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Schaltwerkssterben in Südmecklenburg

Zu Ehren eines vor nunmehr 16 Jahren untergegangenen Staates, und ich meine hier nicht die Volksrepublik Jemen, ging es gestern hinaus in die weite Welt. 6, wie immer zu allem entschlossene Fahrer hatten sich eingefunden. Sagte ich zu allem entschlossen? Naja, zumindest einer wußte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was die Uhr geschlagen hatte. Dieser Eine hatte es im Vorfeld verabsäumt, sich mit Begrifflichkeiten wie „Nach alter Väter Sitte“ oder „Kaderfernfahrt“ auseinanderzusetzen. Gut, selbst wenn er gewollt hätte, hätte ihm Wikipedia und Co nicht weiter helfen können und so musste er eben durch Erfahrung klug werden. Und soviel sei an dieser Stelle schon verraten, er schlug sich – wenn man von einer fiesen Meckerattacke bei Kilometer 90, von welcher noch zu berichten sein wird, absieht achtbar.
Hinzuweisen ist hier auch gleich auf die Leistungen der beiden Rekonvaleszenten und Boerge. Für den einen war es die erste längere nach seinem ultimativen Fußbruch zu Himmelfahrt, der andere hatte sich erst vor wenigen Wochen, anläßlich des WvdVW-Gedächtniscup eine Rippe gebrochen.

09:45, Dannenwalde schläft noch. Ein Zug rollt an den Bahnsteig und entlässt 6 Geländeradfahrer in einen Tag, welcher zuvor vom Deutschen Wetterdienst kaputt geredet wurde. Da die Meteorologie glücklicherweise immer noch eine Wissenschaft mit mehr unbekannten als bekannten Faktoren ist, kam es wetterseitig ganz anders als vorhergesagt. Die Sonne schien. Der Wald, und durch diesen sollte es heute mit wenigen Ausnahmen gehen, war noch feucht von den vorher gegangenen Niederschlägen, doch durch das immer noch recht dichte Blätterdach brach sich die Sonne ihre Bahn.
Hoch motiviert ginge es gleich zu Anfang zur Sache, so das die Partie am Kleinen Wentowsee bald abgehakt werden konnte. Nach wenigen Kilometern dann der erste Reparaturstopp. Staubi haderte mit seiner Ultraleichtstütze, deren windige Klemmkonstruktion eine unerwünschtes Eigenleben entwickelte. Nachdem alle Teile wieder ihren Platz gefunden hatten und das klitzekleine Schräubchen – mit welchem ich wohl noch nicht mal ein Bild an der Wand befestigen würde – mit einem hart an der Bruchgrenze liegenden Zug beaufschlagt wurden, ging es weiter. Pölzer Fließ, Globsowsee, an Altglobsow vorbei ging es in Richtung Peetschsee. Hier kam es checkb das erste mal sauer an, musste er doch feststellen, dass das nicht durch seine bei Fotostopps verplemperte Zeit zu dem geworden ist, was es ist. Der Peetschsee wurde umrundet, durch Steinförde und Kleinmenow ging es hinein nach Mecklenburg. Düsterförde, Godendorfer Papiermühle, unaufhaltsam schien die Fahrt, als checkb fragte, ob es nicht mal an der Zeit wäre, etwas von den mitgeführten Riegeln zu naschen. Dem wurde stattgegeben, sollte er sich doch rundum wohlfühlen. Außerdem wurde die Pause genutzt, um den Anwesenden einen groben Überblick über die angedachte Streckenführung zu geben.
Kurze Zeit später ging es flott weiter, musste die vertrödelte Zeit doch wieder rausgefahren werden. Um checkb zu imponieren, wählte ich einen gerade so fahrbaren Pfad am Ostufer des Fürstensees, da ich weiß, dass er auf solche Dinge steht. Hier passierte es: Ein Stöckchen wirbelte hoch und verkeilte sich irgendwie zwischen Hinterrad, Rahmen und Schaltwerk, wobei sich von dieser Dreiergruppe das Schaltwerk als das schwächste Glied erwies. Etwas verbogen, aber durchaus noch brauchbar ging es kurze Zeit weiter. Dem Schaltwerk schien es egal, aber checkb's Körpersprache sprach Bände. Ich versuchte ihn zu trösten, so gut es ging, konnte aber kaum etwas zur Besserung beitragen. 10 Kilometer weiter ereilte den leidgeplagten Staubi ein ähnliches Schicksal. Im Gegensatz zu checkb, waren bei Staubi die Messen allerdings gesungen. Schaltauge gebrochen und auch das Schaltwerk sah so aus, als würde es dem Mülleimer näher sein, als dem Leben. Auf eigenen Wunsch wurde Staubi mit den besten Wünschen in Richtung Neustrelitz entlassen. Ca. einen Kilometer weiter hatte checkb dann noch eine kolossale Idee. Aus irgendeinem Grund hatte dieser am gestrigen Tage einige Schachteln Pralinen an Bord (…was man eben so im Fahrradrucksack hat) und davon stellte er die exquisiteste auf die Strecke, die Staubi wenige Minuten nach uns nehmen musste. Nochmal: Das war große Klasse, zumal die Pralinengrüße Staubi auch tatsächlich noch erreichten, wie uns dieser per SMS noch wissen ließ.

Wir fuhren weiter, an einem wahren Hexenhäuschen vorbei über Serrhan wurde der Schweingartensee erreicht und von da war es nicht mehr weit, bis nach Goldenbaum. Hier muss es wohl gesesen sein, dass ich mich mal wieder zu einer leicht geschönten Entfernungsangabe verstieg und noch 10km bis zur großen Pause in Feldberg ansagte. Es kam wie es kommen musste, denn nach 10km stand dummerweise ein Schild, welches nochmal 6,5km bis zur Verpflegungspause anzeigte. Jetzt kam checkb's großer Moment. Leicht angesäuert, drohte er mir mit unmittelbarem Liebesentzug, zichtigte meinen Arsch den er nun schon so lange von hinten hatte sehen müssen als häßlich (was er – unter uns – aus der Entfernung gar nicht beurteilen konnte) und von den anderen Worten die hier noch fielen schweigt des Autors Höflichkeit. Ganz klein mit Hut spannte ich mich wieder vor das Feld und führte die Meute nach Feldberg. Ehrlich, wo anders gibt es dort keine Kneipen. Ich schwöre. Hingewiesen werden muss an dieser Stelle auf Boerges unbedingte Loyalität zum ESK. Immer wieder versuchte checkb, diesen – welcher unter uns auch nicht mehr sooooo gut aussah – mit ins Boot der Meuterer zu ziehen, was aber einfach nicht gelang. Im Gegenteil, in Feldberg angekommen, war es Boerge, der klar machte, dass wir, wenn wir richtig gut essen wollten, ins am anderen Ende der kleinen Stadt gelegene Zollhaus müssten. Recht hatte er und so war es beschlossen. Zwar bekam checkb hier nicht seinen begehrten Windbeutel und der Rest auch kein „Bauernfrühstück“, aber ich glaube, man war dennoch zufrieden.

Zu diesem Zeitpunkt, es war immerhin schon 15:30 als wir dort einritten, machte ich mir etwas Sorgen, ob die verbleibenden 40 Kilometer noch bei Tageslicht zurückzulegen seien. Deshalb musste ich wohl oder übel wieder etwas Druck machen, wobei Boerge leicht davon abzubringen war auf der Straße irgendwohin zu rollen. 17:30 wurde wieder eingeklickt und ab ging die Post. Die Meute war durch das gute und reichliche Essen auch wieder in einer vernünftigen Verfassung, so dass auch noch so etwas wie Spaß aufkam, als es am Schmalen Luzin, Dreetzsee und Krüseliner See entlang nach Mechow ging. Ab hier wurde zwangsläufig weiter Fahrzeit und -strecke gekürzt, wobei trotzdem kein Asphalt unter die Räder kam. Beenz, Rutenberg, Neuthymen und Fürstberg lag vor uns. Hier wurde noch mal etwas gezaubert und entlang eines kleinen Fließes ging es hinein in das schöne kleine Havelstädtchen. Da der Zug in Richtung Heimat vor 10 Minuten abgefahren war, gönnte man sich noch ein Bier im Luisencafe am Markt. Checkb war inzwischen wieder vollständig hergestellt, hatte seine Angetraute ihm doch per SMS ihre unverbrüchliche Liebe versichert. Und so waren alle glücklich als wir pünktlich 19:14 den Zug in Richtung Heimat bestiegen.

Fazit: Prima Tag, prima Kumpels, checkb darf auch wieder mit, weiß er doch nun mit den eingangs erwähnten Begriffen umzugehen.

Ach ja, Bilder wurden in der Tat wenige gemacht. es hieß ja auch nicht: „Heraus zur Fotosafarie“. Dennoch wäre ein Bebilderung nicht schlecht. Hat also jemand Bildmaterial, dann bitte Bescheid sagen, damit ich einige hier rein verlinken kann.

Lest auf Seite 2, wie es Staubi erging:

14 Kommentare

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  • Schön dass Ihr ohne weitere Verluste durchgekommen seit. Meine Sicht der Dinge habe ich unter dem Touraufruf abgelegt. Die Pralinen waren wirklich großes Kino und ich mußte laut lachen!

    Staubi

  • Schön, dass es immer wieder Neulinge gibt, die unter Schmerzen lernen müssen, dass eine Tour mit Euch Narben auf der Seele und auf dem Rad hinterlassen kann. Ich werde mein erstes Mal nie vergessen und Checkb bestimmt auch nicht… 🙂

  • Staubi,
    ich habe mir erlaubt, Deinen Beitrag hinten anzuhängen. Er kann auf Seite 2 nachgelesen werden. Deinen Kommentar zur Tourankündigung habe ich gelöscht.

  • Fein fein. Die Tour klingt sehr interessant, zumal ich die eine oder andere Ecke der Route bereits in diesem Jahr befahren habe.

    Schoen, dass die Kranken wieder auf dem Damm sind!

  • Schöner Bericht hört sich wie immer nach viel schinderei und trotzem ner Menge spaß an. Checkb es tut mir ehrlich leid das ick dir nich helfen konnte (wollte) die Meute mit dir hinten ein wenig zu bremsen. Und so für Lullerrundentempo zu sorgen. Aber da du dem Klapspaten ja entkomen bist scheint deine Leistung ja doch befridigent gewasen zu sein. (wen ick mir das so recht überleg zum glück war ick nich dabei so wie Checkb mich am Wurmberg stehen gelassen hat.

    Ick hab mich heut auch wieder ein großes Stück weiter entwickelt leider aber in die andere Richtung, flug Stunden mit Dr. Worm.:D.
    Aber schnelle Fahrer ham wa ja genuch, ick werd uns, wen es dan so weit is, auch abwärts gut aussehen lassen.

  • …zumal ich die eine oder andere Ecke der Route bereits in diesem Jahr befahren habe.

    Und warum sieht man den großen Meister nicht mal wieder an unserer Seite? Wäre schon schön gewesen. So mag man es kaum glauben, dass Du wieder auf dem Rad sitzt.

  • Onkel, ick werde mein erstes Mal auch nicht vergessen, war im Gegensatz zu Gestern ne Kaffeefahrt nur ein bisschen weiter. Ick denke VooDoo ist die Ursache für Leid und Schmerz, die böse Fratze ist zu neuen Leben erweckt und verbreitet wieder Angst und Schrecken.

    checkb

    PS: DER ESK IST GANZ DOLL LIEB. 😉

  • PS: DER ESK IST GANZ DOLL LIEB. 😉

    Du sollst hier nicht rumschwadronieren, sondern die gestern heimlich aufgenommenen Bilder irgendwo reinstellen, damit ich meinen Roman bebildern kann.

  • Frisch aus der Toskana zurück, stolpere ich hier direkt in diese sehr lesenswerte Lektüre. Wunderbar – auch die Geschicht mit den Pralinen ist erste Klasse. Zwar wundere ich mich über den Verbleib der zwei Stunden zwischen 1530 und 1730, aber Schwamm drüber, es war sicher eine harte Tour und gern hätte ich euch begleitet. Bis bald… menis

  • Gerne wäre ich auch wieder durch die nördlichen lande mit euch geritten, aber es sollte nicht sein. Hoffe auf eine wiederholung bzw. auf die 3. Kaderfernfahrt, bei der ich mich von herrn j. aus B. durchs brandenburgische treiben lassen will.

  • Ein Touraufruf von Jockel zur Kaderfernfahrt nach alter Väter Sitte! Mir war klar, wenn ich das überstehe haben die Ärzte, die in mein Wadenbein eine Titanplatte implantierten, wirklich gute Arbeit geleistet;)
    Es war eine geile Tour durch die herbstliche Natur und ich habe wieder einige neue ESK Geheimnisse erfahren dürfen. War da doch der See, an dem plötzlich ein Biker während einer ESK Tour „verloren“ ging, worauf der bis dahin wunderschöne See plötzlich umkippte. Sehr interessant war auch die Theorie des Raum-Zeit-Kontinuums
    die dazu führt, dass man auf einem Teil der Strecke nicht rechts abbiegen kann. Diese Theorie konnte aber durch einen Praxistest widerlegt werden.
    Es hat wieder richtig Laune gemacht mit tollen Leuten durch den Wald zu bügeln.
    Ampel

  • hat mich da irgendwer BÖSE FRATZE genannt?
    das ist ja noch übler als DEFEKTHEXE !
    Um mir die schlechte Idee (die-ersten-10-minuten-hinterherkeuchen-bevor-sie-am-horizont-verschwinden, ich möchte das wort mitfahren hier nicht bemühen….) endgültig auszutreiben, hab ich Samstag früh noch kurz entschlossen aber wirkungsvoll einen Zeh an der Bettkante geopfert.

    Checkb, wir klären das morgen abend beim buffet!

    ach ja: aus offensichtlich mehrfach gegebenem Anlass:

    de.wikipedia.org/wiki/Stampede

    ich wurde beim lesen v.a. HIER schmerzvoll an den N.Ride „GrünerPfeil“ erinnert und werde mich daher auf direktem weg zurück in meine Ecke verziehen und weiter fürchten:

    „Eine große Stampede ist in der Lage, alles in ihrem Weg zu zerstören. Bei Nutztieren versuchen die Halter, die sich bewegende Herde hinter sich selbst herlaufen zu lassen, so dass die Tiere sich lediglich im Kreis bewegen, anstatt dass sie sich selbst gefährden oder gar töten, z.B. durch das Laufen über eine Klippe oder in einen Fluss. Auch Menschen, Eigentum und Siedlungen können so geschützt werden.“

  • Hmm…
    Sagen wir es mal so: Es war ein grandioses Comeback für mich. 120 angekündigte Kilometer hatten schon meinen Respekt. Das es dann nochmal Zwanzig mehr werden würden – nagut, passiert schon mal, das der Oberst in solchen Zahlenhöhen die arithmetische Orientierung verliert – sollte man denken. Jeder, der den Oberst kennenlernen durfte, wird jedoch beschwören können, dass unter der schroffen Borke ein aufrichtiges, hartes und gerechtes Edelholz zu finden ist. Wenn es also eine Entfernungsabweichung in den Berechnungen des Oberst gab, so kann diese nur auf die Falschmessung seiner ihm zur Verfügung stehenden Messinstrumente zurück zu führen sein.
    Ich habe deshalb ein Spendenkonto eingerichtet, welches zur Anschaffung Hodometers herhalten soll, welches seiner Reputation würdig ist.
    Der Gedanke ist mir einfach unerträglich, ihn in Gewalt eines ungeeichten, fernasiatischen Schrittzählers zu wissen.
    Interessenten lasse ich die Bankverbindung natürlich gerne zukommen.

    Weitere Erkenntnisse des Tages: Grossartige Typen – ALLE!

  • ihr seid ja alle ein paar kranke hirsche! grossartige sache.

    aber eines zeigen die defekte wieder: es liegt kein segen auf schaltwerken!

    schoenen tag noch, rob

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