Home » Nice Things » Die säuische Wurzelfichte: zum Phall eines Baumes

Die säuische Wurzelfichte: zum Phall eines Baumes

„Entsetzliche Trauer“ titelt die Fanseite der dem Strum Kyrill zum Opfer gefallenen Wurzelfichte. Das Bundesministerium für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft (BMELV) jedoch beschwichtigt: „Sturm Kyrill – Schadensausmaße im Wald geringer als befürchtet.“ Ja wer hat denn nun recht, Genossen?


Die Wurzelfichte war immer eines der bekanntesten und beliebtesten Ausrufezeichen und Ausflugsziele der Märkischen Schweiz. Ich sage: Der ESK sollte froh sein, dass dieser gottlose Baum endlich den Weg der Wahrheit, den Weg der Waagerechten begeht: Umfallen, Abtransport, Zersägen, Deckenbalken! In Brandenburg, einem Land voller aufrechter Protestanten, sollten wir endlich froh sein, dass dieses abscheuliche Sinnbild des satanistischen Phallus nun endlich durch die göttliche Hand der Mutter Natur beseitigt wurde.


Die Wurzelfichte kurz vor ihrer Entmannung


Schon zu Zeiten heidnischer Diktaturen, wie hier im Jahre 1967, ein penetrierend gottloser Anblick

Somit ist wenigstens in der Märksichen Schweiz die Wurzel allen Übels beseitigt. Nun endlich können Kinder bedenkenlos auf dem breiten Stamm der Fichte balanzieren. Zum volksstämmigen Wesen der Fichte wusste auch ein TAZ-Journalist einiges preiszugeben:

„Naiv dienten sie einst der Inauguration des Futurismus, indem ihre nackten und auf Linie getrimmten Kohorten als Strom- und Telefonmasten über Land zogen. Ja, zugegeben: Fichten waren oft wetterwendisch den Mächtigen und dem Zeitgeschmack ergeben. „In den Ostwind hängt die Fahnen!“ – das allein zu formulieren, wäre ohne wohlfeile, halbstarke Fichten niemals möglich gewesen.“

Man mag anmerken, dass es sich bei der Wuzelfichte mitnichtem um ein halbstarkes Element handelte. Die Schäden des Sturmes Kyrill lassen sich laut BMELV in der BRD auf 25 Mio m³ Sturmholz beziffern, wovon ca. 10 Mio m³ auf das Bundesland NRW, von den restlichen 15 Mio m³ aber geschätzte 8,5 Mio m³ allein auf die Wurzelfichte entfallen. Es war ein Baum der Superlative. Aber Fichten sind einfach scheiße, weswegen somit auch die beschissenen Eigenschaften der Wurzelfichte Superlative sind. Hier seien aus einem anderen TAZ-Artikel einige der Fichte zuzuschreibenden Eigenschaften zitiert:

+ „Die Fichte ist das Schwein unter den Forstbäumen“, auch gerne „Baumsau“ genannt.
+ „Die Fichte ist stinkend faul. Sie speichert kein Wasser – sie braucht keins, sie braucht nur ihresgleichen. Sie weiß nicht, was wahre Größe ist, sie wird einfach nur groß, und zwar schnell.“
+ „Die Fichte ist feige, denn sie kennt die Einzahl nicht. Nur in der Gruppe, in der großen Schonung, da riskiert sie die große Lippe.“ Ihr Übermut ist der Wurzelfichte in diesem Fall wohl zum Verhängnis geworden. Hochmut kommt vor dem Fall!
+ „Die Fichte ist komplett unfähig.“
+ „Die Fichte ist scheißendoof.“
+ „Wahrscheinlich ist die Fichte auch schwul. Sicher aber ist die Fichte böse. Keiner von den Baumkollegen kann sie leiden, und doch ist sie nicht weg- und totzukriegen.“ Letzteres Argument konnte Kyrill eindrucksvoll widerlegen!
+ „Die Fichte amtiert als flachwurzelnder Dummbaum, […] , über die Worte zu verlieren erst recht nicht lohnt. Weil ihre Wurzeln nix taugen, stürzt sie schon bei Windstärke Null, also praktisch bei Windgeschwindigkeiten von über einem Millimeter pro Tag um. Bumm! Deshalb werden Fichten so eng gepflanzt: Damit sie einander stützen, die blöden Dinger.“ Und die dümmste aller Fichten ist die, die meint 160 Jahre und bis in alle Ewigkeit isoliert überdauern zu können. Pech gehabt, Wurzelfichte. „Fichtenfaschismus“ kann man nicht alleine durchziehen, dazu braucht es Massenbewegungen. Die märkische Kiefer soll hier als leuchtendes Beispiel dienen.

In selbigem Artikel vom 13.8.04 findet sich auch folgende Försterweisheit: „Willst du ein ganzes Land vernichten, pflanze immer fleißig Fichten!“. Märkische Förster wussten es schon immer besser und konzentrierten sich auf Kiefer, und verstärkt auch auf Buche. Jedem Naturliebhaber sollte letzte Baumart besonders am Herzen liegen, sagt doch der aktuelle Waldschadensbericht aus, dass 48% aller Buchen in der BRD deutliche Kronenverlichtungen aufweisen und die Buche damit der am stärksten geschädigte Baum unserer Republik ist.

Als ob man es nicht besser wusste, stand schon seit langem ein Schild am Fuße der Wurzelfichte:

„Besucher hier – ich bitte Dich!
Betracht´ mich, doch betritt mich nicht.
Mir tun schon alle Wurzeln weh –
ein Wunder nur, dass ich noch steh!“


Wurzeln (mittig im Bild) und Fichte (rechts waagerecht)

Ein Wunder nur, dass sie jetzt erst umgefallen ist. Hoffentlich findet sie eine ihr adäquate Verwendung: Wäscheklammer, Zahnstocher, Wegwerf-Chinastäbchen – oder meinetwegen auch als Holzpaletts zum Heizen oder für ein Bücherregal. Ökoesoteriker, Ökoverkläriker und Sonntagsspaziergänger-Heulsusen aufgepasst: Nehmen wir die Wurzelfichte in ihrem horizontalen Zustand als Bildnis für die Vergänglichkeit der Natur auf Erden. Denken wir daran, wenn der nächste Waldweg vom ADFC asphaltiert wird, wenn wir das nächste mal mit unserem kack 6-Liter Diesel in den Wald fahren und uns noch an den nicht durch anthropogene Klimaveränderung hervorgerufene, zunehmende Stürme umgefallenen Bäume erfreuen, wenn wir den nächsten Flachbildfernseher für’s Klo oder einen Billigflug kaufen.

8 Kommentare

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  • Jawoll! So und nicht anders. 160 Jahre Stillstand gepaart mit Faulheit sind eindeutig genug. Nun ist endlich wieder Bewegung in den Wald gekommen. Und seien es auch nur jene Kinderkohorten, welcher künftig wieder ihren Urtrieben nachkommen dürfen um sich im Wurzelwerk des Baum-Johannes-Hesters zu verlustieren.

  • Die dummdreiste Drecksfichte hat jahrelang derartig den Breiten gemacht – sie hat es nicht anders verdient! „Zurück ins Glied, Mistsau!“… menis

  • Wär sie aus Karbon gewesen, würdet Ihr jetzt alle weinen, herzloses Männerpack!

    Schön war sie und gar nicht so faul, wie Rob und der TAZ-Autor behaupten. Ich auf jeden Fall werde ihrer am nächsten Volkstrauertag gedenken. Schnüffelschnief.

    Jen*

  • ja, so sind die menschen. wenn man wie eine vom wind gefällte fichte im dreck liegt wird noch nachgetreten. das kann man neuerdings oft beobachten. zum beispiel auch bei fichte ullrich. aber das überspannt wohl etwas den bogen.

    erst pflanzen die doofen förster überall eventuell schwule, in jedem fall jedoch böse bäume, die dort unter normaler konkurrenz nie und nimmer wachsen würden, und dann heult die versammelte grünrock und ballerbande los, blos weil ihr luxusgeländewagen 15 liter im standgas verbraucht. ach, hätten wir doch nie von den franzosen billiges saatgut erworben!

  • Ja ja, man sollte doch öfter die TAZ lesen. Danke für diesen guten Aufsatz, lieber Rob.

    Das Ausmaß der Blödheit dieser pflanzlichen Missgeburt lässt sich erahnen, wenn man die Bruchstelle begutachtet: Entgegen jeder Vernuft, wurde dem strohdoofen Ding nicht sein luftiges Wurzelwerk zum Verhängnis, sondern es scherte eben darüber ab – jeglichen Regeln der Statik und Bionik zum Trotz. Das erinnert mich an einen ebenso minderbemittelten alten Mann (Bruder im Geiste dieses kümmerlichen Stückes Bruchholz), der dem Chefkonstrukteur als Lösung für seine ständig abreissenden Flugzeugflügel (aufgrund langjähriger Erfahrung mit Klopapier) als Lösung vorschlug die Flügel zu perforieren; worauf die Flügel dort nicht mehr abrissen. Was sagt uns das über die Fichte? Jetzt IST sie scheisse dran und bald HAT sie Scheisse dran, denn sie wird als Klopapier enden.

  • rob, sehr gut gemacht, so etwas hat uns lange Zeit gefehlt!

    Ich bin auch froh, dass die alte Mistsau endlich das Zeitliche gesegnet hat. Nun ist dort endlich Platz fuer einen antaendigen Teerweg. Aber keine Freude ohne Traenen, ich muss mir da jetzt eine andere Stelle zum Hinpissen suchen.

  • Aber keine Freude ohne Traenen, ich muss mir da jetzt eine andere Stelle zum Hinpissen suchen.

    Genau! Wir sollten uns einen anderen Baum suchen, dessen Wurzeln der ESK dann freispült! Diesmal eine Buche – die sollte diesmal mehr Standhaftigkeit zeigen, als diese Schlüpperfichte!

Archiv

Archive

Folgt uns auf