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Lichtenberg

Der Wetterbericht verspricht einen Spätsommertag und auch wenn es ein Montag ist, so müßte dieser Tag doch entsprechend genutzt werden können. Da der Aufruf in den Weiten des Netzes vielleicht erst zu spät eventuelle Mitfahrer erreicht, wird noch eine schnelle Telefonkonferenz einberufen. Und siehe da, der Inhaber der Cikago Bude kündigt sich an, unterbreitet auch gleich einen Streckenvorschlag und will für entsprechendes Kartenmaterial sorgen. Er bittet außerdem um eine Verschiebung des Startortes und der Zeit, damit ihm mehr Nachtschlaf zuteil würde. Nun denn, so soll es sein, 9:34 ab Lichtenberg.

Ich starte eine gute Stunde vorher in Pankow und komme 8:40 an dieser lieblichen Einkehr vorbei:

Da die Rolläden unten sind, ist Rob nicht dort. Da ich seinen genauen Aufenthaltsort nicht kenne, zücke ich ein wenig von meiner Barschaft und ruf vom öffentlichen Fernsprecher bei Boerge an. Dieser gibt mir etwas übermüdet aber bereitwillig Robs Koordinaten, ich kaufe bei der Backwarenfachverkäuferin noch ein Blätterteiggebäck französischer Art und läute (in Dortmund sagt man „schelle“) bei Rob. Auch vermehrtes und stürmisches Geläut führt zu keiner Reaktion, es ist 8:50 also wird mein Begleiter schon auf dem Weg zum Treffpunkt sein. Und so mache auch ich mich auf den Weg.


Ich erreiche die Weitlingstrasse, jene national befreite Zone, in der ich den Rekord an Wahlplakaten ausmachen kann. Sechs an einem Mast. Hallelujah! Doch auch die völkischen Anwohner lieben Unterhaltung und Abwechslung, so daß die Gewerbetreibenden der Straße ein internationales Flair geben.

Und dann erreiche ich die Kathedrale des schienengebundenen Fernverkehrs, diese schmeichelnde Schönheit urbanen Lebens, das Schmuckstück architektonischer Kunst, pulsierendes, farbenfrohes Zentrum eines ganzen Stadtteils.

Tritt man in die lichtdurchfluteten Hallen, ist man gefangen von der Leichtigkeit der Konstruktion, in den man sich klein und niedrig vorkommt.

Doch der Reisende soll nicht einfach nur dröge auf die Abfahrt seines Zuges warten, nein, er hat auch die Möglich zu nervenzerfetzenden Einkauferlebnissen an allen Tagen des Jahres.

Erreicht der reizüberflutete Reisende dann seinen Perron, so gibt es ringsum wohltuende Ruhe, die Hektik der Großstadt weicht trüber Tristesse, die den Abschied von der derzeit aufregendsten Stadt des Erdkreises leichter macht.

Warum konnte ich diese vielen Eindrücke in mich aufnehmen und dokumentieren? Die liebreizende Stimme aus dem knarzenden Lautsprecher verkündete, daß der von mir ausgesuchte Zug erst 30 Minuten später verkehren würde, ungeahnte Witterungsverhältnisse würden dies bedingen. Nun gut, nicht weiter schlimm. Doch wo ist Rob? Nicht auf dem Bahnsteig und auch nicht in der Umgebung, die geplante Abfahrtszeit geht vorrüber, er kommt nicht.
Was soll ich tun, ohne Streckenkenntnis, ohne Karte, ohne Begleitung? Wieder nach Hause fahren? Auf bekannten Wegen lustlos rumrollen? Oder das Abenteuer wagen und den Wink der Götter annehmen?
Hat nicht mich zum Mann geschmiedet die allmächtige Zeit und das ewige Schicksal, meine Herren und Deine?

Wie der Tag weiterging, lesen Sie in einer weiteren Folge….

twobeers

2 Kommentare

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  • Twobeers, welch vertane Chance, dass wir beide zumindest einen Teil des Tages zusammen verbracht hätten. Ein lebensnotwendiger Termin mit einem Nordbalten wurde seinerseits kurzfristig abgesagt, und so konnte ich mich gegen 1300 aufs Rad setzen. Hätte er nun einen drahtlosen Fernsprecher, ja dann…

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