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Erbeskopfmarathon 2013

Im Ziel, wenn etwas Zeit vergangen und bereits das ein oder andere kühle Blonde die Kehle hinunter geflossen ist, dann kann man auch wieder lächeln. Insbesondere wenn man von den Organisatoren des Erbeskopfmarathons im Hunsrück so mit guter Laune überhäuft wird. Dennoch täuscht das nicht über die ein oder andere Missstimmung hinweg, waren doch einige von uns mit ihrer Leistung garnicht einverstanden. Darki haderte nach dem Rennen sehr mit der Härte der Strecke und hatte sich nach seinen vielen langen Rennen (u.a. Mailand-San Remo) mehr ausgerechnet, Nic schien ebenso wenig zufrieden, Frö schwor nie wieder mitzufahren und auch ich war mit meiner körperlichen Fitness und der gefahrenen Zeit mehr als unzufrieden. Nur Lorenzo hatte wie immer gute Laune und Mischi hatte sowieso alles richtig gemacht, startete er doch nur beim Halbmarathon statt bei der Langstrecke und hatte im Ziel schon drei Pils Vorsprung.

Abgesehen vom mangelnden Training und der schlechten Physis, den viel zu vielen Abenden in verrauchten Kneipen und der inneren Ignoranz bezüglich der körperlichen Anstrengungen, die so ein 110 Kilometer langer MTB-Marathon mit 3000 Höhenmetern fordert, haben wir dieses Jahr wenigstens eines richtig gemacht: wir haben uns zu sechst ein Ferienhaus in Thalfang gegönnt. Kein Fahrtstress vor und nach dem Rennen, kein frühes Austehen, dafür sogar so etwas wie Urlaubsgefühle.
Eine Kehrseite hatte die Medaille natürlich auch: bereits in Thalfang vor Ort, konnten wir uns an Nachmittag und Abend vor dem Rennen recht ungezügelt dem Ausgleich des Wasserhaushalts des Körpers mitteln Apfelwein und Gerstenbrauspezialitäten hingeben.

Renntag: Zehn Minuten vor dem Start rollten wir zum Startbogen und positionierten uns aussichtsreich in der Nähe der Spitze. Geölte Beine, sündhaftes teures Material, semiprofessionelles Auftreten überall um uns herum. Ich sah, wie einer in der ersten Reihe schon fünf Minuten vor dem Start ein Powergel zutschte. Irgendwie fühlten wir uns fehl am Platz. Wir wollen zwar auch schnell fahren, im (Stahl-)Rahmen unserer Möglichkeiten, aber dieses affige Getue anderer Starter bei solchen Veranstaltungen grenzt oftmals schon ans Peinliche. Nocheinmal verpasst uns die Musikanlage einen nervtötenden Ohrwurm aus den aktuellen Charts und dann fällt auch schon der Startschuss.

Zitat aus meinem Erbeskopf-Rennbericht von 2008:
„Die ersten 40 Kilometer […] waren mit vielen kleinen Auf und Abs gespickt. Hier konnte man schon ordentlich Körner lassen.“

Zitat aus meinem Erbeskopf-Rennbericht von 2009:
„Also bis Kilometer 40 […] Dieser erste Teil vom Erbeskopfmarathon hats insich, saugt einem schon alle Kräfte aus dem gemarterten Körper, bevor es erst richtig losging.“

Erinnerungen vom Erbeskopf-Rennen 2013:
Die ersten 40 Kilometer waren der blanke Horror, die Hölle, ein reines Martyrium.
Ich hatte ganz vergessen, dass es vor dem langen Uphill zum Erbeskopf ja noch etliche richtig bittere Anstiege gibt. Von Kilometer fünf bis etwa Kilometer 25 hatte ich böse Schmerzen im Unterleib, insbesondere bei Erschütterungen, die sich anfühlten wie eine ausgewachsene Nierenkolik. Wahrscheinlich Blähungen im Darm aufgrund des Frühstücks zu knapp vor dem Rennstart (merke: nächstes Mal kein Käse zum Frühstück!). Die steilen Anstiege, bei denen öfters geschoben werde musste, zerrten jede Energie aus den Beinen. Bei Kilometer 40 kamen dann die ersten Krämpfe – und die sollten die restlichen 70 Kilometer auch nicht mehr weichen. Meistens gelang es mir ganz gut die Krämpfe, die ich meist im Sitzen hatte, im Wiegetritt aus den Beinen zu treten. Aber es war eine Gratwanderung. So etwas hatte ich wirklich noch nie. Aber dieses Mal bemerkte ich zum ersten Mal das Schild zum Schweineberg – dem darkdesigner-Gedenk-Uphill. Eine wirklich fiese, dreckige Sau, dieser Anstieg!

Irgendwann kam das viele aber weniger steile Auf und Ab vor dem Erbeskopf. Immerwieder, wenn man dachte, jetzt käme der Anstieg zum höchsten Punkt des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, kam wieder eine Abfahrt. Doch die Spitze wurde passiert, die Abfahrt auf der Skipiste (Highspeed) gemeistert und am vierten Verpflegungspunkt ein nettes Pläuschchen gehalten. Bis auf die Krämpfe sind die 20 sich darauf anschließenden Kilometer eher entspannt. Schöne Abfahrten und tolle Trails, längere Schotterpisten zum Strecke machen und so tun als sei man schnell. Auch konnte ich immer mal wieder ein paar Fahrer der Langstrecke überholen. Bis auf die multiplen Schmerzen fing der Marathon an dieser Stelle an richtiggehend Spass zu machen. Doch der Erbeskopfmarathon wäre nicht der Erbeskopfmarathon, hätte er nicht nach hinten raus noch ein paar richtig böse Anstiege parat.

Hier ist mentales Stehvermögen angebracht – zusätzlich zur körperlichen Leidensfähigkeit. Der Zielort ist schon zum Greifen nah, doch die Strecke hält noch mehrere, zutiefst sinnlose aber dafür steile Auf und Abs bereit. Wie ich im Ziel erfahren habe, hat sich Frö auf einer dieser steilen Downhills abgelegt, aber glimpflich. Ich hatte sowieso etwas Angst um ihn, war dies doch immerhin sein erstes MTB-Rennen überhaupt und Fahrtechnik im Gelände nicht ganz seine Stärke. Doch zum Glück ist nichts Dolles passiert und er hat alles bravurös gemeistert.
Bei den letzten beiden Rennteilnahmen war der letzte richtige Anstieg, die Immerter Qual, für mich immer überraschend einfach. Dieses Jahr aber wurde sie ihren Namen gerecht. Im Ziel jedoch empfing mich Mischi herzlich und drückte mir noch vor der Ziellinie ein Doppelhopfiges ins Gesicht. Das hat mich bestimmt vier Sekunden gekostet. War aber lecker. 6 Stunden und 47 Minuten insgesamt – das geht besser!

Pö a pö kamen die anderen ins Ziel, ein paar Biere wurden vernichtet und ehe wir uns versahen, stand der Bootsmann von der Orga-Truppe mit einem vollen Kasten bei uns. „Wie versprochen!“, sagte er lachend und wir dankten es ihm. Erwähnenswert wäre noch, dass Darki, ausgesprochener Wespenallergiker, wenige Kilometer vor der Ziel zwischen den Augen von einer Wespe gestochen wurde. Netterweise wurde er von Stefan von der Organisation zum Krankenhaus in den Nachbarort und wieder zurück gefahren, um sich seine Cortisonpackung abzuholen. Der Junge sah schon ganz schön übel aus in der Fresse. Der Glöckner von Notre Dame hätte dagegen wie Tom Cruise gewirkt.

Und hier noch die obligatorischen vorher-nachher-Bilder:

Dennoch: schön war es! Und nächstes Jahr, ja nächstes Jahr: tatsächlich gerne wieder. Oder, Frö?

Weitere erwähnenswerte Fotos:

Bei der Anmeldung. Wir alle in der Heldenschlange links, Mischi bei den Halbmarathonisti in der Mitte

XT-Daumenschalter, Stahlvorbau, Starrgabel, Festivalbändchen, Haare an den Beinen, RocknRoll

Leiden schafft Leidenschafft – passt zum Erbeskopf wie die Faust aufs Auge.

5 Kommentare

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  • Liest sich echt angsteinflößend, ich hatte nur ein paar langweiliger Rennrad-km auf dem Darß! Vielleicht bekomme ich meine Urlaubsplanung ja auch mal passend hin.

  • Mensch Toni,du warst doch in Riva.Also bitte keinen Neid..
    Lustig, wie der dürre Spacko im „Vorher“-Bild,in Richtung Robs Rad bzw auf die 23er Kassette schmunzelt!!

  • hey Rob,
    danke fuer den Bericht, so war ich doch noch auf der langen Strecke dabei.
    Fuer naechstes Jahr sehe ich zwei Moeglichkeiten: trainieren, lange Strecke und kein Anstehen an den Trails oder weiterfuttern und auf der Mittleren Distanz quaelen.
    Im Moment tendiere ich zu ersterem.

  • Sehr löblich Herr Robsen und Herr Muschifixen, große Ereignisse bedürfen großer Taten. Ich hoffe wir bringen die Crew auch im nächsten Jahr wieder zusammen. Ich glaube dann sogar noch ein paar Tage dran hängen zu wollen… Dann habe ich mehr Zeit auf der Strecke, vielleicht ne Übernachtung bei Maggi am Schwenker ;-))

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