Einsichten in der Uckermark

Tag 3, :

Der Sonntagmorgen begann etwas zäh. Erstens war es beim extrem stumpfsinnigen US-Remake des Filmklassikers „Der Schakal“ später geworden, als für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit gut ist (warum ich mir diese Gülle angetan habe, ist mir jetzt noch nicht klar) und zweitens herrschte gegen 09:00 Rentneralarm im Frühstücksraum. Ca. 50 aufgekratzte Alte versuchten, einen Fensterplatz zu ergattern und diesen, komme was da , für mindestens eine Stunde zu halten. Also kurz und gut, ich frühstückte also erst gegen 10:30. Geschmeckt hat es so, wie es in solchen Hotels wohl üblich ist. Der anfallende Müll sorgt für mindestens zwei dauerhaft Beschäftigte bei der örtlichen Müllabfuhr.

Gegen 11:00 war ich nun endlich startklar. Die Beine etwas schwer von den vorangegangenen Strapazen, den Kopf auch noch nicht ganz klar, versuchte ich, die Strecke für den heutigen Tag zu durchdenken. Irgendwie gelang mir das nicht, was aber auch kein Problem darstellte, da ich die Gegend gut kenne und wusste, dass ich schon irgendwie nach Hause kommen würde. Und in Richtung zu Hause sollte es gehen. Ich war mir nur nicht klar, ob ich bereits in Fürstenberg den Zug entern würde, oder ob ich bis Oranienburg durchfahren solle.
Für Fürstenberg sprachen sich meine Beine aus (…aber was haben die schon zu sagen?), für Oranienburg sprach, dass ich durch einen kleinen Haken bei Schwiegeromi aufschlagen konnte und dort neben der Nahrungsaufnahme auch meine liebe Familie treffen könnte. Hierzu musste ich aber spätestens 15:30 dort gewesen sein, da für 16:00 Erntedank angesagt war.

Solcherart gedankenschwer fuhr ich erst mal los. Am schmalen Luzin nach Carwitz und weiter am Dreetz- und Krüselinsee entlang in Richtung Aalkasten. Hier war wieder eine Forschungsaufgabe zu lösen und so deckte ich mal wieder einen Kartenfehler auf. Nach dem Motto „Vorwärts immer, Rückwärts nimmer!“ gelangte ich durch dichtes Unterholz wieder auf den rechten Weg und ballerte weiter gegen Fürstenberg. Der ein oder andere bekannte Pfad wurde in die Streckenführung integriert, es sollte schließlich nicht heißen, ich drücke mich vor irgendwas.

Kurz vor Fürstenberg gewahrte ich ein Schild am Wegesrand, welches mir bis dato unbekannt war: „Waldweg für Angler“ stand darauf geschrieben. Aha dachte ich, hier müssen ja Mörderfanggründe liegen, wenn es den armen Anglern nicht zuzumuten ist, die ca. 300m bis zum Gewässer auf Schusters Rappen zurückzulegen. Vielleicht werden ja bald auch Verladekräne bereitgestellt und ein Hostessenservice schleppt den Petrijüngern die obligatorischen Klappstühlchen herbei.

In Fürstenberg wusste ich schon, dass ich auf alle Fälle weiter fahren werde. Zwar ging es an den Anstiegen etwas zäh, aber diese würden ja in Richtung Süden eher weniger werden.
Da die Zeit drängte, beschloss ich keine Experimente mehr zu machen und auf mir bereits bekannten Wegen und Stegen weiter zu rollen. Durch Altglobsow, ein weiteres Buchholz, am Polzower Wachthaus vorbei ging es durch Großwoltersdorf und etliche kleine Dörfchen nach Süden zu. Meine Kräfte mehrten sich auch nicht nachdem ich mir den en oder andren Riegel runtergewürgt hatte (…ich hasse diese klebrigen Viecher) aber was blieb mir übrig?

Ach ja, hatte ich erwähnt, dass es die Nacht über geregnet hatte und Wege und Stege wenn schon nicht in reißende Sturzbäche, so doch zumindest in zäh klebrigen Matsch verwandelt waren? Der geneigte Leser wird wissen, was er mit dieser Information verbinden kann. Richtig, aufhören zu treten hieß in der Regel auch aufhören sich fortzubewegen.
Solcherart entflügelt kämpfte ich verbissen gegen die Uhr (…mein Schweinehund musste mangels Alternativen sowieso mit) und erreichte Schwiegeromis Hof pünktlich 15:15. Offensichtlich hatte man mit mir gerechnet, denn es war noch eine Portion vom Mittagessen vorhanden, welche nun flugs aufgewärmt und mir kredenzt wurde: Hühnerkeulchen mit Gartenkartoffeln und lecker Gemüse. Das tat gut und so konnten mich die verbleibenden 17km nach O-burg auch nicht mehr schrecken.

In Sachsenhausen wurde noch mal schnell der Meisterfahrer Adolf Huschke gegrüßt, welchem hier einst ein Gedenkstein von seinen Radsportkameraden gestiftet wurde, da er an just dieser Stelle, 1925, 25-jährig beim Radrennen „Rund um “ seinen letzten Seufzer tat.
5 Minuten später saß ich in der S-Bahn, welche mich zuverlässig wie immer nach Hause schaukelte. Schön war's.

Zusammenfassung 3. Tag:

Strecke ~115km bei ~700Hm

Feldberg – Carwitz – Krüseliner Mühle – Aalkasten – Neuhaus/Mückenfang – Marienheim – Rutenberg – Neuthymen – Fürstenberg – Altglobsow – Buchholz – Polzower Wachthaus – Groß Woltersdorf – Wolfsruh – Rauschendorf – Schönermark – Baumgarten – Glambeck –Linde– Teschendorf – Neuhof – Tiergartensiedlung – Oranienburg
Die gennanten Orte wurden teilweise nur tangiert, sind aber der besseren Nachvollziehbarkeit mit erwähnt.

PS: Für Interessierte, DAS Top50 Overlay

9 Kommentare

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  • Hallo Jockel, wieder mal ein bericht alter Schule. Fehlt nur noch das Overlay, das dereinst stets Bestandteil Deiner Rapporte war. Mir hat es derweil die Flasche angetan. leider war im Netz nicht so viel zu finden. Das Wenige will ich mit Dir teilen: www.klausehm.de/Pag9683.html

  • Danke onkel, Du Großmeister der Recherche. Ich werde wohl noch einige Links in meinen Beitrag einfügen, schließlich geht es dem ESK stets auch um Aufklärung.
    Das Overlay ist schon erstellt und kommt mit dem dritten Kapitel.

  • Danke Jockel,

    die Tour macht Laune auch mal wieder entschlossen neue Ziele anzugehen. Mein Auftritt in der Tschechei war unterirdisch, begebe mich jetzt erst mal ins Aufbautraining. Bin sehr gespannt auf den dritten Tag Deiner Reise!

  • Gott, was warst Du fleißig, Joschka! Die Idee mit den links fand ich sehr charmant und Deine Fotos waren großartig. Nachgerade anrührend die Stelle mit „dem letzten Flug der JaSta Wespe“.

  • jockel, angesichts deiner vielen, hoechst lesbaren zeilen ueber einsichten und aussichten in und auf die uckermark und angrenzende gebiete, bin ich schon laengst nicht mehr traurig, dass du nicht mit nach thueringen gekommen bist. ich denke, in den uckermaerkischen gefilden hast du auch eher deinen frieden gefunden. dies lassen jedoch deine niederschriften vermuten. danke fuer die ausfuerlichen, gedankenfluchtverhelfenden worte ueber deine drei tage. wirklich sehr schoene erzaehlungen und tolle inspirationen fuer zukuenfltiche grossereignisse des es-kaderradsports.
    wie war der pina colada?

    rob

  • jockel,
    ein wahrer Charakter mit eremitischer Größe. Warum in die allzu weite Ferne schweifen, wenn Zuckersand auch um B/B herum zu finden ist.
    Sehr schöner Bericht über Deine Klausurtage…
    D.

  • Gibt es eigentlich eine Beschwerdestelle, um dem Zuasphaltieren von Wegen auch mal entgegen zu wirken?

    Nein. Ausgerechnet der ADFC (diese Arschgeigen) redet dem Asphalt das Wort. Wenn man sich die übliche Klientel dieses Haufens ansieht, wird auch klar warum. Hier gibt es zum Thema eine schöne Stellungsnahme: adfc.de/32_1. Wer sollte da noch dagegen sein?
    In Berlin/Brandenburg steht tatsächlich dieser grüne Misthaufen hinter vielen Asphaltprojekten. Aus diesem Grund war ich in Gedanken schon öfter dabei, die Filiale in der Brunnestraße anzuzünden 😉

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