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Kreditkartentour 2017

„Mist. Die schönste Zeit des Jahres und vollgepackt mit Terminen. Und der Urlaub erst Ende August. Das ist doch alles Mist.“ So etwa lautete der innere Monolog beim Blick auf den Jahresplaner. Allerdings hatte ich Lust, die erworbene Ortlieb-Arschrakete auszuführen. Perfekt wäre Sommer, Sonne, gutes Wetter und eine Gegend, in der man nicht so oft ist. Drei Tage Zeit, nicht mehr, nicht weniger.

So reifte folgender Plan: Mit dem Zug morgens los, einen halben Tag fahren (es ist ja lange hell), einen ganzen Tag fahren und am Abend des dritten Tages mit dem Zug zurück. Mitstreiter ist im Urlaub, fährt InVeloVeritas und , Opi ist auch im Urlaub. Aber PeterW., schon 3 in den Beinen, zeigt Interesse und so wird die Planung angeschoben.

Verpackte Räder für den ICE

13.6. / 3:30 Peter und fahren bepackt zum Bahnhof Gesundbrunnen, 4:16 geht der ICE nach München, vorher müssen die Räder in die Packtaschen. Alles klappt wie am Schnürchen, die Zugbegleiter sind nett, die Wegzehrung schmeckt. In München haben wir 55 Minuten Aufenthalt, die genau reichen, um die Fahrräder wieder zu montieren, uns umzuziehen und die Packtaschen im Schließfach zu verstauen. Dann geht auch schon der EC nach Innsbruck.

13.6.2017 /13:20 Peter und Twobeers fahren los Richtung Brenner. Die Brennerstraße führt um die Ferrariwiese, der Hohlweg ist die direkte Himmelsleiter, ein alter Pilgerpfad, der sofort das gesamte Übersetzungsspektrum testen lässt. Gut, alle Gänge funktionieren, hoffentlich bleibt das nicht so. Also die Steigung.

Auf der Brennerstraße ist es traumhaft. Blauer Himmel, Rückenwind, sommerlich heiß. Doch schon nach wenigen Kilometern (wahrscheinlich noch in der Gemeinde Innsbruck), ein Knall, Zischen, Druckverlust an meinem Vorderrad. Der neue Reifen hat einen ordentlichen Cut und der Zeitplan erfährt eine erste Korrektur. Außerdem fehlt meine Luftpumpe (ich verdächtige Österreicher, zu Unrecht, ich bitte um Entschuldigung, sie findet sich am Ende der Reise in der Packtasche). Der Ersatzschlauch wird montiert und Dank Peters Lipstick kann es auch 400 Hübe später wieder weitergehen. Meine Laune ist im Keller und ich muss etwas schneller fahren, bekomme mich allerdings bald wieder ein und Peter mich.

Bald kommt eine Tankstelle, der Druckluftspender funktioniert nicht richtig, die Kfz-Werkstatt nebenan bekommt 7 bar gepumpt, vielen Dank! Der Brenner wird erreicht, ein wirklich ausgezeichneter Espresso folgt auf die Fotopause.

Wir sprechen mit netten Radlerinnen aus Bruneck und fahren auf ihre Empfehlung den Radweg (ehemalige Bahnstrecke) Richtung Bozen. Jetzt kommt eine Folge von noch 4 Reifenpannen bei mir, immer am Vorderrad, immer dicht am Ventil, Innenseite des Schlauchs. Bei Sterzing kaufen wir 3 Schläuche nach, in Brixen Felgenband, danach ist endlich Ruhe. Natürlich füllen wir immer wieder die Flaschen, der Wind kommt uns ab Brixen entgegen und ich arbeite im Wind. Peter hatte im Vorfeld Angst vor meinem Zeitplan (Schnitt 25), er handelte runter auf 22, letztendlich landen wir bei 28.

Kurz vor Bozen

 

Die Durchfahrt von Bozen ist ein Traum, eine tolle Infrastruktur für Radfahrer. Und offensichtlich sitzt der Südtiroler gerne auf dem Rad, es ist 19:00 und überall begegnen uns Trainingsgruppen.

13.6.2017 / 20:30 Peter und Twobeers sind geduscht im Garten des Gasthofs „Zum Falken“ in Girlan, die Räder sind weggeschlossen, die Suite bezogen und die Radklamotten hängen zum Trocknen. Unter Walnuss und Kastanie essen wir drei ausgezeichnete Gänge und können den Durst kaum löschen.

Fazit: 138km / 5 Stunden Fahrzeit / 7l Getränk.

Twobeers in Girlan

 

14.6.2017 / 6:00 Peter schläft noch, ich mache einen Zug durch das Dorf, in dem ich vor 25 Jahre ein Praktikum absolvierte. In der Bar einen Espresso, Putti der Hirte ist nicht da, doch Kollegen aus der Weinkellerei. Nach dem Frühstück ist die Luft zum Schneiden, 9:00 und schon 25°, dabei fast 100% Luftfeuchte. Der Etschtalweg ist wieder reiner Genuss, in Gargazon besuchen wir noch zwei Bekannte und füllen nach nichtmal 30km zum ersten Mal die Flaschen. Die Ausschilderung in Meran lässt keine Wünsche offen, Peter grummelt schon die ganze Zeit über das „Miststück Jaufen“.

Vorfreude bei Peter

Es gibt einen Radweg entlang der Passer, doch der ist leider geschottert, so nehmen wir die Straße. In Sankt Leonhard, Geburtsort von Andreas Hofer, beginnt der eigentliche Anstieg (20km) zum Jaufenpass, doch unsere Flaschen sind bereits das zweite Mal leer und werden gefüllt. Es liegen etwa 1400Hm vor uns und der Himmel wird immer grauer.

uns trennt eine Spitzkehre

Nach der Hälfte beginnt es leicht zu tröpfeln, eine willkommene Erfrischung. Als jedoch aus dem Tröpfeln ein Gewitter mit Starkregen wird, rettet uns ein Schrein mit Bildern der Heiligen Martin und Georg, dessen Vordach uns beide gerade so beschützt. 20 Minuten später ist alles vorbei und wir setzen die Fahrt fort.

Geschafft

 

Auf der Abfahrt ist der Asphalt trocken, das Gewitter ist nicht über den Berg gekommen. Am Fuße des Jaufen gibt es einen Apfelstrudel, bevor es in den nächsten Anstieg geht. Den Umweg des Radweges bei Gossensaß  vermeiden wir, doch bei Peter melden sich Krämpfe. Egal, wir haben Zeit und fahren langsam hoch zum Brenner, wo wir unsere letzten Lire in Espresso umwandeln.  In Matrei verlassen wir die Brennerbundesstraße und fahren auf die alte Römerstraße. Angeblich konnte die alten Römer Brücken bauen (Aquädukte!), dafür aber keine Kurven.

Vielleicht ist es auch gar keine alte Römerstraße, jedenfalls ist es ein kurviges Auf und Ab, bis wir pünktlich 18:00 in Patsch im Grünwalderhof eintreffen. Schmadde kommt nur wenige Minuten später und dann bekommen wir im herrlichen Garten Knödelsuppen, Tafelspitz und Wiener Schnitzel. Dazu Alpenglühen.

 

15.6.2017 / 9:00 Wir sitzen diesmal zu dritt -Schmadde begleitet uns heute- auf den Rädern und in der steilen Abfahrt runter ins Inntal. Das geht gut voran und die uns entgegenkommenden schnaufen. In den Dörfern feiern die Trachtengruppen Fronleichnam, im Inntal sehen wir die dickbäuchige Fahrer auf schmalen Reifen. Dann geht es hoch zum Achensee. Das ist nicht wirklich lang (4km) und geht auch nicht weit hoch (auf 929 Hm). Aber steil ist es! Die Sonne brennt, der Schweiß tropft, QuälDich.de warnt vor um 20% Steigung.

Die letzten steilen Meter zum Achensee

 

Jeder fährt wortlos sein Tempo, Schnappatmung am See. Am Seeufer geht wieder ein schöner Radweg lang, auf der Straße zum Sylvensteinspeicher fahren einige Traktoren mit angehängtem Wohnwagen und verursachen so einen Autostau, an dem wir gut vorbei fahren.

Es folgen noch eine Pause im Tölzer Land, am Münchner Stadtrand muss es auf der Kugler Alm ein Radler sein, natürlich.

Durch den Perlacher Forst rein nach München stellen wir fest, was wir für ein Glück mit unserer Terminwahl haben. In München sind die Straßen wegen des Feiertages leer, kein Liefer-, Last- oder Berufsverkehr. Wir sind 2 Stunden vor Abfahrt unseres Zuges am Stachus und genehmigen uns einen exzellenten Schweinbraten im Augustiner. Dann wieder Räder in die Taschen, in den ICE und Mitternacht sind wir bei einsetzendem Regen zu Hause.

Insgesamt etwa 420 km , 5200Hm und jede Menge Spaß.

Die Qualität der Bilder bitte ich zu entschuldigen.

twobeers

8 Kommentare

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  • Genau so war es. Es hat trotz (oder vielleicht sogar wegen) der Schinderei richtig Spass gemacht. Vielen Dank für den schönen Bericht!

    PeterW

  • Schöner Bericht und schöne Tour. Mich hats an dem Tag ausgeknockt, warum weiss ich nicht. War trotzdem schön, die Strecke mal andersrum zu fahren. Irgendwie ungewohnt, das Alpenpanorama hinter sich zu haben statt vor der Nase.

    Pannenserie erinnert mich an mein Malheur beim Erklimmen von Jaufen und Timmelsjoch eine Woche vorher. Auch bei mir wars das Felgenband. Der Plastikkram gehört verboten 🙁

  • Eine großartige Idee und sehr gute Umsetzung. Nächstes Mal komme ich gerne mit. Rennradfahren in den Alpen finde ich gut, wie ihr ja wisst. Und Girlan mag ich auch mal kennenlernen. Nur der 28er Schnitt würde mir Angst machen.
    An den Jaufenpass habe ich gute Erinnerungen, an den Brennerpass weniger, der ist zu flach.

    Danke für die schönen Zeilen. Ihr habt alles richtig gemacht, würde ich sagen!

    rob

    P.s.:
    „Meine Laune ist im Keller und ich muss etwas schneller fahren, bekomme mich allerdings bald wieder ein und Peter mich.“
    Das ist ein schöner Satz! :]

  • Das sind Landschaft und Wegzehrung, wie sie sein sollten. Auf dem schönen Radweg bei Bruneck habe ich es im vergangenen Jahr geschafft, mit einem Sturz am zweiten Tag das Radfahren für den Rest der Woche zu vermeiden. Was dort wirklich ein Drama ist, weil Südtirol einfach traumhaft schön ist.

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