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Berge Zug Pazifik Zug Berge Pazifik Berge Pazifik oder: von Bolivien nach Ecuador

Es ist nichtmal ein Monat vergangen, seit ich Tarija in Bolivien verlassen habe, aber es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit.

„…nur fuer Eisenbahn-Masochisten!“, schreibt der Reisefuehrer zu der Zugfahrt vom 3700m hoch gelegenen Uyuni ueber die Anden ins 3600m hoch gelegene Calama. Und da mir Landschaft dort von dem Trip vor drei Jahren noch so atemberaubend in Erinnerung geblieben war, lag es doch nahe die Zug einmal auszuprobieren. Nur so einfach war das nicht. Montagnacht um 03:30 sollte der Zug abfahren. Nach einigen Stunden oeffnete der Ticketschalter doch noch uebrraschend und ich konnte mir um 23:30 schonmal ein Plaetzchen sicher. Letzeres war aber garnicht noetig, denn neben mir fuhren nurnoch fuenf weitere Personen mit!

Mitten in der Nacht, es war schon empfindlich kalt, fuhr der Zug also ab. Er bestand aus zwei dutzend Gueterwaggons denen am Ende ein Personenwagen angehangen war. Der Sternenhimmel bei der Abfahrt war ueberwaeltigend – ebenso wie die Kaelte. Ich holte meinen Schlafsack heraus, machte mich lang und beobachtete die von der schmalen Mondsichel angeleuchteten Berge und Ebenen. Irgendwann ging dann auch die Sonne auf. Im Zug war es unglaublich kalt, nur meine Nasenbspitze, schon halb abgefrohren, schaute aus dem Schlafsack. Nun konnte man aber die ganze Schoenheit dieser einmaligen Landschaft in sich aufsaugen. Der Zug tuckelte und ruckelte an 6000m hohen Vulkanen vorbei, ueber Salzpfannen und vorbei an salzigen Seen.

Am Vormittag des 24.7.(?) erreichte der Zug die bolivianische Grenzstation, wo man sich in der Sonne bei einem Teechen aufwaermen konnte – laaange aufwaermen konnte. Denn der Zug stand geschlagene 6 (sechs) Stunden an der Grenze. Was sie dort machten war mir nicht schluessig. Alle paar Stunden rangierte die Lok etwas hin und her und dann konnte man sich wieder mit den Lokfuehrern unterhalten. Das bringt immer wieder interessante Neuigkeiten: Der Motor der Lokomotive ist aus deutscher Produktion und verbaucht nur einen Bruchteil der amerikanischen, aber immerhin trotzdem 600Liter fuer die 180km zur Grenze. Und Pinochet war doch nen toller Mann, der hat Chile nach vorne gebracht. So einen braeuchte Bolivien auch. Oder besser gleich einen Hitler. Na ich hab sie versucht davon zu ueberzeugen, dass das vielleicht nicht beste Alternative waere, aber geglaubt haben sie mir nicht.

Irgendwann ging es dann auch weiter und zwar genau zwei Kilometer zur chilenischen Grenzstation. Dort gab es die ueblichen, penetranten Gepaeckkontrollen und nach einer weiteren Stunde nahm der Zug wieder volle Fahrt auf – volle Fahrt, das waeren vielleicht ein oder zwei km/h mehr als Schrittgeschwindigkeit. Es ging ja immernoch leicht bergauf. Wir passierten weitere Salzseen, ueberquerten weite leicht ansteigende Ebene. Die Eisamkeit, Kargheit und Weite dieser Landschaft ist atemberaubend. Am Abend, es war schon wieder dunkel, passierten wir die hoechste Stelle dieser Bahnstrecke im oertchen Ascotán: 3965m! Danach ging es nurnoch bergab nach Calama. Die Fahrt zog sich noch ewig hin und gegen 22:30 erreichte der Zug den Endort.

Dort hatte ich keine Lust zu bleiben und weil ich eh wenig Zeit hatte schnappte ich den ersten Bus der mir begegnete der gen Norden fuhr. Es ging also wiedereinmal nach Iqiuque, die zollfreie Zone im Norden Chiles (der aufmerksame Leser wird sich erinnern). Ich ergatterte den letzten Platz in der letzten Reihe des Busses und hatte richtig Glueck: neben mir am Fenster und unglauuuublich dicker Mann der etwa die Haelfte meines Platzes mit beanspruchte, auf der Nachbarbank der letzten Reihe eine schwer betrunkene und uebelriechende, penetrante Frau, vor ihr zwei Argentinier die die halbe nacht Dosenbier soffen und sich lautstark unterhielten und mein Vordermann quetschte mir mit seinem zurueckgestellten Sitz die Knie – und das alles nach der anstrengenden Zugfahrt!

Doch ich erreichte Iquique und nach einer Tortour mit meinem Bike und dem bleischweren Rucksack auf dem Ruecken fand ich sogar ein feines kleines Hostalchen. Ich blieb noch den vollen Tag und eine Nacht dort. Die Stadt ist recht ausergewoehnlich fuer Siedamerika, hat man dort doch sehr fruehzeitig erkannt, dass die gaenzlich eigene Architektur erhaltenswert ist. Die Innenstadt und besonders die Fussgaengerzone ist umsaeumt von hoelzernen Haeuschen deren baustil einem Mix aus Fischerstadt und Wildwest gleicht. Und da es dort nur ca. 1mm Niederschlag pro Jahr gibt koennen sie sich Gehsteige aus Holz leisten! Echt schoen – im Gegensatz zu den slumaehnlichen Holzbarackensiedlungen in der Naehe des Hafens. Am Morgen des naechsten Tages bin ich dann mit dem Bus nach Arica gefahren. Von dort wollte ich mit dem Zug weiter nach Peru rein. Dieser braucht nur eineinhalbstunden, fuhr aber erst um 19:00. Ich hatte also noch ewas Zeit zum totschlagen. Also den Rucksack am Bahnhof gelassen und mit dem rad die Stadt unsicher gemacht. Ich bin dann auch hoch in die Berge, die sogleich aus dem Pazifik aufsteigen. Der Blick von dort auf die Stadt und das trockene Umland der Atamaca-Wueste waren toll.

Am Abend ging es dann in einem ruetteligen Waggon hinueber nach Tacna, die suedlichste Stadt Peru's und von dort direkt weiter mit einem Nachtbus nach Arequipa. Mein Fahrrad wurde da zum ersten Mal aufs Dach des Busses geschmissen. Es sieht mittlerweile recht beuntzt aus, voller Schrammen und Kratzer.
In Arequipa, der „weissen Stadt“ mit einer der schoensten Plaza's Peru's, blieb ich ganze drei Tage. Einen Tag machte in einen Anbstecher zum Cañon de Colca, dem zweittiefsten Cañon der Welt. Ueber die Radtour hatte ich schon einen kleinen Bericht verfasst.
Am 30.7. ging es dann auf die lange Reise vom Sueden Peru's in den Sueden Ecuador's. Erst einen Bus ueber Nacht von Arequipa nach Lima, dann einen Bus ueber Nacht von Lima nach Piura und am Morgen des 1.8. direkt von Piura weiter ueber die Grenze hinein nach Ecuador und ueber Macará und Cariamanga nach Amaluza.

In dem superkleinen Staedtchen Amaluza sollte das anderthalbwoechige Gelaendepraktikum von der Uni stattfinden, zu dem ich mich angemeldet hatte. Doch bevor die anderen eintrafen und es losgehen konnte, musste ich zum Gledholen erstmla nach Loja, in die naechstgrosse Stadt fahren, was einen weiteren Vustag bedeutete: 6 Stunden hin, 6 zurueck. Als ich dann am Abend wieder in Amaluza ankam, waren die anderen schon alle da. Ich war ja der einzigste, der alleine kam, den die anderen 15 waren vorher schon auf der Ecuador-Exkursionen mitm Schroeder. Es war ein echt komischer Moment, die Leute aus nun dort, in einem winzigen Kaff in den Bergen Suedecuador's zu treffen. Aber witzig war's auch.

Am folgenden Tag war noch der letzte Exkurionstag der Gruppe, welcher aber nur aus einer sehr verlustreichen Bergbesteigung bestand. Wir wollten einen 1400hm weiter oben in den Bergen gelegenen Karsee, Zeuge der periglazialen Verhlaeltnisse, erreichen. Von den insgesamt 17 Leuten samt Prof kamen nur 7 oben an, der Rest musste den harten Bedingungen des Aufstieges Tribut zollen. Oben war extrem schlechtes Wetter, Nebel und ein Wind wie ich ihn noch nie erlebt habe – geschaetze 12 Windstaerken, also Orkanstaerke. Eigentlich sollte da oben auch jemand aus der Gruppe seine Diplomarbeit schreiben und dafuer einen Monat dort Zelten und kartieren – das musste dann wohl abgesagt werden. In den naechsten anderthalb Wochen waren wir dann mit dem praktikum beschaeftigt. Das bestand aus drei Teilen: der netten 24-Stunden-Klimamessung im Gelaende, Flaechennutzungskartierungen und Bodenkartierungen. Fuer letzteres mussten je Zweiergruppe vier Boeden ausgehoben und per
KA 5 aufgenommen werden. Tagelange Arbeit in knalliger Tropensonne. Aber die Zeit war verdammt gut. Tagsueber gearbeitet, abends mit der Gruppe gegessen, aufm Dach des Hotels gechillt etc. Und der Prof war auch immer mit dabei. Echt ne lockere Sache. Nur der Ort Amaluza ging uns zusehends auf die Ketten. Da war nichts los und die Einheimischen waren in diesem weit abgelegenen Oertchen allesamt komisch drauf. Deshalb beschloss ein teil der Gruppe nach dem Praktikum so schnell wie moeglich abzuhauen – und zwar am besten weit in den Norden Ecuadors an die Kueste. Dort ist das Wetter besser als an der nebligen Suedkueste und das wasser waermer weil der kalte Humboldt-Strom nicht mehr wirkt.

Vier von der Gruppe blieben in Amaluza, zwei sind weiter nach Peru, zwei sind schon vorher weg und der Schroeder ist schon einen tag frueher gefahren. So waren wir noch zu siebt, als wir in den Bus nach Loja gestiegen sind. Dort kamen wir am Abend, haben uns die Tickets fuer den Nachtbus nach Santo Domingo gekauft und sind in die Stadt zum Essen. Wir fanden ein nettes restaurant und machten uns dort breit. Nach dem Essen sassen wir noch ne Weile rum und dann schaute ich mal kurz nach rechts auf den Boden und da sah ich – nichts. Weg war sie meine Tasche. Kurz zuvor sind zwei Typen durch Restaurant geschlichen und gleich wieder raus, die haben ein paar im Augenwinkel gesehen aber keiner hat sie beachtet. Auch nicht von den umliegenden Tischen. Und schon garkeiner hat gesehen wie sie meine Umhaengetasche geklaut haben. Und was war da alles schoenes drin: eine 30 Jahre alte Praktika an der ich sehr sehr gehangen habe obwohl der Belichtungsmesser kaputt war; zwei weitere Obejktive fuer die Kamera (nen saugutes 130er und 50er); mein Mp-3-Player, fast das wichtigste Teil meiner Reise (ohne USB-Aufladegeraet und somit fuer den Dieb wertlos); mein Reisetagebuch der gesamten Reise!!!; ein vollgeknipster Diafilm (u.a. mit dem Bildern von der Radtour am Cañon de Colca); das franzoesische Klappmesser das mir mein vater geschenkt hatte und ne Rolle Klopapier — worste case!!

Irgendwie hab ich das dann auch verdaut, obwohl ich es bis jetzt noch nicht fassen kann, dass die Tasche weg ist, die ich seit fast sechs Monaten jeden, wirklich jeden Tag um hatte!
Wir sind dann nach Santo Domingo gefahren. Dort nutzten wir den Aufenthalt um unsere Bodenproben per Packet nach Deutschland zu schicken. Das 23 kilo schwere Packet kostete knackige 252 Dollar! Apropos Dollar: der ist in Ecuador uebrigens offizielle Landeswaerung. Ein ganzschoen komische Sache hier mit Dollar zu bezahlen – und nervig! Von Santo Domingo ging es dann am Mittag nach Esmeraldas und von dort noch zwei Stunden nach Sueden nach Muisne. Und gleich ruff uff die gleichnamige Insel, welche der Stadt vorgelagertert ist. Ein Traum!

Diese Insel strahlt eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, es gibt keine Autos hier, sondern nur Fahrradrikschas. Sie Strassen und Straende sind gesaeumt von Palmen und Menschen sind unglaublich relaxt und freundlich. Das Wasser ist herrlich warm, der Strand ewig lang und breit, es eght flach hinein ins Meer und die Wellen ueberschlagen sich endlos. Der Strandsand ist so fein das es dafuer wohl keine Bezeichnung in der KA 5 mehr gibt. Obwohl es meist bewoelkt ist (was aber auch anz gut so ist, sonst wierde die Sonne ja brennen wie Hoelle) scheint es wie ein kleines Paradies. das einzig stoerende hat mich gleich am ersten Tag angefallen: kleine fiese Quallen, die, wenn die leben, bei Beruehrung brennen wie Hoelle! Mich hat eine an der Verse erwischt. Vier Stunden war der Schmerz kaum auszuhalten und ich bin nur rumgerannt wie bloed und noch am Abend hat es fett weh getan. Nach 10h ging der Schmerz dann zurueck. Zum Glueck gibt es nicht so viele von den Fiechern, sodass man sorglos baden kann.

Unser Hotelchen liegt abgelegen vom Ortskern direkt am Strand, ein altes Holzhaeuschen voll familiaer gefuehrt. Ueberall haengen Haengematten zum relaxen, am Strand kann man Ball spielen, lesen, na was man halt nicht so macht, wenn man nicht viel macht beim Strandurlaub. Selten hab ich so ausgiebig entspannt! Wir (Astrid, Ella, Juliane, Christian, Peter, Rainer und ich) werden es hier wohl noch so einige Tage aushalten. Dann geht es vielleicht nochmal in die Berge, mal sehen.
So ich glaub das war jetzt auch erstmal genug Information und Geschichte. Der Ball, der Strand, der Caipi, das Wasser oder mein Buch warten…

rb

8 Kommentare

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  • Erster! Rob immer wieder bin ich neidisch. Zutiefst neidisch! Abgrundtief neidisch!!
    Dennoch möchte ich ein weiteres Mal meiner Hochachtung, Deinen Texten gegenüber, zum Ausdruck bringen. Immer wieder ein Genuss, dass Geschriebsel zu lesen. Aus Dir wird noch ein echter Reiseliterat.

    Übrigens, 600l Verbrauch für 180km Fahrt eines Güterzuges mit 24 Waggons über die Anden. Das hört sich verdammt wenig an.

  • Hallo Fruchtsirup!
    Ein was für Vergnügen, Reports über mein motherland Loja zu finden. Machten Sie irgendwelche Photos von Amaluza oder von Loja während Sie Ihre searchings tuend?

  • Lieber Ropp,

    nach einigem Setzenlassen des aufgesogenen Lesestoffes scheint es mir, als bewegst Du Dich permanent im Zickzack durch den lateinamerikanischen Kontinent. „…Pazifik … Berge … Chile … Peru … Ecuador … Küste … Berge …“ Unglaublich. Du Scheinst Westindien wirklich in Dein Herz geschhlossen zu haben. Wie sieht denn jetzt noch die restliche Planung aus?

    Muchos saludos del Equipo de Cerdos de Hierro!

  • Oh wie fühlte ich mich gerade zurück versetzt in meine Reise durch Chile. In der Wüste von Atacama habe ich den unglaublichsten Sternenhimmel meines Lebens gesehen, wir mußten uns die Augen zu halten, da wir keine Wünsche mehr für die Abermillionen von Sternschnuppen hatten.
    Eine sehr schöne abenteuerliche Reise die du da erlebst !
    Paß gut auf dich auf.

    S.

  • jockel: danke fuer das lob 🙂 und 600l – naja, die lokfuehrer meinten ja selber, es waere wenig. und man muss anmerken, dass es ja nur gute 200hm hoch ging zum pass auf 3965. und das mit 5-30km/h…

    tonnet: fotos von amaluza habe ich natuerlich gemacht. aber die gehoeren jetzt jemand anderem, da diese auf dem unentwickelten diafilm waren, der auch geklaut wuerde 🙁 aber vlt fahre ich nochmal nach loja um die fotolaeden nach meiner praktika abzusuchen…

    acke: das zickzack war nicht so ausladend, da die berge ja direkt am pazifik liegen 😉 die naechsten plaene sind fuer heute: chillen, mangrovenwaldtour, baden gehen, bier, grillen, chillen, tischtennis, bier, chillen, ins bett gehen. und fuer die mir bleibenden dreieinhalb wochen: evtl ein bischen bergwandern, eine leichte gipfelbesteigung eines ueber 5000er, ein paar radtouren im norden, quito.

  • Zitat Rob: „evtl ein bischen bergwandern, eine leichte gipfelbesteigung eines ueber 5000er, ein paar radtouren im norden, quito“

    NEID!

  • hi rob, robson!

    schwer beschaeftigt im hektischen berlin, komm ich doch auch zum lesen des Artikels. schau. nicht wenig boecke haett ich da, im äquad(t)orianischen rumzueiern.
    aber ich geh ja heut zur wiederEröffnung des DurchsFenster, das ja auch was!
    also denne, gruesse von hier und da, ich denk ich steh denn uffn fluchhafen, nich?
    crIs

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