Gutingi im Jahre 6

Widerstrebend fiel ich nach hartem Kampf gegen 400 an einem Sundach morgen aus dem Bette. Ein Blick zum Himmel zeigte sternenklaren Nachthimmel, der vergangene Tag war warm und sonnig, wieso sollts in Gutingi anders sein? Oder anders gesagt, Waldhessen – die Wetterscheide.

Tja, also, das war so.
Am Tag des großen Rennens:
Morgens, steh ich auf und sehe, dass sich in Wetterdingen doch einiges getan hat.
Endlich mal wieder eine Herausforderung. Nicht immer nur diese langweilige stupide Schönwetterdadellei! Neeee, Kerle waren gefragt,woraufhin Onkel kurz davor war, sich nachzumelden( Gab dann aber der Vernunft nach).
Voller Todesverachtung schaute ich meine in der Ecke liegenden Neoprenüberschuhe an. Paaahhh, ihr seid was für den Winter!
Ich zog Weste und Jacke über das von Onkel großzügig zur Verfügung gestellte Trikot und fing sofort an zu schwitzen. Tja, ein durchtrainierter Körper arbeitet halt immer und hat einen viel höheren Brennwert.
Voller heroischer Vorahnung schnappte ich mir mein gerade noch zugelassenen 6,5 Kilo Renner und schaute vor die Tür.
Reckte mich und prompt gab das S-Trikot meinen Bauch frei! Der, auch schon wach, bedankte sich ob der wieder gewonnen Freiheit und verbannte den Rest des Trikots unter den Brustansatz.
Na, Toll dachte ich mir, als ich feststellen musste, dass wegen dieser unschönen Wahrheit auch der Renner um Kilos schwerer wurde.
Einen Fluch auf die bekloppten Physiker ausstossend ( Irgendwer mußte ja für die Gravitationskraft ja verantwortlich sein ), machte ich mich auf den Weg zur Arena. Hier traf ich andere Gladiatoren und knüpfte schon mal Schicksalsgemeinschaften, die sich erstaunlicherweise bei einem Teilnehmerfeld von ca.1400 Leuten wirklich noch finden sollten.
Oben auf dem Olymp ( von dem wir auch gleich wieder heruntergestürzt werden sollten) angekommen ( Start des Feldes:Zietenterassen auf dem Lohberg ), traf ich auf unseren Guru, der sich zusammen mit Tobias den Wanst vollschlug.
Gemeinsam beteten wir noch mal zum Kniegott, dass der fehlende Meniskus unseren DD nicht beeinträchtigen sollte und dann waren es noch 20 Min. Didi schrie, meine Blase auch. Also noch nen Kaffee. Immer gut, mal was gegen die Vernunft zu tun, sagte ich mir. Denn dieses Motto half mir auch in der langen und einsamen Zeit der Vorbereitung auf das Rennen. Im Gegensatz zum Gros der Athleten, legte ich meine Trainingszeit mal ganz anders. Gleich nach der Abgabe der schriftlichen Dipl. fing ich an. Als ich also vor drei Wochen, dass erste Mal wieder auf dem bike hockte, fuhr ich entgegen der Anweisungen unsereres Coaches nur die Ultra-Kurzstrecke, so um die 40 KM. Wie clever dies doch war, sollte ich noch früh genug merken. Nach 2 wochen Training hing ich eine kurze Woche Regeneration dran ( der ambitionierte Leser erkennt vielleicht die Raffiniertheit dieses ausgeklügelten Trainingssystems, welches unter dem Namen: only the fat, die young; in die Annalen der Renngeschichte eingehen sollte.
Eine Massage war diesmal leider nicht drin, da der Moderator schon den 10 min. countdown eingeläutet hatte( Übrigens auch das gute Wetter, welches sich aber dann doch noch ein paar Stunden Auszeit nahm). Ich grinste noch einmal in die Runde, denn aufgrund der tollen Form, wurde ich in den ersten Startblock gestellt.
Ein “bis gleich” zum einzigen weiteren -Starter zurufend, orientierte ich mich nach vorn, wo der Rest des heimischen Vereins wartete. Alles aufrechte Recken, zum Kampf bereit. Ich stellte mich neben Thorsten und Janina, welche dem Startschuß sichtlich entgegenfieberten.

Dann peitschte der Startschuss. Ein raunen ging durch die Meute , Füße scharrten. Eine Salve von Klickpedallen katapultierte ihre Besitzer in festen Stand. Der Geruch von Aufwärmöl zog in einer Wolke über das Schlachtfeld. Und … wie in Zeitlupe setzte sich das Feld in Bewegung. Die ersten Opfer waren bei den Hochmotivierten zu beklagen, die nicht mehr aus ihren Pedalen kamen und nur wegen der Enge des Feldes nicht umfielen. Dann ging es den Berg runter, Richtung Zeitnahme. Glücklicherweise, hatte die rennleitung ein paar Teilnehmern vorher eine exrta Bannane versprochen damit sie schon jetzt wie bekloppt losheizten und damit ein wenig Adrenalin auf die nasse und schmierige Strasse brachten ( Anfang der Zeitnahme: Immernoch 3,4 KM entfernt).
Und dann ging es los. Kurz vor der Stadtgrenze zog Thorsten entspannt pedalierent mit einem Grinsen an mir vorbei. Wohl wissend, dass die kleine Dampflock jetzt schon keine Kohle mehr zur verfügung hatte.
Janina leistete mir Gesellschaft und so flogen die ersten km dahin. Glücklicherweise, zahlte es sich jetzt aus, dass Jacke und Überschuhe im Warmen geblieben waren, denn sonst wären sie jetzt völlig durchnässt worden. Jaha, mitdenken ist angesagt.
Die ersten 30 km liefen echt gut. Ich befolgte die Anweisung unseres coaches: Hey, und für dich Moppel, wenn du es schaffst, krall dir nen Hinterrad und gib es nicht mehr her.
dann kam der Anstieg in Hemmeln und der Kessel der kleinen tapferen Lok platzte. Endlich zahlte sich die lange antrengende Vorbereitung aus. Ganze Pulks von Fahrern ließen mich hinter sich. Die erste Flasche war genauso leer, wie meine Muskeln. Eine wabbelige gallertartige Masse bemächtigte sich nicht nur meines Hirns. Der Anstieg wollte kein Ende nehmen. Glücklicherweise fuhr die ganze Zeit ein Mottorad der Grünen (jetzt Blauen) neben mir her und ich glaubte für einen Moment ein Funken Mitleid in einem Auge des Fahrers zu erhaschen, doch dann sah ich nur noch ein “Gott, was für Idioten” in seinen Augen.

Zweiter Teil folgt. Muß mit coach mein weiteren Werdegang beim Geschäftskaffee besprechen.

Kreuzpeilung ist noch lange nicht am Ende. Weiter auf Seite 3:

darkdesigner

13 Kommentare

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

  • Vorweg: Nicht Onkel kennt jeden Dritten.
    Jeder Zweite kennt Onkel. Jeder dritte versucht sich nur anzubiedern, um von der Trainereigenschaft ein wenig abzusaugen, was den Onkel gerade körperlich, Wie du ja so treffend „abgemagerter Jurastudent“ erkannt hast.

    Hinterher: Ich bin geplatzt! Aber nicht erst am Hohen Hagen.

  • Tobias, das ist einer der besten Berichte seit langem!
    Es war etwas komisch, diesmal selbst nur Zuschauer zu sein, zumal bei meinem Heimrennen, aber ich habe mich wirklich ein wenig an Eurer Euphorie angesteckt!

    Respekt auch für Jan, der trotz mangelnder Vorbereitung im ESK-Trikot über die Berge flog.

    Das Wetter wurde in Göttingen wieder schön, als die Profis kamen (Petacchi zum 5. Mal Sieger).

    Es ist schade, dass ich nicht mehr Eisenschweine motivieren konnte, hier im Herzen Deutschlands mal die Fahne hoch zu halten. Eule weiß ja nun, wie ausgezeichnet man sich hier um die Athleten kümmert. Und teuer ist es auch nicht.

    Ich habe auch ein paar Fotos gemacht, habe die aber heute nicht dabei.

  • Sehr schön – gartuliere allen „Finishern“…! Ja, ein wenig bereue ich, dass Göttingen an mnir vorbei gezogen ist. Gern hätte auch ich mein ESK-Hemdchen der weiten Welt präsentiert. Nun, vielleicht kommt es in einem der folgenden Jahren dazu. DD – dein Bericht klingt jedenfalls derartig klasse, dass mir zumindest emotional ein wenig über das verpasste Großereignis hinweg geholfen wurde. Bin gespannt auf die Ergebnisse und rechne fest mit Eule unter den TopTen. Bis bald – und viel Glück mit dem Henninger Turm… menis

  • Oh mann – „…der Kessel der kleinen tapferen Lok platzt!“. Ich lache mich tot. Alles schaut her und fürchtet, der Wahnsinn hätte sich meiner bemächtigt. Onkel bitte mach weiter und grüße den Onkel recht herzlich von mir, wenn du ihn siehst… menis

  • Platzierungen:

    429 899 Springer Tobias AK 30 m 02:33:14.246 00:32:30

    573 204 Liebertz Jan AK 40 m 02:39:25.001 00:38:41

  • @onkel: Ist das Dein Fahrrad? ->
    426 1389 Handkammer Janina AK 30 w RSC Göttingen 02:33:06.803 00:32:23

    Wenn ja, habe ich um 8sec gegen Dein Fahrrad verloren, aber gegen hübsche Mädchen tue ich das gerne 😉

  • großartige geschichten, und die berichterstattung von kreuzpeilung verdient dabei sogar noch das prädikat „besonders wertvoll“. es hat wirklich irrsinnig spass gemacht, eure texte zu lesen.

    vorhin habe ich mit ddeule telefoniert und seine echtzeit-kommentation des letzten kilometers war wirklich beeidruckend.

    ganz große klasse, jungs!

  • Eule, sie war es. Das ist genetisch, die Onkelmaschine verleiht Flügel…

    @ Kreuzweise: Geiler, sehr geiler Bericht! alte Dampflock!

  • Respekt und Gratulation, Ihr alten Drücker. Mit ohne Knie ist DD ja noch schneller, da mache ich mir in Hinsicht auf Frankfurt jetzt schon in die Büchs‘.
    Wie Menis finde ich auch, daß man sich nach derlei hervorragenden Berichten einfach ärgern muß, nicht mitgefahren zu sein. Große Klasse…

  • Jaaa, und jetzt mal im Ernst. Onkel und Ich haben auch gerade festgestellt, dass ihr auch wirklich was hättet reißen können.
    Wer bei den HEW unter die top ten fährt, fährt hier mindestens aufs Treppchen UND in so ner dörflichen Idylle vergisst man nicht so leicht.
    Ihr würdet zu jeder Kirmes als Ehrengast eingeladen worden und dürftet so viele Würtschen essen und Bier trinken wie ihr wollt.
    Und außerdem mit der Wein,- Bier,- Hopfen…… und so weiter Königin …
    na lassen wir das .
    Wir freuen uns auf nächstes Jahr und auf Platzierungen von 1- 20.
    Das wär nen Ding.
    Udn dann und dann
    Die WELTHERRSCHAFT … gurgel … sabber

  • So Ihr Säcke, ich habe mir mal erlaubt, Euren Salat (zugegeben einen sehr leckeren) ein wenig zu ordnen. Kreuzpeilungs fulminantes Erstlingswerk erfuhr hierbei die Aufnahme in den eigentlichen Nachrichtenblock und onkels „Aber ich bin doch der echte onkel!“-Gestammel wurde rigeros entfernt (…macht ja nun auch keinen Sinn mehr.
    Abschließend noch meine vorbehaltlose Anerkennung Eurer Leistung. Meine spezielle Hochachtung gilt hierbei vor allem der literarischen Nachbereitung. Wenn mein Lieblingswestonkel nun noch die zweifellos vorhandenen Bilder von seiner Speicherkarte lösen würde, könnte man den Beitrag auch noch fein bebildern. Immer daran denken: Nicht jeder kann lesen! Rütli ist überall und wir wollen doch niemanden ausgrenzen.

Archiv

Archive

Folgt uns auf