Home » L`Eroica » IRN exklusiv – L’Eroica 2011 – die Interviews Teil 2: Il Albero di Alluminio

IRN exklusiv – L’Eroica 2011 – die Interviews Teil 2: Il Albero di Alluminio

Egregio Signore, Gentile Signora, sehr geehrte Damen und Herren, hier nun Teil 2 unserer L’Eroica Sonderberichterstattung über den furiosen Auftritt der Squadra Berlinese. Das Telefoninterview mit einem Fahrer, genannt der Reiseleiter oder in Fachkreisen auch Il Albero di Alluminio, führte für Sie Andrea Maria Cruciborgo.

AMC: Bon Giorno Signore

AdA: Tach!

AMC: Wie geht es Ihnen?

AdA: Ein wenig malade, feindliche Elemente schleusten Viren in meinen gezeichneten Körper und schreckten nicht davor zurück, meine Tochter als Träger zu nutzen.

AMC: Man hört ja zur Zeit viel über ihre furchteinflößende Equipe, leider kann ich den Namen nicht aussprechen, ihr Tedescis parliert gar zungenbrecherisch.

AdA: Der ESK? In italienisch würde man Squadra Maiale Ferro sagen, haha SMF, nee das klingt nicht gut.

AMC: Es wird ja viel geredet im Radsport, über ihre Squadra hört man Gerüchte über geheimnisvolle Hilfsmittel, ein „Starterpaket“ wird erwähnt. was sagen Sie dazu?

AdA: Hilfsmittel? Geheimnisvoll? Schultheiss, Brot und Training. Das ist das Erfolgsrezept.


AMC: Mir sind aber Fotos zugespielt worden. Darauf lassen sich Spritzen erkennen.

AdA: Ach die. Das war ein von Mönchen hergestelltes toskanisches Elixier. Die verwenden die Reste der Weinproduktion, den Trester, vergären und destillieren diesen. Das ist das Geheimnis.

AMC: Wie haben Sie sich sonst vorbereitet, hatten sie spezielle Trainingspläne?

AdA: Pläne – nein. Ich war im Sommer faul. Später hielten mich die Organisation und Vorbereitung der Teilnahme des ESK am Rennen von sinnvollem Training ab. Schließlich ist die Funktion des Reiseleiters eine aufreibende und anspruchsvolle. Der Besuch des heiligen Stuhles hier in Berlin ließ den Gedanke an Buße für meine Bequemlichkeit in mir aufkeimen, Buße durch Schmerzen und Verausgabung auf heißen Schotterstraßen. Deshalb trainierte ich noch weniger um größere Buße zu tun zu können.

AMC: Ein paar Worte zur Renntaktik bitte.

AdA: Nun, es wurde im Vorfeld von „Feuer legen“ und „Italiener ärgern“ gesprochen, sonst wollten wir einfach den Lauf der Dinge abwarten und situativ reagieren. Leider brannte das Feuer an einer steilen Schotterpassage, begünstigt durch Autoverkehr und fahrtechnische Mängel der Konkurrenz, auch die eigenen Mannen nieder und ließ die Formation auseinanderbersten.

AMC: Wie ging es dann weiter?

AdA: Ich fuhr dann weiter gemeinsam mit dem großen Unbekannten, auch der Behaarte genannt und teilweise auch mit dem Mann aus dem Südosten der demokratischen Republik. Im Montalcinoanstieg allerdings wollte ich den Behaarten nicht weiter mit meinem unablässigen Redefluss quälen, forcierte das Tempo und zog alleine weiter. Wir trafen uns an der Verpflegung und bestritten dann noch gemeinsam mit Stelzenacker und Frö die Abfahrt. Stelzenacker, ein grandioser Abfahrer, eins mit seiner Maschine, elegant wie ein schwarzer Panther! Auf der siebten Schotterpassage bei Kilometer 90 beschloss ich dann, mich zu zeigen und das Rennen alleine fortzusetzen.

AMC: Sie sind dann die restlichen 115 Kilometer alleine gefahren? Dazu bedarf es medizinischer Unterstützung, das weiß doch jeder!

AdA: Ja, das ist sachlich richtig. Der Herrgott gab mir Endorphine zur Hilfe. Ich nutzte aber noch mehrere sogenannte Booster um die Wirkung des Endorphins zu erhöhen und verlängern.

AMC: Ah, endlich wird’s interessant, diese ähh – Booster – welche waren das?

AdA: Zum einen Alkohol und Tannine, die habe ich ab der ersten Verpflegung um sieben Uhr wohldosiert zugeführt. Dazu kam dann noch Koffein wann immer es greifbar war. Voilà c’est fini!

AMC: Das klingt ja sehr wirkungsvoll. Muss ich mal weitergeben. Aber noch etwas anderes, sie sprachen Anfangs vom „Italiener ärgern“ was meint das?

AdA: Ehrlich?

AMC: Ich bitte darum!

AdA: Nun denn. Mein Glaube an den italienischen Ciclismo ist tief erschüttert. So etwas sah ich noch nie. Ihre stolzen Landsmänner trugen ihre Stahlrösser förmlich die Abfahrten hinunter. Auf ebener Strecke war das Desaster ähnlich groß, mon Dieu! was bin ich enttäuscht. Es blieb mir nur, diese Verkehrshindernisse mit einem „Attenzione, da sinistra!“ oder „Attenzione, da destra!“ auf mein rückwärtiges Nahen aufmerksam zu machen um Schlimmeres zu verhindern und dann mit Grandezza ungebremst vorbeizuschiessen. Vermutlich verwechselte ich leider im Rausch einige Male Links und Rechts in ihrer Sprache.

AMC: Kommen wir zum Zieleinlauf, man sah Sie an der Einfahrt mit dem Ideatore der L’Eroica, Giancarlo Broccio sprechen. Wollten Sie Bestechungsgelder zahlen um eine Sonderbehandlung zu erreichen? Mehr Mützen? Eine ganze Kiste Chianti? Ein Empfang auf dem Podest durch nackte Jungfrauen?

AdA: Sie sprechen jetzt den schmerzlichsten Teil an. Ich verfuhr mich und kam nicht durch Radda. Am Ortseingang sah ich den großen Siggi Staub schon im Campingstuhl sitzen und fragte ihn nach dem Abzweig. Die ernüchternde Antwort: „Der Abzweig, bist du irre, der ist ewig weit weg!“ Ich wollte dann umdrehen und die Strecke richtig vollenden. Zehn Kilometer zurückfahren und dann nochmal 10 auf der richtigen Strecke, das wäre noch gegangen. Aber Siggi rief mir zu, das wäre unglaublich weit. Ich zog dann den Streckenplan zu Rate. 32 Kilometer! ZWEIUNDREISSIG! Eine Strecke! Das wären also noch rund 60 zu fahrende Kilometer, das war nicht mehr zu schaffen, es standen schon 197 mit 3300 Höhenmetern auf dem heimlich mitgeführten elektronischen Streckenzähler und ich war schon jetzt am Ende.

AMC: Ohh. Was Wollten Sie tun?

AdA: Es gab nur eine Lösung: Freitod!

AMC: Aber Sie leben noch.

AdA: Ja, im Graben vor mir nur ein kärgliches Rinnsal, nicht ausreichend sich zu ertränken. Deshalb fuhr ich in Richtung Ziel und schilderte dem Patrone mein Desaster. Dieser meinte, ich wäre natürlich ein Held, hätte es geschafft und zerrte mich für das Foto mit aufs Podest. Aber die Schmach nagt immer noch! Allerdings erfuhr ich jüngst, das auch einem Granden des ESK in seiner Historie selbiger faux pas widerfuhr. Das stimmt ein wenig versöhnlicher.

AMC: Nun, das war sehr aufschlussreich, möchten Sie zum Schluss noch ein Fazit ziehen?

AdA: Trotz des schmerzlichen Endes eine grandiose Sache. Ihr werdet mich wiedersehen und könnt dies durchaus als Drohung auffassen.

AMC – Vielen Dank für das Gespräch.

2 Kommentare

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  • Ein rechter Blechredner, il Alluminio,
    No-Brainer für den Interviewenden AMC. Jedes beliebige Thema musste nur angepiekst werden und schon ging der Redeschwall los und ward nicht mehr zu stoppen. Der nicht durch die einseitige Berichterstellung der letzten Tage geblendete Beobachter erlebt hier ein eines deutschen Spitzenfahrers unwürdiges Stück Selbstdarstellung. Dass die zweifelsohne durch verbotene Hilfsmittel ergaunerte Luxusradbrille in Goldausführung zum wiederholten Male derart in den Vordergrund gespielt wird, ist geradezu als Affront gegenüber jedem redlichen Radarbeiter zu werten.

Archiv

Archive

Folgt uns auf