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Überhebliche Walküren auf großer Fahrt

Geschrieben von One:

Bevor ich noch fünfmal um einen Kopf kürzer gemacht werde und weil so ein schöner Ausflug keinesfalls in Vergessenheit geraten darf, hier nun der Bericht einer Fahrt auf vielen Rädern, die mit Kuchen begann und mit Fischbrötchen endete.

Aber zurück zum Anfang: An einem Sonntag im Januar vor 35 Jahren…… och nö, ist vielleicht doch etwas zu weit am Anfang. Also: An einem Samstag im Januar 2007 bekam ich in einem dunklen Klub eine Kiste mit viel Plastespielzeug geschenkt, ein Zug, ein Tretboot, ein Lutscher, 2 Schnapsgläser.

Diese war der Beginn einer langwierigen, verlustreichen – 1/3 blieb auf der Strecke – aber letztendlich erfolgreichen Planung. Hurra! Es geht nach !

Morgens um zehn auf dem Hauptbahnhof wurde die Reisegruppe liebevoll mit selbstgebackenem Kuchen und einem geheimnisvollen Umschlag von den Daheimgebliebenen verabschiedet. Noch schnell ein/zwei Fotos und ab in den Zug. Dank der umsichtigen Vorbereitung in Bezug auf Fahrkartenkauf und Platzreservierung durch Jenny hatten wir vier Plätze mit Tischchen. Natürlich wurde erst einmal der Umschlag begutachtet, geöffnet und jipiiehh, die erste schwierige Aufgabe: ein Puzzle. Gott sei Dank hielt sich der Schwierigkeitsgrad in Grenzen, so dass sogar ich nicht die Geduld verlor.

Was steht da? Karaoke? Pah, davor konnte ich mich schon immer drücken, das klappt diesmal auch, dachte ich so bei mir. Also erst mal ablenken und auf den Kuchen stürzen. Sabine zauberte eine Flasche Prosecco aus ihrer Tasche – genauso hatte ich mir alles vorgestellt.

Kurzweilige 90 min später und das erste Mal beschwipst, erreichten wir Hamburg. Auf dem Bahnhof war ein unglaubliches Gewusel und unsere erste Station führte uns in die Kunsthalle zu den Seestücken. Alte Schinken, neue Schinken, traumhafte Fotos, interessante Collagen, Videos, sogar mit (grauenhaftem) Shanty-Gesang, ein Wurstbild – was auch immer ein Bild mit echter! Wurst aus den 80ger Jahren in dieser Ausstellung zu suchen hatte – erfreuten unsere Sinne und machten vor allem hungrig. Nach schätzungsweise 150 Stunden Laufen fanden wir einen leckeren Biobäcker – oder na ja, vielleicht doch lieber die Kneipe an der Ecke? Obwohl dahinten siehts auch nicht schlecht aus. Ach Quatsch, wir holen uns von dem Biobäcker was für unterwegs und gut is. Jaja, zum Mitnehmen…jaja, bitte einpacken…. ach nee, wir essen doch hier… Mein lieber Schwan, von unserer Entschlussfreudigkeit waren wir selbst beeindruckt. Aber nun war der Blutzuckerspiegel wieder in Ordnung und ab gings zum Tretboot fahren. Nachdem wir diesmal ca. 200 Stunden liefen, den zukünftigen Sommersitz des in diesem Villenviertel (ich kann mir einfach keine Hamburger Namen merken) begutachteten und feststellten, dass es in Hamburg ganz schön viele Porsches und Harleys gibt, fanden wir einen Bootsverleih und liehen uns 2 Rennboote. Eins davon war sogar mit Kühlerfigur oder wie heißt das bei Booten?

Es ist ja wohl selbstredend, dass wir die schnellsten auf dem Wasser waren!

Allerdings waren wir schlecht vorbereitet und hatten nichts Trinkbares dabei. Und entgegen allen meinen Vorurteilen hatte keiner auf den anderen Booten eine Flasche Bier dabei. Die Norddeutschen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Iris beendete den Notstand und versorgte uns an der nächsten Kneipe mit dem Nötigsten. Sicherheitshalber bekam jeder gleich zwei Flaschen, die wir dann in der Alster kühlten.

Zwei Stunden später kamen wir zufrieden, braun gebrannt und hungrig wieder an der Anlegestelle an. Mir ist allerdings völlig unklar, wie man in diesen fast alle gleich aussehenden Wasserarmen die Orientierung behalten kann, ich wäre ja ehrlich gesagt in eine ganz andere Richtung gefahren. Aber ich brauchte ja auch nicht zu denken. Beim „Einparken“ bekamen Jenny und ich auf jeden Fall eine 6,0 in der A- und in der B-Note, so sanft und präzise glitten wir in unsere Parktasche.

Hunger! Ab ins Portugieserviertel, lecker essen, Wein trinken, und die am Fenster vorbeifahrenden Harleys beobachten.

Irgendwie jibt´s wirklich ganz schön vülle Harleys in Hamburg. Und irgendwie werden es auch immer mehr, je mehr man ins Zentrum kommt. Und irgendwie wird es auch immer voller und lauter. Und irgendwie ist U-Bahn voller am Samstag als in zum Berufsverkehr, ist das immer so in Hamburg? Na ja, erst mal raus aus dem Trubel ins Freiluftkino und einen Mädchenfilm gucken. Muss man ja ausnutzen, dass keine Männer dabei sind. Auf dem Weg dahin, kamen wir an einem sehr aufregenden Straßenfest vorbei. Eine Band spielte vor vielleicht 10 Zuhörern alte Jazz- und Bluesschinken, irgendwo stand noch ne Fressbude und… hurra, so ein Gummiseiltrampolin! Das musste in jedem Fall erst mal geentert werden, Jenny ließ sich überreden mitzumachen, und wir sahen die Welt von oben – und von unten – und von oben – und von unten – und von oben…………..Man mag gar nicht glauben, wie anstrengend schon 5 min in diesen Seilen sind. So jetzt aber schnell ins Kino. Kino? Heute nicht, na gut, wir sind ja nur ca. 100 Stunden gelaufen, aber der Park war schön. Dann fahren wir eben in die Strandperle. An der Bushaltestelle erkannten wir dann auch den Grund für die vielen Harleys, die dazugehörigen dickbäuchigen Männer und die wahlweise knapp bekleideten oder ebenfalls dickbäuchigen Frauen – Harley Davidson Days 2007. Und der Bus, der uns zur Strandperle bringen sollte, fuhr genau über die Paradestrecke durch die Menschenmassen. Wir winkten fleißig staatsmännisch und wurden gefeiert als hätten wir die coolsten Bikes unterm Hintern. Neben uns ein BMW, der bei jedem Anfahren und Bremsen die Hälfte seines Reifens auf der Straße ließ. Ein besseres Unterhaltungsprogramm hätten die Mädels für das Wochenende nicht organisieren können.
Die Strandperle ist eine echt schöne Strandbar mit einer romantischen Hafenaussicht und bequemen Liegestühlen. Komischerweise fiel das Wort „schlafen“ immer häufiger. Also Mädels, so war das nicht gebucht, auf in die City und Hamburg unsicher gemacht. Natürlich fuhr kein Bus mehr, also… genau, ca. 150 Stunden laufen bis nach Altona und dann auf die Reeperbahn.
Mist, da ist ja die Karaoke-Bar. Da drin war es so unglaublich voll und warm, also erst mal einen Cocktail bestellt.

Alle hatten viel Spaß und ich die Liste mit den Titeln vor der Nase. Stundenlanges unschlüssiges Blättern half diesmal nicht, Jenny nagelte mich fest und meldete uns an. Na super, hat ja hervorragend geklappt die Sache mit dem Drücken. Okay, dann muss ich da wohl durch. Aber eigentlich ist es auch egal, da der ganze Laden mitbrüllt, ist von den Sängern ohnehin nicht viel zu hören.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass an diesem Wochenende nicht nur Biker, sondern auch jede Menge bekloppte Jungesell(innen)abschieds-T-Shirt-bekleidete Menschen unterwegs waren? Und ein(e) Junggeselle/in sah bescheuerter aus als der/die andere. Oh Mann, wir haben beschlossen, dass sone Aktion auf jeden Fall ein Grund ist, Freundschaften zu beenden. Und überhaupt, die zukünftigen Eheleute waren alle 23 oder so. Mannmannmann, die Jugend von heute ist auch nicht mehr das, was sie mal war!
Ein Grund mehr, denen mal zu zeigen, wie man richtig feiert.
Bei der Wahl zwischen Rockdisko oder Discomusikdisko entschieden wir uns für die zweite – gute Wahl, Sektabend, eine Flasche für 6 EUR, was will man mehr. Na gut, vielleicht nicht jedes Lied mit irgendwelchen Beats unterlegt, aber egal… wir hatten Spaß und Details unserer Tanzeinlagen interessieren Euch sicher sowieso nicht.

Mittlerweile war es gegen fünf, also auf zum Fischmarkt.

Ich frag mich, wie man eigentlich drauf sein muss, um fünf Uhr morgens als Nicht-übrig-Gebliebener auf dem Fischmarkt aufzutauchen. Und überhaupt, wie kann man so früh auf Arbeit am Sonntag schon so gut gelaunt sein? Ich glaub, denen bekommt die Seeluft dort nicht, zuviel Sauerstoff, zuwenig Schwermetalle in der Luft. Wir haben uns mit Fischbrötchen eingedeckt, manche von uns mit 20 kg Kuchen, noch einen leckeren Kaffee getrunken und dann mussten wir uns fast beeilen, um unseren Zug nach Berlin zu erwischen.

Diesmal fuhren wir in einem Liegewagen mit beheizten Sitzen, machte es uns bequem und erreichten k.o. aber die Köpfe voll mit der Gewissheit, 24 fantastische Stunden im Kreise von guten Freunden verlebt zu haben, Berlin. Vielen Dank Mädels!!!!

ritzelflitzer

14 Kommentare

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  • Feiner Bericht, liebe Steffi! Genau so war’s.

    Ergänzend möchte ich noch hinzufügen, dass wir dem Kader in jeder Hinsicht treu geblieben sind: wir haben über Fahrräder, Touren und Fahrradteile geredet, wir haben um 10:53 im Zug begonnen, für den Weltfrieden zu saufen, wir hatten Pedale unter den Füßen (und Bierflaschen am Hals) und wir haben nur für Jockel in dem Karaokeladen „Dancing Queen“ gesungen!

    Ach, Mädels, es war wirklich eine klasse Aktion. Und wenn ich das mal so salopp aus meiner 1,76m-Perspektive sagen darf: Ihr seid die allergrößten unter den nicht ganz so hoch gewachsenen Walküren!

  • Dicker Daumen, Frau Koch! Endlich ein Bericht aus Deiner Feder, und er gefällt. Schade, daß ich die Damenrunde nicht komplettieren konnte.

    Es gibt doch sicherlich einen Tonmitschnitt von „Dancing Queen“, oder? Los, publizieren!

  • Jockel kann es gut haben! Wenn ich für Jen* nacktputze, muss ich dazu selber immer „I want to break free!“ von Queen pfeifen.
    Schöner Bericht! Nicht auszudenken, wenn One mal über eine mitgefahrene Tour schreiben würde! 🙂

  • Ein sehr schöner Bericht und eine krasse Vollalarmmaßnahme! Warum ihr allerdings Acke ausgegrenzt habt ist mir schleierhaft… menis

    ps: Boerge, bei mir liegt der Staub fingerdick UND du musst nix pfeifen.

  • menno, da werd ich ja im nachhinein noch einmal traurig, dass ich nicht mit konnte. ich will auch endlich mal wieder richtiges bier trinken 😉

    großartige lektüre!

  • Feiner Bericht, Frau Steffi (und das am sonntag!!)!
    Es war echt eine feine Sause!

    Tonmitschnitt ist in Arbeit – Kann ich den in die fotogalerie hochladen????

  • Neeeeeeiiiiiiiiinnnnnnn! Liebe Luzi, bitte, bitte, bitte nicht. Du weißt doch, dass die Personaler mittlerweile im Netz ihre Kandidaten recherchieren. Da kriege ich nie, nie wieder einen neuen Job. Nur wegen einer Ode für Jockel ein Leben lang Hartz IV? Das kannst Du mir nicht antun. Und der Jockel kriegt vielleicht im fernen Österreich so einen vom Briefträger persönlich überreichten Brief, in dem die Scheidungspapiere drin sind. Und man könnte es seiner Frau nicht mal verübeln. Hab‘ Erbarmen!

  • Boah, geile Weiber!

    Andere Frage: Ihr habt also über mich gelacht? Wo Ihr doch wißt, dass mir da immer so weinerlich wird.

    Grüße aus Wien!

  • hab extra mit der lektüre lange gewartet, damit ich nicht wieder weinen muss, wenn ich an diese verpasste tour denke… paulababy hätte bestimmt viel spaß gehabt bei dieser aktion, doch wir mütter über 35 sind ja die reinsten glucken.
    haste fein geschrieben, liebe steffi! danke & das nächste mal gehts dann vollzählig in den zug nach irgendwo. eure erzählungen hörten sich gut lustig an… heulschniefseufzzz…

    ps: und wo ist nun das video??

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