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Geschichtliche Wirrungen und Änderungen im Reglement

Postamp – 23. Juli 1230

Am Horizont verschwimmt im abendlichen Dunst die Grenze zwischen Himmel und Erde. Die sinkende Sonne verwandelt die Havel in einen Fluss aus Flammen. In das sonore Summen der Mücken und das Glucksen der Wellen mischt sich ein kratzendes Geräusch. Es kommt aus einer kleinen Hütte am Ufer des Stroms. Hinter dem offenen Fenster sitzt ein alter Mann und schreibt.
Immer wieder taucht er den Gänsekiel in den zähen blauen Rest, den die sommerliche Hitze am Boden seines großen Tintenfasses zurückgelassen hat und fügt mit fester Hand Seite für Seite seinem Werk hinzu.

Daran wie er die Feder führt, sieht man sofort, dass er in seinem Leben schon viele Seiten gefüllt hat – Gedichte, Lieder, Lyrik – geschrieben einzig dazu, den Leser vom Tatsächlichen, der Wahrheit abzulenken. Doch jetzt lässt die sinkende Sonne seine von den Jahren getrübten blauen Augen aufblitzen; denn er schreibt für sich, für die Nachwelt; schreibt vom Tatsächlichen, der Wahrheit. Die dicke Tinte und die Worte fließen aus der Feder und mit den letzten wärmenden Strahlen beschließt er die Seite. Sein letztes, sein wichtigstes Werk ist vollendet.
Der Abend ist der Nacht gewichen, das Zwielicht der Dunkelheit. Das Funkeln in den Augen des Alten jedoch ist geblieben. Aber die Lieder sind ihm schwer geworden und so kommt er neben seinem Manuskript zur Ruhe. Sein letztes Werk, sein Leben, seine Geschichte, die wahre Geschichte seiner Mitstreiter spielen sich im Traum noch einmal ab.
Als sich am nächsten Morgen die Sonne durch den morgendlichen Nebel kämpft, ist der alte Mann tot. Neben ihm stehen das leere Tintenfass und ein Stapel weißer Blätter.

Langerwisch – 18. Juni 2010

Du strahlst ja so mein Junge meint meine Mutter, als ich nach einer anstrengenden Arbeitswoche nach Hause komme. Wieso auch nicht, es ist ja schließlich Wochenende.
Abends surfe ich noch ein wenig durch die Weiten des Weltnetzes und schlafe dabei ein. Als es morgens um kurz nach vier zu dämmern beginnt, erwache ich aus einem unruhigen Schlaf und mein Blick fällt durch die verquollenen Augenlider auf den Bildschirm vor mir. Der blendend weiße Hintergrund eines Textdokumentes krallt sich schmerzhaft in meine Augen und ich habe meine liebe Mühe das X in der rechten oberen Ecke zu finden und den Computer runter zu fahren.
Als dann um kurz nach sieben der Hund zum ersten mal bellt, wache ich endgültig auf und beschließe nach dem Frühstück das merkwürdige Textdokument nochmal zu öffnen.
Was da geschrieben steht erschließt sich mir nicht bis ins Detail, da es mittelhochdeutsch zu sein scheint. Deshalb ist das was ich daraus wiederzugeben vermag vermutlich nur ein mattes Abbild des ursprünglichen Werkes.

Zurück im Hier und jetzt

Nun hat sich der geneigte Leser dieses Beitrags sicher schon Gedanken gemacht, um wen es sich bei dem Alten wohl gehandelt haben könnte. Ich mache es kurz, es war Walther von der Vogelweide. „Moment mal“ höre ich jetzt einige sagen, „der ist in Potsdam gestorben?“ Und „ja das ist er“ kann ich darauf antworten, nachdem ich sein Werk gelesen habe.
Bei diesem Werk handelt es sich um die Geschichte Deutschlands oder dessen, was Deutschland werden sollte mit dem Schwerpunkt Brandenburg. Dabei gibt es einige Diskrepanzen mit der gängigen Geschichtsschreibung und Lehrmeinung. Allerdings möchte ich an dieser Stelle nur auf einen Absatz näher eingehen und gebe vom Gesamtwerk nur eine kurze Zusammenfassung:
Es beginnt mit dem Niedergang des weströmischen Reichs und der damit einhergehenden Abwanderung der Germanen aus Brandenburg. Die nunmehr vakanten Gebiete werden in den folgenden Jahrhunderten von Slawen besiedelt. Im achten Jahrhundert müssen die freien brandenburger Slawen zusehen, wie Karl der Große immer weitere Teile Europas annektiert und christianisiert. Nicht bereit sich dem christlichen Glauben anzuschließen, beschließen die Brandenburger einen Guerillakrieg zu führen, was scheinbare Kooperation, Überraschungsangriffe und Maulwurfstaktiken beinhaltet. Dieses Vorgehen führt schließlich zur Gründung der Mark Brandenburg, die als Mark zwar formell zum Reich gehört, tatsächlich aber ihren autonomen, heidnischen Status behält. Um dies nach außen hin zu verschleiern, sendet man auch Dichter und Sänger aus. Diese sollen außerdem die Trennung von Kirche und Staat vorantreiben und so die Gesinnung der Brandenburger im ganzen Reich durchsetzen. Und einer dieser Lyriker war eben unser guter Walther.

Der Absatz auf den ich näher eingehen möchte handelt von ungleichen Gegnern und wie Walther deren Zwist auf seine Weise beendete:
„Da stât en stolzen ritter und owê en jæmerliche junge luit. Diu wilden vogellîn betrüebet daz di zwên woln sich schlågn. So brâhte ich der kugeln tri, een klên und zweeje groze und legt da klên ende mite von den mârkt. Die annan krikt een jêder een. Nu werfet jêder nâh wi mœglich an dî klêne Kugel. Wer nâhest ist hât gewonn.“

Walther hat die zwei ungleichen Gegner also Boccia spielen lassen und so einen Kampf entschärft. Davon habe ich mich inspirieren lassen und mir folgendes Reglement für den am 30. Juli stattfindenden Walther von der Vogelweide Gedächtnis Cup ausgedacht:

Nach der ersten Runde wird der Führende vor der Trinkzone abgefangen und wirft seine Kugel möglichst nah an die kleine Zielkugel heran. Anschließend wartet er auf den Zweiten und lässt auch diesen eine Kugel werfen. Wer der kleinen Kugel näher kommt, gilt als Gewinner.
Jetzt geht es in die Trinkzone. Der Verlierer des Wurfspieles darf sein Bier erst anfangen, wenn der Gewinner seines ausgetrunken hat. Der Gewinner muss aber nach seinem Bier auch noch ein Schnäpschen trinken.
Nach der nächsten Runde wiederholt sich das Ganze natürlich.

Dieses Reglement sollte die Siegeschancen gut durchmischen.

8 Kommentare

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  • J-Coop! Du bist doch besoffen!
    Mal schauen, ob die Familie mich zu dieser Herausforderung:
    Ersten: Überhaupt weg lässt, und Zweitens: Auch wieder rein lässt!

  • Nachdem ich mir die Regeln ein zweites Mal durchgelesen habe wurde mir klar, wie hinterhältig diese sind. Ich bin gespannt, wie das in der Realität aussieht – wer wird denn nach der vierten Runde noch wissen, was die kleine Zielkugel zu bedeuten hat?

    Ich habe mir den Tag jedenfalls in die Kategorie „schlimm“ im Kalender eingetragen 🙂

  • 1. J-Coop, es wird dringend Zeit, dass Du aus Gera wegkommst. Anders als durch schleichende geistige Verwirrung ist dieses Reglement doch nicht zu erklären!
    2. Sehr schöner Beitrag.
    3. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung desselben ist taktisch ganz schlecht gewählt. Die Litanei der Ausreden wird sicherlich von offensichtlich (Familienurlaub) über auch nicht kreativ (Radwettkampf) bis hin zu haarsträubend reichen… Da hättest Du erst mal auf ein paar mehr Zusagen warten sollen 😉
    4. Wenn wir es nach Potsdam schaffen zu diesem Großereignis, wird es spannend zu sehen, wer am nächsten Tag lauter heult: das Kind oder der Vater…

    • Ich hoffe doch, dass ihr es schafft. Schließlich wollen wir die Kurze mal kennen lernen!
      Und es muss ja auch jemand die Einhaltung des Reglements überwachen.

  • Ich verstehe die neue Regel zwar nicht, bin aber sicher, dass man mir das dann vor Ort sehr nahe bringen wird.
    Eins habe ick aba verstanden, wenn ick nen Schnaps kriege bin ick vorne.
    Leider bin ick in Boccia ähnlich begabt wie in Radfahrn.

    Ick freu ma jetzte schon uff dit Spectacel.

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