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Erbeskopfmarathon 2012 – Die können auch Matsch…

Vom Sommer 2012 gibt es nichts besseres zu erwarten und so wurde es die gnadenlose Regen- und Schlammschlacht. Bereits am Start mal mehr mal weniger heftige Schauer, von über 220 Anmeldungen bleiben 100 im Auto oder zu Hause sitzen. Zum Glück erwerbe ich kurz vor dem Start noch Ersatz für meine vergessenen Armlinge. Kurz-kurz bei 14°, Schauer und heftigem Wind war etwas optimistisch gedacht. Gleich zu Beginn reihe ich mich hinten ein. Ich schaue mir die Konkurenz um die rote Laterne genau aus.

Der Startschuss fällt, der Regen auch. Bereits die ersten 100 Biker vor mir reichen aus, um die Wege in schmierige Schlammpisten zu verwandeln. Wie sich das nach fast 1000 Radlern am Ende anfühlen wird, ahne ich schon jetzt. Zur Strecke an sich braucht man eigentlich nichts zu sagen, Wald- und Feldwege, Trails in Wald und Wiese, Wurzel und Stein wechseln sich stetig ab. Nahezu einzigartig der 100km Rundkurs ohne doppelte Passagen. Einfach ein Traum, auf der Startseite www.erbeskopfmarathon.de gibt es einen link zu ein paar Videos, sehr aussagekräftig auch wenn das teilweise auf der 65er Strecke ist.

Unterwegs begegnen mir bis auf die Abschnitte zusammen mit den 38ern fast keine anderen Radler. Die 65er sind mir heute überhaupt nicht zu Gesicht gekommen. Dafür sind die Leute am Streckenrand einfach fantastisch. Wirklich jeder ist nett und freundlich, es wird gegrüßt und angefeuert – auch wenn man 4 Stunden nach der Spitze unterwegs ist. An den Verpflegungspunkten sind die Helfer extrem hilfsbereit, Brillen werden geputzt, Schaltwerke vom Modder befreit und auch sonst versucht man alle Wünsche zu erfüllen. Ob Cola, KuchenWeizenbier oder Kippe – nichts ist unmöglich 😀

Bis zum ersten Verpflegunspunkt bei KM 21 läuft es ganz ok, auf den nächsten 20km fahre ich meinem persönlichen Tiefpunkt entgegen. Ziemlich platt ereiche ich die zweite Labe bei KM 50. Dort stärke ich mich ausgiebig bevor es weiter über den Schlamm des geht.

An der VP3 bei 62km steigen Teilnehmer der 38er Runde entkräftet in das Servicetaxi. Etwas erstaunt setze ich meine Reise fort. Dachte ich doch bis eben, ich sei mit Abstand die größte Null des Tages. Auf der 110er Strecke wird es wieder sehr einsam. Erst kurz vor dem Erbeskopfplateau kann ich zu einem holländischen Pärchen aufschließen. Seit Stunden die ersten Teilnehmer der langen Runde, die mir begegnen.

Die Abfahrten haben es ziemlich in sich und ich fahre mit maximaler Vorsicht. Unzählige Male rutscht Vorder- oder Hinterrad kurz weg auf der Schmierseife, Stürze kann ich zum Glück vermeiden. Anderen ergeht es schlechter, von diversen Ausfällen und Krankentransporten ist zu hören. Muschis galanter Abgang bei der Highspeed-Abfahrt vom ist mir noch in schlechter Erinnerung, ich möchte es ihm ungern nachmachen und fahre entsprechend defensiv.

Den vierten VP unterhalb des Erbeskopf verlasse ich rasch, jetzte kommt noch eine harte Abfahrt und dann ein Streckenteil auf dem man einigermaßen erholen kann. Naja, wen man von erholen sprechen kann. Manchmal muss man trotz 3% Gefälle treten, der Matsch saugt die Reifen einfach fest. Aber die Landschaft ist traumhaft schön und einsam. Mittlerweile ist alles drumherum vergessen und ich fahre einfach im Tunnel. Nach zehn Teilnahmen weiß man ziemlich genau welche noch kommen und kann sich darauf gut einstellen.

Etwas störend sind die Matschbrocken, die mir regelmäßig in den Abfahrten in die Augen fliegen. Meine Brille musste leider den Bedingungen Tribut zollen und so heißt es ohne auskommen. Für solche Bedingungen mit hoher Luftfeuchtigkeit gilt es noch eine Erfindung zu machen, die erfolgversprechend ist. Alles was es bislang auf dem Markt so gibt, taugt einfach nichts.

An der VP 5 „bei Maggi“ (km78) versucht man den Schwenker (einheimisch für Grill) vor dem Absaufen zu retten. Bei noch zu erwartenden fünf Fahrern kann man sich auf den gemütlichen Teil des Tages einstimmen. Ich halte einen kurzen Plausch, während mir das Schaltwerk gesäubert wird. Als die Holländer kommen, lege ich wieder los. Schließlich will ich ja nicht letzter werden – zumindest in diesem Jahr noch nicht 😉

Bis zur letzen VP bei km95 in Deuselbach geht es wieder auf und ab. Man glaubt mehrmals bereits das Dörfchen ereicht zu haben, aber jedesmal geht es nochmal rauf und noch ein Trail. Irgendwann ist es dann geschafft und ich stürze mich auf den selbstgebackenen Butterkuchen mit Kokosstreusel. Obwohl die Helfer auch hier bereits seit Stunden im Regen und der Kälte stehen, bis zum letzten Teilnehmer wird gewartet und alle sind freundlich.

Die Immerter Qual ist in diesem Jahr nicht im Programm und mir kommen keine Tränen. Die ultrafiese Rampe nach der Steilabfahrt ist brutal genug. Hier heißt es bei zuckender Muskelatur schieben wie in jedem Jahr. Endlich wieder oben auf der Wiese kann man Immert bereits sehen. Die dunklen Schauerwolken treiben bei heftigem Wind genau auf mich zu. Zum guten Schluss also nochmal eine kräftige Dusche von oben. Im Regen komme ich in Bäsch an. Auch hier das gleiche Bild wie in den anderen Dörfern, man heizt gemeinsam den Schwenker an und trinkt gemütlich ein Bier, zwischendurch werden die Radler angefeuert.

Von Bäsch nur noch runter nach Thalfang, es geht über die bereits ab Anfang erwähnte Gras/Schlammpiste zum Ziel. Nach mittlerweile fast 1000 Fahrern einmal hin- und zurück Woodstock pur. Nach 8h55min habe ich die 115km mit knapp 3000hm absolviert und bin im Ziel. Während ich meinen Zieltrunk bereits genieße kommen auch die Holländer an. Zu Essen gibt es auch noch und gestärkt trete ich die Heimreise an. In Frankfurt scheint wieder die Sonne und der blaue Himmel strahlt, als ob nie etwas anderes gewesen sei. Die Ergebnisliste weist mich nicht auf dem letzten Platz aus, ich bin unter neun Stunden geblieben – mit Abstand das schlechteste Ergebnis, aber in Anbetracht aller Umstände mein persönliches Maximum in 2012.

Danke allen Leuten in und um Thalfang für die Organisation dieser Perle unter der Radsportveranstaltungen!!! In diesem Fall kann ich mich nur Jahr um Jahr wiederholen, einsame Spitze was ihr da auf die Beine stellt, bitte weitermachen.

darkdesigner

4 Kommentare

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  • darki, ich ziehe meinen hut vor der leistung und motivation, den erbeskopf dieses jahr bei den bedigungen alleine bezwungen zu haben. bei dem wetter hätte ich wahrscheinlich ganz bequem das sofa vorgezogen. der marathon ist schon bei sonnenschein eine große herausforderung. bei den widrigen umständen kann ich die schinderei wohl nur in ansätzen nachfühlen. eine ganz harte nummer. danke für deine zeilen!
    du hast ja vorher schon mit 9h geliebäugelt. respekt, dass du trotz regen und matsch drunter geblieben bist. aber warum schon der tiefpunkt zwischen km20 und km50? motivationsloch?

    wahnsinn!

    meine teilnahme nächstes jahr habe ich ja fest eingeplant. vielleicht bekommen wir eine fahrgemeinschaft zustande. wäre eine klasse nummer. ich kann auch nur jedem den erbeskopfmarathon nur wärmstens ans herz legen!

    rob

  • Oha, da habe ich ja nur ein halb so schlechtes Gewissen, dieses mal gekniffen zu haben! Meine Gebühr sehe ich als Spende für die tollen Organisatoren gut aufgehoben und mit Hausbau und Nachwuchs in Sicht habe ich auch ne passende Ausrede zusätzlich zum Wetter. Der Streuselkuchen ist übrigens der Renner bei allen möglichem Anlässen – sehr zu empfehlen…

    Und Rob, das erzählst Du auch schon ein paar Jahre, oder? 😉

  • Hallo Darki, danke für den eindrucksvollen Bericht. (Hab ihn über unsere Startseite verlinkt.) T-Shirt in „L“ versuche ich zu organisieren…. obwohl das „M“ besser motivieren sollte. OK. Bikini-Figur wäre in diesem Jahr sowieso nebensächlich gewesen.
    Aber: Im nächsten Jahr können wir wieder Sonne. Dann macht die 110er-Runde (!!!) erst richtig Spaß.
    Gruß aus dem schon wieder verregneten Thalfang. (Der Regen wird kälter, Weihnachten naht…)

  • hier in berlin ist der regen auch kalt – und das mitte juli.

    @yogomez: sicher, aber nächstes jahr mach ich ernst, habe es darki versprochen!

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