Fette Reise durch die nordöstliche Mark Brandenburg

rikmans Sicht der Dinge

Der Oberst ist seinem Ruf, ein gewissenhafter, ehrlicher und kurzweiliger Belletrist zu sein wieder voll und ganz gerecht geworden. Nun, da ich weder gewissenhaft noch ehrlich bin, versuche ich euch wenigstens eine längliche und schwer lesbare Abhandlung der heutigen (respektive gestrigen) Ereignisse wiederzugeben.

Alles fing an am Donnerstag beim SfdW. Jockel AKA „Mr. Topografische Höhenlinien“ schlug eine schnuffige von Strausberg nach Chorin vor. Die allgemeine Zustimmung und die Mitfahrzusagen veranlassten „Mr. Nörgler Nummer 1“ (ich – wer sonst?) seine Abwesenheit durch fadenscheinige Vorwände wie „ich habe keine Hinterrad-Bremse“ und „scheiß Magura, warum kommen die nicht in die Puschen mit dem eingesandten Bremsgriff“ kundzutun. Da war ich aber bei jockel – wie so oft – an der falschen Stelle. Sein Vorschlag war, eine V-Brake zu montieren. Mein Rahmen hat noch die passenden Sockel und meine Laufräder haben sogar entsprechende Felgen. Ich musste wohl oder übel das Versprechen geben, am Sonntag mitzufahren. Am Freitag habe ich dann erstmal alles montiert und bekam übelsten Bock noch am Samstag eine kleine und mit hoher Motivation durchzuführende 50er Auflockerungsrunde abzuspulen. Nach immerhin 3 Wochen Bikeabstinenz sollte das eigentlich genug sein. Denkste, ich habe mich etwas im Kurs geirrt, und die doch recht üppig beforstete Gegend der östlichen sowie die fehlende Sonne am Himmel ließen mich nach einer Bockwurstpause nicht mehr vernünftig navigieren, so dass ich nach gut 90 Kilometern (davon sicher die Hälfte in übelstem Schlamm wie es ihn nur in gibt) an Stelle meines avisierten Zielbahnhofs in Fürstenwalde aufschlug.

Am Abend hatte ich dann eigentlich schon den Entschluss gefasst, die sonntägliche Tour nicht mitzufahren, als ich aber las, das mein spezieller Freund rob dabei ist, konnte ich mich aber auch nicht lumpen lassen.

Ich machte mich also Sonntag früh auf den Weg zu Ostbahnhof, wo ich auch als erster eintraf. Kurze Zeit später kamen dann schon Clemens1 und seinen, mir bis dato unbekannten, Kumpel Frank an. Die Cannondale-Gang war komplett. Dachte ich. Um 8.53 war immer noch kein Oberst zu sehen. Merkwürdig, die S-Bahn schon da, aber der Chef nicht. Wir also rein in die Bahn und losgefahren. In Höhe des Bahnhofs Lichtenberg – ich war gerade beim Planen einer Ausweichroute ohne den Oberst – klingelte das Mobiltelefon. G-Punkt erkundigte sich nach der Fahrgelegenheit. Ich versuche das Gespräch, so wie es mir in Erinnerung geblieben ist, darzustellen:

G-Punkt: „Morgen, Pansen“
Ich: „Morgen, was geht?“
G-Punkt: „Alles klar. Sag mal, wo seid ihr denn in der S-Bahn?“
Ich: „Vorne, wo bist du?“
G-Punkt: „Warschauer Straße. Wann fahrt ihr denn los?“
Ich: „Sind schon unterwegs“
G-Punkt: „Aha.“
Ich: „Wir warten in Neuenhagen.“
G-Punkt: „Ok, bis dann.“

Langsam wurde mir klar, was passiert war und ich packte die Karte wieder ein. Ich hatte mich in Anlehnung an viele verflossene auf eine Abfahrtszeit x:55 Uhr eingestellt. Der Oberst hatte aber eigentlich eine S-Bahn später angekündigt. Na ja, passiert eben.

In Neuenhagen sind wir dann erst mal raus aus der Bahn und überbrückten die 20 Minuten bis zur nächsten S-Bahn mit fachsimpeln („die und die Nabe ist besser als die und die“, ihr wisst ja, wie so etwas abläuft). Tatsächlich trafen jockel, G-Punkt, Rostsammler, Schotter und Mr. Hyde dann ein. Vor dem Bahnhof wartete auch schon rob, dessen Muskeln durch die 10 kilometrige Anfahrt schon warm waren. Als wir dann so standen kam noch ein ADFC'ler vorbei, der aber schnell wieder weg war, nachdem er mitbekommen hatte, was wir für harte Schweine vorgaben zu sein. Es ging los.

Die ersten paar Kilometer gingen recht zügig vorüber, das lag wohl am Asphalt, den wir unter den Stollen hatten, so lange wir noch in der Ortschaft waren. Der Oberst vorne weg, ich mit dabei und G-Punkt auch. Die Truppe fiel schnell in zwei Teile, wobei der hintere ziemliche Geschlossenheit demonstrierte und sich immer recht dicht beieinander hielt. Kurz darauf (hinter Altlandsberg) ging es dann in den Modder. G-Punkt hatte sich inzwischen der hinteren Gruppe angeschlossen und der Oberst und ich fuhren vorne die Spuren in den Schlamm. Nach geschätzten 12 Kilometern war erst mal allgemeines Entmummen angesagt, da die Sonne langsam daran arbeitete, den Hochnebel zu davonzujagen. Dies ist in unserem Breiten meist mit einem doch recht anständigen Temperaturanstieg verbunden. Nach fünf Minuten ging es dann weiter, wir passierten Spitzmühle, G-Punkt machte vorne wieder Druck, als es plötzlich von hinten wieder hieß „Halt!“. Rob hatte irgendeinen blöden Stock ins Schaltwerk bekommen und konnte (wollte) nicht mehr Schalten. Intuitiv entschloss er sich, das Schaltwerk mit roher Gewalt in seine ursprüngliche Position zu zwingen, was ihm erstaunlicherweise auch super gelang. Kurz darauf passierten wir die Schiller-Höhe, dann ging es an den westlichen Ufern der Ihlandseen vorbei. Dies geschah auf meine Empfehlung, da ich bei meiner gestrigen Reise am Ostufer lang gelurcht bin, wobei ich aber hin und wieder wegen umgestürzten Bäumen absteigen musste. Dass es aber auf der Westseite noch schlimmer war, konnte ich ja nicht wissen. So trugen wir unsere Pferdchen mehr als wir fuhren, an einen etwas harmonischen Tretrhythmus war nicht zu denken. Es zeigten sich auch langsam die ersten Abnutzungserscheinungen an den Beinmuskeln einiger Eisenschweine. Es wurde gebissen. Mr. Hyde fragte mich, ob wir nicht mal ein bisschen die rechts und links neben uns liegenden Anhöhen hoch und runter fahren könnten. Ich vertröstete ihn, dass wir das nicht nötig hätten, da die korrekten Rampen erst noch kommen würden.

Wir kreuzten dann die L337 (wer kennt sie nicht…) und ich machte direkt hinter der Straße meinen schroffsten Drop ever: wenigstens 30 Zentimeter bin ich ins Flat gehüpft. Da soll mir von den Downhillern noch mal einer was von der Eigernordwand erzählen. Alles Kinderkram. Die nachfolgenden Kilometer rissen die Gruppe immer weiter auf. Jockel meinte zu mir, dass wir nach insgesamt 30 Kilometern mal eine kleine Riegelpause machen, was er auch dann auch tat. Dies war die Stelle, wo wir G-Punkt einbüßten. Jockel hat dazu bereits detailliert Stellung genommen. Nun war es kein weiter Weg mehr bis in die Hochländer südlich von Bad Freienwalde. Der Oberst forcierte hin und wieder das Tempo und ich gab mir Mühe dran zu bleiben. Noch klappte das, obwohl ich in meinen Beinen deutlich spürte, dass dies nicht meine erste Tour an diesem Wochenende war. Rostsammler ließ sich übrigens nicht lumpen und fuhr immer vorne mit. Mr. Hyde tat es ihm gleich. Ein paar Meter weiter hinten checkten der Rest der Jekyll-Fraktion, sowie rob und Schotter die von uns in den Sand gefahren Stollenabdrücke auf eventuelle Abnormitäten. Schien aber alles in Ordnung zu sein.

Nun wurde es ernst, die ersten Steigungen begannen mir die letzten Körner rauszusaugen. Der Oberst drückte und drückte, Rostsammler zumeist dicht dran, Mr. Hyde auch noch gut unterwegs. Nach hinten wurden die Gaps wieder größer, was aber nicht sonderlich bedrohlich war, da man sich eigentlich nicht verfahren konnte. An heiklen Stellen wurde natürlich wie immer gewartet. Im Folgenden ging es hoch und runter, wobei der Oberst bei der Streckenwahl wie immer besondere Bosheit an den Tag legte. Ich war wieder in meinem Element und fluchte rum wie ein Rohrspatz. Wie schon öfter betont, ist das nicht weiter schlimm, ich versuche mich so bloß immer abzulenken. Klappt auch meistens. Auch heute tat mir das gut, so dass ich immer recht weit vorn fahren konnte.

Wir erreichten Bad Freienwalde und attackierten das Schlosscafé, welches dann auch gefallen ist, so dass wir einrücken konnten. Ich hielt es nicht aus und bestellte für 10,20 Euro (!) Essen und Trinke. Alle anderen begnügten sich mit weniger Verpflegung – ich vermute, meine Energiedepots waren nach dem Ritt am Tag vorher einfach noch nicht wieder voll. Wir räumten die Lokalität und ich bereitete mich auf die letzten paar Anstiege vor. So langsam kenne ich nämlich die Region etwas und wusste, was da noch mal auf mich zukommt. Die ersten paar Meter waren beklemmend schwer, es lief dann aber erstaunlich gut. Der Oberst fuhr diesmal solidarisch mit den Jungs hinten, so dass Rostsammler und ich uns an der Spitze bestens austoben konnten. Ich ließ es mir natürlich auch nicht nehmen den alten Baden-Württemberger auf die (vor-)gestrige Niederlage seines „tendenziell schon“ favorisierten Fußballvereins aus der Heimat zu provozieren. Nun, dann ging es irgendwann runter nach Falkenberg und die gröbsten waren somit geschafft. Nach 3 Straßenkilometern verabschiedeten wir Schotter, der sich auf den Weg zu seinen Eltern nach Hohenfinow machte. Er hatte, glaube ich, einen krassen Bierdurst.

Wir fuhren dann in aller Ruhe nach Eberswalde und ließen die Tour mit einer flotten Stadtrunde ausklingen.

Wenn es mir erlaubt ist (wer will es mir auch untersagen), ziehe ich es kurzes Resümee:

  • Ich bin erstaunt, dass ich doch recht gut mithalten konnte, wenngleich der Oberst gegenwärtig immer noch unerreichbar ist. Aber: kommt neuer Tag, kommt neue Kraft.
  • Rostsammler ist ein übelster Beißer.
  • Der Anteil von Cannondales ist langsam unheimlich. So waren heute nicht weniger als 4 Cannondale-Bikes mit insgesamt ca. 2,5 kompletten Gabeln unterwegs.
  • Rob, du weißt, dass du nicht alles ernst nehmen darfst, was ich unterwegs so sage – ich denke, wir verstehen uns, gelle?
  • Fazit: Ihr seid alle ziemliche Beißer und es macht mir immer wieder riesigen Spaß, mit euch zu Biken.

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