Nie war der Satz treffender als in den vergangenen Tagen. Doch entgegen dem Geschehen in Japan handelt diese Geschichte von weit weniger gefährlicher Strahlung. Nachdem es fast zwei Wochen am Stück zwar sonnig, dafür aber ziemlich kalt war, änderte sich die Strömung auf Süd-Südwest. Damit gelangt endlich wärmere Luft nach Deutschland, besonders profitiert davon der südwestlichste Zipfel um Freiburg. Kurzerhand entschließen sich der Engländer und meine Wenigkeit zu einem dreitägigen Trainingslager.
Da mir die Gegend noch von 2005 und 2009 in guter Erinnerung war, schlagen wir unsere Zelte nirgendwo anders als im Ulle-Mekka Merdingen auf. Wir logieren beim Gründer und Vorsitzenden des Ulle-Fanclubs im Gasthof Engel. Allerlei Bilder, Trikots und andere Devotionalien erinnern im Gastraum an eine längst vergessene Zeit.
Rund um Merdingen
Nach unserer Anreise gönnen wir uns am ersten Tag zum Einstieg eine kleine, aber feine tour rund um Merdingen. Tuniberg und Kaiserstuhl waren die Highlights, knackige Weinbergrampen zum Gewöhnen an die kommenden Tage. Die Tour führt zunächst über Gündlingen und Niederrimsingen, dort nehmen wir einen Weinbergsweg rauf auf die Höhen des Tuniberges.
Es ist wirklich so steil wie es aussieht…
Über Opfingen und Waltershofen sowie jeder Menge steiler Rampen steht ab Eichstetten die eigentliche Aufgabe des Tages an. Bis zum Silberbrunnen noch human, kracht es anschließend gewaltig. Bis zu 16%, nie unter 10% geht es die letzten 2 Kilometer hoch zum Peak. Die Abfahrt führt uns über Vogtsburg und Achkarren nach Ihringen. Von da rollen wir bis Merdingen entspannt aus.
Profil Tag 1
Kleine Vogesenrunde
Am zweiten Tag geht es über den Rhein zu den französichen Nachbarn. Wir umfahren die Elsass-Metropole Colmar nördlich und ab Kaysersberg verlassen wir den flachen Oberrheingraben. Stetig steigt die Straße an, von 230m ü. NN bis auf 580m ü. NN in le Bonhomme. Leider gibt es zwischen Lapoutroire und Le Bonhomme keine Alternative zur Nationalstraße 415. Sich mit 90km/h überholende Lastwagen sind kein Spaß auf diesen vier Kilometern. Aber je schneller man fährt, umso eher ist es vorbei.
Zur Passhöhe am Col des Bagenelles begegnen uns dafür dann keine fünf Autos. Ein Traum für jeden Asphaltpedaleur.
Am Col des Bagenelles kann uns das Schild mit der Aufschrift „Gesperrt – keine Schneeräumung“ nicht aufhalten. Allerdings sehen wir ab etwa 1000m ü.NN warum wir die Straße für uns alleine haben. Tatsächlich hindern uns immer wieder Schneefelder auf der Straße am zügigen Weiterkommen. Die 5 Kilometer bis zum Col du Bonhomme zwingen uns immer wieder zu kleinen Schiebe- und Trageeinlagen.
Dafür ist die Route de Cretes ab hier bis zum Col du Calvaire geräumt und fahrbar. Auf 1143m ü. NN erreichen wir unseren heutigen Peak.
Col du Calvaire
Abfahrt am Lac Blanc
Die Abfahrt führt vom Lac Blanc zum Lac Noir. Es folgt ein kurzer Gegenanstieg zum Col de Wettstein, ehe wir uns in die rasende Talfahrt nach Munster stürzen. Kurzzeitige Adrenalinstösse bekommen wir bei einem entgegenkommenden Bus in einer Spitzkehre. Toll wenn die Straße plötzlich nur noch 80cm breit ist.
Traumhafte Ausblicke am Straßenrand
Kurz vor Soultzeren lande ich fast in einem entgegenkommenden Laster, diesmal ist ein schleichender Plattfuß am hinteren Laufrad Schuld. Zum Glück ist der luftleere Schlauch nicht samt Reifen von der Felge gerutscht…
Nach dem Wechsel setzen wir unsere Fahrt durchs Munstertal und die Weindörfer fort. Zum Glück gibt es hier eine Alternative zur vielbefahrenen Nationalstraße. Auf dem Rückweg fahren wir durch Colmar, anschließend über Nebenstrecken und Naturstraßen nach Neuf-Briesach. Von da sind es nur noch wenige Kilometer bis zur Überquerung des Rheins und der Einreise in die BRD. Ausrollen heißt es über Hochstetten und Gündligen zurück nach Merdingen.
Glückliche Veteranen nach der Heimkehr
160km mit 1350 Höhenmetern stehen am Ende des Tages auf der Uhr. Zufrieden genießen wir abends bei lokalem Spätburgunder unsere Mahlzeit. Die Vogesen sind sowohl für mtb als auch die Rennradfahrer ein absoluter Tipp, fahrt mal hin!
Profil Tag 2
Schauinslandrunde
Der letzte Tag beginnt mit frischen Temperaturen. Ursache ist der dicke Nebel über dem Rheintal. Trotzdem wollen wir heute noch in den Schwarzwald und diesem unsere Visite machen. Wir packen zunächst unser Auto, lassen Merdingen auf vier Rädern hinter uns und fahren nach Bad Krozingen. Dort laden wir die Räder aus und starten unsere Tour.
Nebelverhangene Weinberge zum Frühstück
Weinberge sind etwas feines, es gibt immer asphaltierte Wege und interessant sind sie dazu. Über den Batzenberg fahren wir nach Ebringen zum eigentlichen Einstieg des heutigen Tages. Die Rampe durchs Dorf rauf zur Berghäuser Kapelle glänzt überwiegend durch zweistellige Prozentwerte. Nach der Abfahrt runter nach Au geht es nicht minder schwer weiter. Schier endlos zieht sich der Anstieg zur Eduardhöhe über Langackern und Horben.
Endlose Rampe vor der Eduardhöhe, wer den Engländer mal richtig leiden sehen will, der schaue ins Fotoalbum
Das Wetter wird immer besser, Zeit für ne Pause
Nach einer kurzen Verschnaufpause an Eddis Höhe nehmen wir für etwa einen Kilometer eine Naturstraße, um auf die Schauinsland-Panoramastrecke zu kommen. Ab dem Parkplatz sind es dann noch 3km bis zum Gipfel. Auf der anderen Hangseite lächelt uns der Feldberg mit seinen schmelzenden Schneeresten entgegen.
Gipfeltreff
Gipfelstürmer mit dem Feldberg im Hintergrund
Wir haben für heute jedoch genug und ziehen die spektakuläre Abfahrt ins Münstertal über Gießhubel den weiteren Höhenmetern vor. Diese Abfahrt hat absolut alpinen Charakter, bereits im oberen (flachen) Teil bekommt man schnell 75km/h drauf. Weiter unten verhindern dann die engen Kurven und nasser Untergrund neue Rekorde. Bis zu 18% fällt die Straße hier runter. Auch diesmal gibt es eine kleine Schrecksekunde, als uns ein Lastwagen auf der engen Straße ohne Mittelstreifen entgegen kommt.
Im letzten Abschnitt zwingt der Gegenwind trotz Gefälle zum Treten. Wenigstens sind wir nicht kalt geworden. Mittlerweile hat sich die Sonne gegen den Nebel durchgesetzt und das Thermometer bricht erstmalig in die diesem Jahr die 20°C-Marke. Wir genießen zum Abschluss der Tour noch das örtliche Thermalbad. Nach einem kleinen Snack am Freiburger Münster heißt es Abschied nehmen vom Breisgau.
Bis zum nächsten Mal, so unsere Erde uns denn lässt!
Ihr wart leider ein paar Tage zu spät. An Eurem Wochenende hatte sich der Himmel schon wieder eingetrübt. Als ich die Woche davor die Höhen des Nordschwarzwalds bezwang, brannte die Sonne an sechs von acht Tagen so erbarmungslos, dass ich mich beinahe mit Sonnenschutzmilch eingedeckt hätte.
Ein Hinweis für Flachländer, die stets auf der Suche nach noch steileren asphaltierten Rampen sind: Wem die 10% 16% auf über 2 km die Teufelsmühle hinauf noch nicht genug sind kann nach der bremsintensiven Abfahrt rechts in das kleine, dunkle Tal zur die Plotzsägmühle abbiegen. Der schmale holprige Weg endet an der Plotzsägmühle in einer Furt. Dort sollte die Rennmaschine geschultert werden. Von der Plotzsägmühle rechts hinüber zum Gaistal führt der gut asphltierte Weg auf 200 m über eine knackige Rampe von bis zu 22%.
Schöner Bericht aus einer Gegend, die ich mal mit Boverhannes befuhr. Ich komme leider ob meiner Leibesfülle keine Steigung mehr hoch.
Serh schöne Sache, Eule! So früh im Jahr in heimischen Gefilden durch die Berge schippern – daß macht man nicht alle Tage.
Es gibt im Übrigen ein Foto meiner Gattin, die sich trotz Schwangerschaft auf einem Bergrad an exakt Deiner „alpinen Serpentine“ am Anstieg versucht. Wir kamen allerdings aus Richtung Munster hoch. Auch ich fand damals die Kehre wert für ein Foto. Ich werde das Bild mal suchen und zum Abgleich bereitstellen.
Der nebelverhangene weinberch der iss doch hier umme ecke! Isch schwör man
gut gemacht, jungs! schöne fotos und tolle landschaften. insbesonerde die französische seite scheint ja sehr interessant.
rb