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Auf die Seelower Höhen

Derzeit jähren sich wieder runde Gedenktage den Zweiten Weltkrieg betreffend. Am 8. Mai ist ja bekanntlich der Tag des Endes des Krieges und der Befreiung vom Hitler-Faschismus. Doch bevor die sowjetischen Rotarmisten erreichten, mussten sie erst einmal die Oder überqueren. Die große Niederung des Oderbruch war versumpft (Schleusen wurden von den Deutschen geöffnet) und an den Seelower Höhen, hier muss man vom Oderbruch her 50 steile überwinden, wurden starke Verteidigungslinien errichtet. Vom 16.4.45 an dauerte die letzte große Schlacht vor Berlin ganze vier Tage, obwohl die Rotarmisten mit 1 Millionen Soldaten (!!) deutlich in der Übermacht waren (gegen 120.000 Deutsche).
Zum 70. Jahrestag dieser Schlacht gedachte ich eine Radtour in diese Gegend zu unternehmen, da ich selber noch nicht an diesem geschichtsträchtigen Ort gewesen bin. Jockel, Frö und Moargus begleiteten mich.

Start war in Erkner am Bahnhof, Jockel und Moargus hatten da schon schnell 25km von Karlshorst aus hinter sich. Zu viert ging es auf bekannten aber nicht weniger schönen Wegen durch das Löcknitztal, die kilometer Erdgastrasse nach Kienbaum und durch die weiten Wälder bis zum Müncheberger Bahnhof. Aufgrund eines Sturzes mit dem Fahrrad in der Nacht vom Freitagabend (Ursache ähhhm ungewiss) fühlte ich mich etwas unrund im Tritt und beobachtete meine Mitfahrer aus reichlicher Distanz von hinten. In Müncheberg verabschiedeten wir Moargus unter Beigabe eine Karte und mit dem sicheren Gedanken daran, dass er, aufgrund seiner wenig ausgeprägten, navigatorischen Fährigkeiten, wohl kaum pünktlich um 15 Uhr bei Kaffee und Kuchen sitzen wird.

In der Folge stießen wir in die vor, umrundeten den Großen Klobichsee („Vorsicht Feuchtstelle“) und gelangten schließlich von der Eichendorfer Mühle her durch das schöne Stöbbertal zur Pritzhagener Mühle. Dort gab es Kaffee, Kuchen, Radler und für den „Herr von Welt“ ein Kännchen Tee.
Lange hielt es uns jedoch nicht auf den Stühlen, denn nun ging es weiter gen Osten in weniger bekannte Gefilde, zunächst wieder durch das Tal der Stöbber, dann über sandige Hügel und vorbei an sumpfigen Niederungen nach Hermersdorf und auf einer alten Pflasterstraße weiter nach Wulkow (breite Reifen mit 1.5 bar sind schon was ganz Feines). Die von Bäumen gesäumte Sandtraße von Altrosenthal in Richtung Gussow ist ganz normal für den Verkehr freigegeben – Straßen wie zu Vorkriegszeiten. Und wenig weiter, im Forst vor Gussow, passierten wir riesige, alte Alleebäume – beeindruckend (siehe erstes Bild ganz oben).

Hinter Gussow erreichten wir den Rand des Oderbruchs. Wir schlugen noch einen kleinen Bogen in der strichebenen Niederung, um den Ort Seelow und die Seelower Höhen von Osten her zu erklimmen. Immerhin muss man hier 50 Höhenmeter auf kürzester Distanz zurücklegen. Das Oderbruch mit seinem herrlich weiten Himmel hat lediglich eine Höhe von 1 Meter über dem Meer. Die Hügel der Seelower Höhen steigen hier unvermittelt und steil an. Kein Wunder, dass es die sowjetischen Truppen, trotz Ihrer schieren Übermacht an Panzern und Soldaten, schwer hatten, das deutsche Abwehrbollwerk zu überwinden.
Wir fanden einen versteckten Weg an einem Fließ, mussten die Räder aber ein paar Meter tragen. Ob hier jemals wieder neue Bohlen verlegt werden, oder ob man den Weg so beläßt, um anstehende, russische Invasionen zu erschweren, entzieht sich aber unserer Kenntnis.
In Seelow angekommen blieb nurnoch wenig Zeit für ein kurzes Foto am Vorplatz des Museums sowie den Erwerb von ein paar Reisebieren an der Tankstelle, ehe wir wie ein Blitz die letzten Kilometer zum Bahnhof zurücklegten. Zuverlässig und bequem brachte uns die Eisenbahn wieder nach Berlin. Das war ein rundum gelungener Tag auf dem Fahrrad. Und auch wenn wir von den Schrecken des Kriegsschauplatzes nicht viel mitbekamen, war es sehr interessant die örtlichen Gegebenheiten zu erfahren.

Viel zu selten waren die Geländeradtouren weit vor die Grenzen der Stadt in der letzten Zeit. Das muss öfter passieren, so unsere einhellige Meinung bei der Zugfahrt. Passend zu den Gedenktagen der kommenden Zeit würde sich das Wochenende vom 9. Mai anbieten. Idee anyone?
Und Frö kann ja gerne noch seinen GPS-Track verlinken, wenn er mag :]

9 Kommentare

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  • Watt, Frö hat GPS, dit passt ja gar nicht zu dem alten Stahltreter.
    Ansonsten wäre ich gerne dabei gewesen, so hoffe ich auf den nächsten Aufruf am 9.

  • Schöne Zeilen Robsen,ich war schon ein wenig traurig umdrehen zu müssen.
    Aber ich hörte was läuten,dass Empor Süd für den 1.Mai schon wieder etwas ähnliches plant.

  • Als ihr zu den Seelöwen Höhen unterwegs wart, sind wir nach Torgau an die Elbe geradelt. Dort trafen am 25.04.1945 die Truppen der Roten Armee und der US-Amerikaner aufeinander. Zu den Jubiläen reisen stets Veteranen (oder den Nachkommen an), denen das noch immer etwas bedeutet.

    Aber mit der Befreiung ist das so eine Sache. Wen hat man denn befreit? Die Hitler-Faschisten von sich selbst? Befreiung impliziert immer, dass da eine Handvoll finstere Nazi-Schergen waren, die die gesamte restliche, wehr- und hilflose Bevölkerung in Geiselhaft genommen hat.

    • „Befreiung impliziert immer, dass da eine Handvoll finstere Nazi-Schergen waren, die die gesamte restliche, wehr- und hilflose Bevölkerung in Geiselhaft genommen hat.“

      Darauf reduzieren es gerne diejenigen, die alljährlich das Stauffenberg-Attentat feiern. Natürlich nicht! Der Begriff der Befreiung ist m.M. viel umfassender. Befreiung von einer faschistoiden, rassistischen Ideologie, die tief verwurzelt in den meisten Menschen war. Und das nicht erst seit Hitler, sondern seit Bismarck und früher. Und nicht nur in Deutschland. Auch in den anderen Nationen (Kolonialmächten) waren Rassismus, Judenhass und Verfolgung Andersdenkender Normalität. Deutschland war darin, auch wegen seiner wirtschaftlichen Stärke, natürlich mal wieder Weltmeister.

      • Auf der anderen Seite hatte Preußen bereits 1812 alle Kunden zu Inländern und Preußischen Staatsbürgern gemacht, womit Juden nicht mehr Fremde waren. 1869 alle Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aufgehoben. Das ändert natürlich nicht alles, was jahrhundertelang in den Köpfen der Menschen ist, aber der Staat gab sich in Preußen nicht mehr so explizit antisemitisch, dass man sagen könnte, Nazi-Deustchland habe damit nur eine deutsche Tradition fortgeführt.

        Und was Bismarck betrifft, „sein“ Bankier und enger Berater war Gerson von Bleichröder, Jude und damals der reichste Mann Preußens, außenpolitisch für das Reich tätig und dessen Finanzier, auch was die von Preußen geführten Kriege betrifft.

  • Da fiel mir beim Lesen spontan eine alte Beschreibung ein „Halbfaschoesthetiker“… ;-))

    Danke für die Zeilen, dd

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