Hm auf 40km macht 5 Prozent Steigung. Aber Gott konnte ja noch nie rechnen. Also hat er einen ganzen Teil mit Flachstuecken gepflastert. Irgendwann wurde ihm wohl klar, dass er so nix zu Wege bringt, was spaeter mal heissen soll. Also wird flugs der ganze Rest auf einen Haufen gekippt… Ab dem Gletschersee wirds dann also richtig heftig. Und da bleiben immer noch gut 15km. Die Sonne hat kein Einsehen und brennt unbarmherzig aufs Kreuz. Wenigstens die Lufttemperatur sinkt auf etraegliche Werte unter 30 Grad. Die Kurven sind nummeriert, aehnlich wie am Stilfser Joch, aber wenn man dort aus dem Wald kommt, kann mann alle 22 Kurven und die Bergstation sehen. Hier im Kaunertal sieht man nicht mal die naechste Kehre, geschweige denn den Gipfel…
Nur endlose Steigung die irgendwo hinter dem Berg verschwindet. Ich habe mittlerweile meinen 27er Rettungsring um Beistand gebeten. Machts aber kaum ertraeglicher. Die Kettenglieder klackern traege ueber die Ritzel wie eine buddhistische Gebetskette in den Haenden eines 100jaehrigen keim Meditieren. Ich fuehl mich inzwischen aehnlich alt und meditierend: 103, 104, 105, 106, 1, 2 ,3… Stunden** spaeter: 103, 104, 105, 106, 1, 2 ,3…* Die Anzeige auf dem Tacho tendiert zu Einstelligkeit. Ich hasse sie. Und noch fuenf km bis Buffalo, das Hirn rechnet, zwei Murmeln in einem Blecheimer, noch ueber 30 min. Leiden! Uneingeschraenkte Schuldfaehigkeit.
Irgendwann ist es dann doch vollbracht. Hinter einer Biegung kriecht, einer Schnecke gleich, die Bergstation in mein Blickfeld. Eine letzte Rampe noch, dann der Zielstrich.
Das positive: Ich bin nicht abgestiegen.
Love is just a four letter word. Ich kenne noch eins, faengt aber mit F an.
Achso, war ja ein Rennen. Gegner? Ja auch. Der Schnellste brauchte gut 2 Stunden. Ich 2:26h, Platz 47.
Was bleibt sind dicke Beine und die Ungewissheit, was ich von meiner Leistung halten soll. Gute Voraussetzungen fuer den Sonntag.

So, jetzt gibt es zwei Tage zur Erholung und dann den zweiten Teil (mit Bildern).

PS: Unser getreuer Knappe, der ausser Wertung mitgerollt(!) ist, hat in Kehre 5 den Rueckzug angetreten.

*Ja, ja, die Gebetskette hat i.A. 108 Perlen. Aber damit faehrt sich das Rad nicht so toll und etwas kuenstlerische Freiheit sei erlaubt.
**gefuehlte, gefuehlte!

5 Kommentare

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  • Lebt denn der alte Holzmichl noch, Holzmichl noch?
    Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch.
    Ja, er lebt noch, er lebt noch, stirbt nicht.
    Dr Michl der is krank, dr Michl der is krank,
    dr Michl der is krank, uns wird aa schu Angst und Bang.
    Was solln wir denn nur tun, was solln wir denn nur tun,
    was solln wir denn nur tun, ja, er muß sich jetzt ausruhn.

    Ich bin auf die Bilder gespannt!

  • Mann Chubika!!

    Das ist doch mal ne tolle Überraschung! Wie geht es dir? Was ist deine Planung? Hört sich ja nach Angriff an!? Wenn du noch mal Lust hast, dann würde ich möglicherweise über eine weitere (alt Herren) Mannschaftswertung beim f**king Velothon nach denken. Beste Grüße…v.d.m.

  • Teil 2 ist veroeffentlicht.
    Naechste Veranstaltungen fuer alle die ein paar Huegel moegen:
    2013-07-20 Adlerrunde Goslar (Rtf/Mara. – 230km/ue4000Hm)
    2013-08-04 Skoda VeloRace Dresden
    und sonst geht vllt. noch was…
    😉

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