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Heiße Hölle Hunsrück

Das Motto „Blut, Schweiß und Tränen“ hätte auch gut zum Wochenende der Rhein-Main Sektion gepaßt… Und so trug sich das alles zu:
Nachdem ich im letzten Jahr erneut gescheitert war, in die Top25 auf der am zu fahren, sollte es in diesem Jahr endlich klappen. Dieses Jahr war ich nicht alleine, denn Mischiflix begleitete mich auf den 110km und 3000hm.
Neben den beiden ESKadern waren noch einige lokale Freunde dabei: Theresia, Lorenzo und Alberto auf der 65km Runde und Markus auf der 35km-Strecke. So hatten wir im Ziel einen guten Überblick auf die gebotenen Leistungen der Veranstaltung.

Sonntag Morgen fing schon mal gut, mein Wecker klingelte zwar, weckte mich jedoch nicht. Mit einer guten halben Stunde Verspätung brach ich die 150km zum Startort Thalfang auf. Zum Glück ist es um die Uhrzeit relativ leer auf deutschen Asphaltbändern und so hatte ich keine Probleme noch rechtzeitig anzukommen. Ich hatte sogar noch Zeit mir vor dem Rennen die Beine durch Massage zu lockern.

Am Auto zurück bastelte ich Startnummer ans Rad, machte mich fertig und da kam Mischi angesaust. Flix seine Möhre startklar gemacht und ab zum Startbereich, hörten wir doch über die Lautsprecher etwas von den „letzten 3 Minuten“ vor dem Start. Etwas entgegen meiner eigentlichen Absichten stellte ich mich in die zweite oder dritte Reihe. Mit dieser Strategie versuchte ich dem zu erwarteten Stau am ersten Nadelör aus dem Weg zu gehen.

Dann knallte es auch schon und die Lizenzler und Profis aus NL, B, LUX und D bildeten gleich einen schnellen Zug an der Spitze des Feldes. Ich klemmte mich so gut es ging dahinter und lag immer zwischen Platz 20 und 30. So rollten wir die ersten Meter über Stock und Stein, Wald und Wiese, hier und da ein feiner Trail und Rampen…

Sagte ich Rampen? Fiese, brutale Anstiege, einer nach dem anderen, gleich auf den ersten 35km krachte es heftig. Ich beschäftigte mich die ganze Zeit mit Essen und Trinken und meine Kräfte einzuteilen. Einfach nur mit 80-90% Kraft die ersten 50-70km anzugehen, war das Ziel.
Ziemlich am Anfang stand doch tatsächlich auf einem Info-Schild am Streckenrand „-Gedenk-Uphill“! Ich war perplex, zuerst dachte ich gleich kommt die Versteckte Kamera. Die kam aber nicht, stattdessen zauberte diese „Ehre“ ein fettes Grinsen auf mein Gesicht und gab mir eine Extraportion Motivation!!! Danke nochmal an den Veranstalter, aber bitte sagt mir wie ich zu dieser Ehre kam?!

Es rollte also weiter und ich lag eigentlich voll im Plan, als es ca. bei KM65 hoch zur höchsten Erhebung Rheinland-Pfalz, dem Erbeskopf ging. Plötzlich ein Zucken im rechten Oberschenkel, schnell raus aus der Pedale und strecken. Gerade so konnte ich den Krampf umgehen, ich schob die 100hm hoch, war dabei sogar schneller als mancher der es fahrend versuchte. Endlich oben stieg ich wieder in den Sattel und ab auf den Gipfel-Trail. Runter knallten wir dann die Skipiste, dabei war ein lockern der Muskelatur leider kaum möglich, ich versuchte das dann auf dem folgenden Flachstück nachzuholen.

Kurz danach stand aber schon der nächste Uphill in tiefem Geläuf an. Peng, Muskel macht zu! In dem Augenblick wußte ich das es vorbei war. Noch 35km und ca. 1000hm lagen vor mir, jetzt hieß es kämpfen. Um ehrlich zu sein, habe ich mich noch nie so schlecht gefühlt in einem Rennen. Durch die verkrampfte Haltung auf dem Bock schmerzte mein Rücken zudem immer mehr. Ich litt, nach und nach verlor ich einen Platz nach dem anderen, irgendwann glaubte ich letzter zu sein. Da fiel mir ein, das Mischi mich noch nicht überholt hatte, was war ihm wohl passiert? Aufklärung sollte ich erst im Ziel bekommen.

Der letzte Streckenteiler war dann fast mein Ende, links noch 5km zum Ziel der 65er Runde und rechts noch 13km für die lange Runde. Das Ziel war links hinter dem Hügel, wir mußten rechts runter. Nein, bitte nicht mehr… Es ging nichts mehr, obwohl ich 50km nur mit Essen und trinken beschäftigt war, reichte es anscheindend nicht. Zu meinen muskulären Problemen gesellte sich jetzt noch ein feiner Hungerast. Rückenschmerzen, Schüttelfrost und Schwächeanfälle ließen mich selbst schiebend kaum den letzten derben Uphill hochkommen. Ende aus, vorbei, Rettungswagen und nie mehr Rennen fahren!!!

Irgendwie schaffte ich es bis zum nächsten und hoffentlich letzten Wiesenuphill. Zum Glück hatte sich die brennende Sonne hinter dicken schwarzen Wolken verzogen. Ein Crosser überholte mich, er rief mir aufmunternde Worte zu, Danke! Ich bewunderte seinen Mut diese Strecke mit nem Crosser zu fahren! Also weiter, weit konnte es nicht mehr sein, vielleicht noch 3 oder 4 Kilometer. Endlich hatte ich den letzten Bergrücken erklommen, mit letzer Kraft den Trail gemeistert und dann sah ich den Zielort. Doch was war das, es ging nochmals in einer Schleife um den Ort. Aufgeben? Abkürzen? Nein, und wenn ich schiebe, das geht jetzt auch noch.

Im Ziel warteten schon die Finisher der 65er Runde, sie beglückwünschten mir zu meiner Leistung. Mir war nicht nach Glück und Zufriedenheit zu Mute. Passend zu meiner Gefühlslage, schüttete es nun kurz aber heftig. Ich ließ den Regen an mir abprasseln und genoß die Erfrischung. Nachdem ich einen Teller Nudeln und ein Weizen (mit ALK!) intus hatte, kamen langsam die Lebensgeister zurück. Dann tauchte auch endlich Mischi im Ziel auf, er hat auch einiges zu erzählen…

Wir begaben uns dann zu den Duschen im örtlichen Hallenbad, danach ließ ich noch meinen geschundenen Körper durchkneten. Für einen symbolischen Obulus bekam ich fast 40Minuten Entspannung, super. Danach warf ich noch einen Blick auf die Ergebnisliste und war doch sehr überrascht. Ich war 37. geworden, zwar mit einem großen Rückstand auf den Sieger, aber der Rückstand zu meinen anvisierten Plätzen um den 25. war gering. Er betrug weniger als die Zeit, welche durch schieben und Krämpfe verloren wurde. Tja, ohne die Probleme wäre mein Ziel erreicht worden. Alles „wenn und aber“ nützt jedoch nichts und so bleibt es mir allen Mitfahrern zu gratulieren, dem Veranstalter und seinen Helfern zu danken!!!

Die Ergebnisse, Bilder und viele weitere Kommentare sind auf der Homepage der Veranstalter zu finden, www.erbeskopfmarathon.de

Und zum guten Schluß das Profil der Qualen:
Höllenprofil

Mischiflix Sicht der Dinge:

Nun ja, eigentlich sollte hier jetzt schon der Bericht von mir stehen, nur kam mir gestern Abend beim schreiben noch ein Telefonat dazwischen, das machte, dass ich nicht mehr zum Verfassen des selbigen kam.
Aber egal.

Bei mir sah alles ein wenig anders aus, ich schaffte es zwar ebenfalls nicht ganz rechtzeitig aus dem Bett, aber doch noch rechtzeitig genug um Punkt 0645 vor meiner Tür auf der Straße zu stehen und mir immer wieder die Frage zu stellen was ich mir dabei nur gedacht habe. Pünktlich kam Theresia ums Eck und wir waren schon auf der Fahrt in Richtung Westen.

Wie Tobias schon schrieb, erreichten wir ca. 5 Minuten vor dem Start den Ort des Geschehens und ich war froh, dass meine Startnummer schon für mich bereit lag. Die kam also ans Rad und schon ging´s los (Übrigens sogar mit Namen bedruckt). Auf zur Startaufstellung, schnell noch mal den Angstschweiß in die Ecke gestellt und dann ging es wirklich los, sollte es zumindest.

Nachdem ich die Woche nicht mit verbracht habe, sondern damit mein Rad wieder halbwegs fahrbereit zu bekommen war mir ein kleines, aber doch nicht unwesentliches Malöhr unterlaufen. An meiner Eno, welcher ich gerade eine neue Felge rangespeicht habe, war ein Gewinde futsch und ich hatte keine passende Schraube zur Hand. Somit kam es, dass sofort beim Start, also beim ersten Antritt, mein Hinterrad so schief im Rahmen hin, dass es so stark am Rahmen schliff, dass es einfach nicht mehr zu fahren war. Also einfach alle fahren lassen und schrauben, lange schrauben. Gefühlte 30 Minuten verbrachte ich damit mein Rad wieder flott zu bekommen, irgendwann besann ich mich darauf ja irgendwann mal Injähnöhr werden zu wollen und bekam das Problem in den Griff. Nach diesen wohl doch eher 15 Minuten Rückstand machte ich mich auf die Strecke, allein, ganz allein. Oft überlegte ich noch für 65km zu melden, dann aber sagte ich mir: „Du stehst ja nicht in dieser Frühe auf um dann so eine Lullerunde zu fahren…“. Also hinterher.

Bei der ersten Verpflegung traf ich auch schon auf vereinzelte Biker und dachte nur, wenn ihr jetzt schon so weit hinten seid, was dann erst später? Nun ja, das war auch nur ein kurzer Geistesblitz, eigentlich dachte ich nur daran bald ins Ziel zu kommen, eine zu Rauchen und ein schön kühles Weitenbier zu mir zu nehmen, natürlich mit Alkohol. Der Gedanke trieb mich also die Rampen, die wirklich fiesen Rampen hoch. Die Abfahrten waren allesamt supergenial, ich freute mich jedes mal wieder eine Federgabel zu haben und flog an den Anderen vorbei, immer nur „rechts, links, links, rechts“ usw. rufend, herrlich.

Ob meine Idee, die Woche noch meinen Freilauf zu wechseln so glänzend war, das war mir nicht wirklich klar, schließlich ging es nun statt wie gewohnt mit 18 Zähnen nur mit 16 den Berg hoch. Bei gefühlten 110 km (dürfte auch so bei km 70 gewesen sein) bekam ich dann auch Anflüge von Krämpfen, konnte diese aber durch stetiges Beißen wieder aus meine Beinen verscheuchen. Irgendwann verfuhr ich mich dann auch noch, schön, grade Leute überholt, jetzt wieder alles von vorne. Naja, irgendwie kam wieder an einigen vorbei, manch einer schaute leicht verwundert auf mein Schaltwerk und erklärte mich für völlig bescheuert (und das sagt Einer, der über 3000hm fährt zu einem Anderen).

Kurz vor dem schon lange gefühlten Ende der Runde (Ich habe runtergefallene Powergels gesammelt und eingeworfen) kam dann noch die geschilderte Verpflegung, ab der noch mal 13km zurückzulegen waren, alles lief mittlerweile von alleine, der Kopf war leer, genau wie der Rest von mir.

Auch auf dem letzten Stück glänzten die Veranstalter ein mal mehr mit besonderer Härte, gleich nach der letzten Verpflegung an der die 65er wieder von den 110ern getrennt wurden stand ein Schild am Rand, dass noch mal 110hm am Stück auswies. Oben angekommen ging es aber nicht irgendwie nur noch runter ins Ziel, nein, zahlreiche Wellen zogen das allerletzte Stückchen Leben aus dem Körper.
Als ich dann, nach noch einem Platten, irgendwann nach 7h15min im Ziel war holte ich mir meine Belohnung, eine Zigarette und nach dem Duschen dann das verdiente Bier.

Alles in Allem kann ich sagen, dass Spektakel am Erbeskopf war mein härtester Wettkampf, an den ich mich erinnern kann, alles andere mit solchen Höhenmetern war freiwilliger Natur.

Danke an die Veranstalter, dafür das sie das Ding so super fies und trotzdem singlespeedtauglich gemacht haben (ich glaube jedoch, ohne zu planen, dass dich jemand das geben wird, zumindest nach deren Reaktionen im Ziel), Danke an alle unterwegs, die das Ganze auch eher als Herausforderung, als al Wettkampf gesehen haben und unterwegs für einen kleinen Schnack zu haben waren, Danke Eule, dass Du mich überredet hast mir das anzutun und an Theresia die mich mitgenommen hat.
Dieses Wochenende geht´s gleich weiter…

darkdesigner

7 Kommentare

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  • Hoi T°bi,

    fetter Respäkt für die Leistung! Solche Hitzeschlachten im Mittelgebirge sind schon was goiles … 😉

    greez
    tom

  • Hallo Mischiflix,

    wenn ich das alles richtig verstanden habe warst du der Singlespeedler der mir noch kurz vor Schluss seinen letzten Riegel gegeben hat. An dieser Stelle vielen Dank. Ohne dich wäre ich wahrscheinlich jetzt noch nicht im Ziel.

    Gruß,
    Tobias

  • Krasse Veranstaltung! Danke für eure eindrucksvollen Berichte. Eule – glaube mir, auch ich bin momentan, durch die vollendete Verausgabung in den Alpen, eines jeden Ehrgeizes beraubt und würde so gern Hamburg als schönes Erlebnis planen. Doch die Karten liegen anders und so muss man tun, was man tun muss, denn sonst hätte man es nie getan (frei nach Staubi)… menis

  • Tobi, reife Leistung!! Ohne Krämpfe, Pannen und der ganze Scheiß der so passiert, wäre doch so ein Matathon gähnend langweilig. Oder? Jetzt ist sogar ein Trail nach dir benannt…das hat von uns noch keiner geschafft.
    Beste Grüße an die Mädels

    OnkelW

  • Hallo Mischiflix…
    …Ohne dich wäre ich wahrscheinlich jetzt noch nicht im Ziel.

    Na dann um so besser, in den Wäldern am Erbeskopf zu hausen ist ja auch nicht jedermanns Sache.
    Schön, dass du noch gut durch gekommen bist.
    Gruß zurück

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