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3-Länder-Tour

645, Samstag der 18.Juli 2009, Sommer, das Wetter hat das nicht mitbekommen. Den ganzen letzten Tag und die Nacht hat es gewittert, geschauert und heftig geweht. Ein Temperatursturz, das Thermometer ist von 30° auf 15°C gesunken. Alles nur ein Traum? Mein Handy klingelt, am anderen Ende der Leitung Nic the Crow „Was geht? In einer Stunde Treffpunkt bei Dir, wir fahren die Runde!“ Mit die „Runde“ ist eine, in der Woche zuvor ausbaldowerte Tour durch drei Bundesländer gemeint.
Hohe Straße

745, ich stehe mit meinem Renner vor der Tür, beobachte schnell am Himmel ziehende graue Wolken und überlege, ob die Knielinge nicht doch angebracht sind. Der Italiener (Lorenzo) steht neben mir und weiß auch nicht was er eigentlich hier soll. Kurze Zeit später taucht der Engländer (Nic the Crow) auf und wir starten gen Norden aus der Stadt raus.


Vorfreude

Zum warm werden geht es erst mal leicht rauf, wir legen die ersten KM über den Lohrberg und die Hohe Straße in Richtung Hanau zurück.


Hohe Straße


Blick auf den Hahnenkamm

Nach Hanau verlieren wir die ersten hundert Höhenmeter, der Weg führt über Mittelbuchen und Hohe Tanne nach Wilhemsbad rein. Über Hanau werden viele Legenden berichtet, einst soll hier mit plutionomhaltigem Material experimentiert worden sein, excellente Reifen wurden angeblich produziert und zwei Brüder sind hier geboren, welche verückte Märchen in alle Welt trugen. Heute streitet man sich oft, ob Hanau vielleicht doch häßlicher als Offenbach ist. An manchen Stellen kann man diesen Eindruck tatsächlich bekommen…

Kurz nach Hanau überqueren wir die erste Landesgrenze, auf dem Weg nach Kahl am Main zeigt ein unscheinbares Schild mit blau-weißen Karos uns den Eintritt nach Bayern an. Hier liegt übrigens die tiefste Stelle Bayerns. In Kahl werden wir dann fast Opfer eines Hochgeschwindigkeitszuges, entgegen unserer Annahme das dieser Übergang dauerhaft geschlossen sei, geht er dann nach der zweiten Durchfahrt doch nach oben.


Geisterübergang

Von Kahl fahren wir die wunderschöne asphaltierte Versorgungsstraße entlang der Baggerseen nach Hörstein. Dort sind wir am Fuße der ersten Bergwertung des heutigen Tages. Gute hundertfünzig Hm klettern wir auf den Hahnenkamm, den westlichsten Ausläufer des Spessarts.

Wir durchqueren Rückersbach, lassen die Schlucht rechter Hand liegen und erreichen nach Sternberg das beschauliche Oberafferbach. Der erste Schauer holt uns bei Kilometer 50 ein. Wir stärken uns in der örtlichen Metzgerei und warten den Guss ab. Keine zehn Minuten später geht es auch schon weiter. Die Abfahrt von Johannesberg über Breunsberg nach Wenighösbach ist ob des nassen Belages ein kleines Roulettespiel. Alles geht gut und wir fahren weiter nach Hösbach.


Metzgerei in Oberafferbach


Schauer über dem Hochspessart

Dieses Nest ist wenig beschaulich, eine breite Straße mit viel Verkehr und Autobahnanschluss nervt. Auf der A3 zwischen Frankfurt und Würzburg ist an diesem Sommerferienwochenende mal wieder die Hölle los dank einiger Stau-Umfahrer. Wir sind froh als wir diesen Teil hinter uns lassen und endlich in die grünen Wälder des tiefen Spessarts eintauchen. Kurz nach Unterbessenbach überqueren wir nochmals die A3 (nicht zum letzten Mal am heutigen Tag) und kommen nach Waldaschaff.


Warteposition in Waldaschaff

Gerade richtig warm gefahren für die anstehende zweite Bergprüfung, läßt der Italiener uns am Straßenrad stehen und füllt seine Flasche nach. Eine gefühlte Ewigkeit später rollen wir endlich weiter, der Anstieg zum Hirschkopf ist eigentlich ziemlich gleichmäßig, zieht sich aber doch in die Länge. Knapp 300 Hm sind zu bewältigen, ehe es wieder runter nach Rothenbuch geht. Dort biegen wir ausnahmsweise nicht nach links in den Ort, sondern gleich nach rechts gen Hafenlohrtal.


Hafenlohrtal

Uns erwartet der Traum eines jeden Radlers, eine fast 20 kilometer lange, fast nicht befahrene Straße. Konstant leicht abfallend führt sie ohne Ansiedlungen durch ein Tal ostwärts, lediglich drei Weiler liegen auf dem Weg. Selbst ein weiterer Schauer kann uns nicht die Laune auf diesem Abschnitt verderben. Der Tip schlechthin: Hafenlohrtal

In der Gemeinde Hafenlohr stoßen wir auf den Main, fahren ein kurzes Stück flussabwärts und werden von einem heftigen Schauer zum pausieren gezwungen. Ein Holzverarbeitender Betrieb spendet Unterschlupf, anscheinend wird hier Kohle produziert, zumindest ist der Steiboden angenehm warm.


Pausenclowns


Schauer über dem Main

Mit gewärmtem Rücken geht es dann über den Main nach Marktheidenfeld. Anstatt eines fleischverabeitenden Betriebes lenkt der Engländer die Aufmerksamkeit auf die Filliale einer Drogeriemarktkette: „Ey, bei DM gibts Powerbar“.


Powerbarparty

Wie blöde kaufen wir den klebrig-süßen Kram, was ein Hungerästchen alles im Gehirn ausschaltet. Mir hat es jedenfalls nicht gut getan, doch dazu später mehr. Lorenzo läßt nicht nur zu seiner eigenen Überraschung einen Teil der Riegel vor der Tür liegen. Das merken wir erst am Ortsausgang und rollen weiter mainabwärts. Nach Lengfurt kommen wir in Homburg am Main an, dort findet gerade Weinfest statt.


Homburg am Main

Der Weg dorthin wurde von der Krähe mit 40+ gedrückt. Die Wirkung meiner Riegel läßt auf sich warten, mit geht es hundselend. Da wartet in Homburg eine Rampe, die es in sich hat. Noch kann ich meine Probleme einigermaßen kaschieren, die knapp hundertfünzig Höhenmeter setzen mir mehr zu, als mir lieb ist. Wir verlieren sie sofort wieder auf der Abfahrt nach Wüstenzell. Dort wartet auf der gegenüberliegenden Hangseite ein furchteinflößender Anstieg schon beim Anblick.

Ich versuche mein bestes um nicht zu resignieren, aber es hilft alles nichts. Ich platze gnadenlos auf und muss sogar kurz vom Rad. Anhalten, Luft holen, ein paar Schritte laufen, ich versuche es wieder und kurbel auf dem kleinsten Gang die Rampe hoch. Der Wind weht mittlerweile stramm von vorne, Windstärke 4 – wie im Wetterbericht angekündigt.

Am höchsten Punkt überqueren wir erneut die A3 und rollen endlich wieder bergab. Noch vor dem unterfränkischen Holzkirchhausen biegen wir rechts ab. Die kleine Straße führt über die nächste Landesgrenze, von Bayern gelangen wir nach Baden-Württemberg. Das nächste Dorf ist eine der nördlichsten Kommunen des Bundeslandes, Kembach zur Stadt Wertheim gehörend.

Von Kembach führt der Weg wieder bergauf über den Knollenberg, es geht nach Höhefeld. Ein bezeichnender Name, langsam geht es mir auch wieder besser, ich kann mich trotz des ständigen Auf- und Abs erholen. Von Höhefeld führt ein asphaltierter Weg durch den Wald runter nach Gamburg. Eine spektkuläre Abfahrt, wir verlieren fast 200 Höhenmeter. In Gamburg überqueren wir die Tauber.


Gamburg

Jetzt geht es wieder bergauf, endlos zieht sich der Anstieg nach Uissigheim. Selbst im Ortskern ist die Kuppe noch nicht erreicht, irgendwann muss es doch vorbei sein. Endlich, wir sehen Külsheim!

Im badischen Frankenland, so nennt sich die Region auch, findet heute das 12-Stunden Rennen von Külsheim statt. Einst nahm auch ich dort mit den beiden 2003er Harzsturm-Teilnehmern Tom und Rieni teil. Heute bin ich gekommen, um die beiden zu überraschen und ihnen ein wenig Motivation zukommen zu lassen. Auf dem Gelände der aufgegebenen Prinz-Eugen-Kaserne ist der Austragungsort des Spektakels.


12-Stunden-Rennen Külsheim

Wir treffen Tom bei den Startvorbereitungen zu seinem nächsten Einsatz. Er ist unschwer aus der Masse der Fahrer am Trikot erkennen. Mit Stolz trägt er unsere Farben bei diversen Rennveranstaltungen! An dieser Stelle mal ein Dankeschön dafür.


Eule & Tom


Warmverpflegung

An der Kuchen- und Nudeltheke stärken wir uns gegen einen kleinen Obulus und halten noch einen kleinen Plausch mit Rieni. Dann heißt es für uns Aufbruch zur Rückfahrt nach Frankfurt. Die nächsten Kilometer führen über eine weitgehen offene Hochebene. Die leichten Wellen machen die Fahrt im strammen Gegenwind nicht wirklich angenehmer.

Zum Glück habe ich die Pause gut nutzen können, die Nudeln tun Wunder, ich bin wieder da. Über Steinbach, Hundheim, Tiefental und Neunkirchen kommen wir an eine Geländekante. Mittlerweile haben wir auch wieder Bayern erreicht. Die Erf hat sich tief in den Odenwälder Buntsandstein eingeschnitten, es geht von 360m ü. NN runter nach Miltenberg auf gerade einmal 125m. Dazwischen liegt die herrliche Serpentinenabfahrt nach Eichenbühl. Dort müssen wir einen erneuten Schauer abwarten.


Weinberge von Großheubach

Von Miltenberg fahren wir entlang des Mains flussabwärts nach Kleinheubach und Laudenbach, nochmal ein Schauer, nochmal Zeit Nahrung aufzunehmen. Von Laudenbach geht es stramm hoch auf die Höhen des Odenwaldes. Wir überqueren die Landesgrenze von Bayern zurück nach Hessen. Erkenntnis des Tages: Ein harter Anstieg bei Kilometer 190 tut weh. Oben haben wir wieder gute 200 Höhenmeter gut gemacht und rollen entlang des Mömlingtales bis Breuberg. In Hainstadt entdecken wir in einem Hinterhof das Sommerfest eines Dorfgastronomen. Mit Zungenblutwurst- und Presskoppbrötchen stärken wir uns, ein Pils dazu, so läßt sich der nächste Schauer ertragen.


Pilsstation Hainstadt

Das dieser Schauer sogar zum Abruch des 12h-Rennens in Külsheim führen sollte, können wir da nicht ahnen. Wir entschließen uns trotz Regens wieder aufzubrechen. Es geht nochmal rauf, nach Wald-Amorbach, eine kurze Abfahrt und wieder rauf nach Dorndiel.


Austreten im Regen

Etwas oberhalb des Dorfes biegen wir rechts in den Wald ein. Ungläubig murren meine Mitfahrer über den Schotterweg im Wald, doch es ist die kürzeste Verbindung nach Radheim. Nach wenigen Metern ist wieder asphaltierter Untergrund erreicht, eine schnelle Abfahrt auf gefährlich nassem Geläuf.


Blick auf den Spessart oberhalb von Radheim

In Radheim eine letzte Welle, dann sind wir in Schaafheim. Von dort führen ewig lang geradeaus führende Straßen über Babenhausen in den Rodgau. Am Opeltestgelände vorbei kommt es mal wieder heftig von oben. Mittlerweile ist das „Marathongefühl“ da, völlig befreit von allen Schmerzen fahren wir abwechselnd im Wind mit über 30km/h die letzten 20km bis Offenbach.

Kurz vor OF noch eine allerletze Stärkung in Heusenstamm, dann über die Lederstadt der letzte Anstieg hoch zum Goetheturm und wir stehen über Frankfurt. Über den Main und hoch ins Nordend, wir sind am Ziel angekommen. Nass von oben bis unten scheint zum Abschluss sogar nochmal die Sonne. 2030, Ffm-Nordend, 254km liegen hinter uns, die 300 können kommen…


Zurück in der Sonne

darkdesigner

8 Kommentare

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  • Respekt! Und für eine Teilnahme bei Hamburg-Berlin scheinst Du bestens gerüstet (im Gegensatz zu mir).

    Twobeers

  • hoi t°bi,
    merci nochmals für den wirklich überraschenden kurzbesuch und fetten respekt für eure (tor)tour. bei uns war es noch eine schöne schlammschlacht. zuletzt war die strecke extrem selektiv und das rennen wurde aus sicherheitsgründen abgebrochen. so konnten wir schon frühzeitig zum gemütlichen teil übergehen …

  • Schöner Bericht. War ne geile Runde, nur auf den Regen hätte ich auch verzichten können. Deinen Speichenbruch hast du vergessen bei ca. km 200.

    babaam

  • Den Pulsmesser häng ich immer ans Oberrohr…

    Ach die Speiche ist gebrochen, deshalb schaukelte es bei den letzten Abfahrten immer so…

    Und bitte tut mir einen Gefallen, „Tobias“ bitte mit AS am Ende, Danke!!! Tobi ist echt ein No-Go bei mir.

  • „Und bitte tut mir einen Gefallen, “Tobias” bitte mit AS am Ende, Danke!!! Tobi ist echt ein No-Go bei mir.“

    Geht mir genauso….

    Twobeers

  • Toll, eine Tour bei der ich auch bei strahlendem Sonnenschein nicht dabei sein wollte.
    Rennrad, und dannn auch noch soooo weit, respekt Jungs! Ich habe es heute eine tunde in den Wald geschafft und mir eine lange Hose aus Modder angezogen, das war auch schön.
    Bis bald!

  • Ist ja interessant! Die Amis sind schon wieder hier und trainieren fleissig! Sehen auch ganz fit aus. Das wird wohl eine harte Angelegenheit im Oktober. Wobei eines sicher sein dürfte – nie war Staub schneller, als in diesem Jahr. Bis bald… D.K.

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