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Unterwegs in der Fremde

Ehe ich ganz vergessen werde, möchte ich mich hier noch mal kurz zu Wort melden und Euch berichten, was ich derzeit so tue: Wie der Ein oder Andere vielleicht mitbekommen hat, treibe ich mich – beruflich bedingt – seit ca. 3 Wochen im südlichen Speckgürtel der österreichischen Hauptstadt herum. Wie es aussieht, wird dieser Einsatz auch noch eine Weile dauern. Dies brachte mich dazu, anlässlich meines letzten Heimaturlaubs, mein Rädchen hierher zu überführen. So reiste es, wie sein Herrchen am vergangenen Montag via Schlafwagen nach Wien.


Der Semmering zu meinen Füßen

Da es sich bei Österreich momentan noch um ein katholisch geprägtes Land handelt, war gestern – anlässlich Marias seinerzeitiger Himmelfahrt – ein Feiertag. Da ich, als geborener Atheist, keine religiösen Verpflichtungen hatte, beschloss ich, den freien Tag anderweitig zu nutzen und das Land zu erkunden. Das Gute mit dem Nützlichen verbindend, wollte ich der Semmeringbahn einen Besuch abstatten. Und so saß ich dann am gestrigen Morgen im „Erlebniszug Zauberberge“, welcher an Wochenenden und Feiertagen Wien mit Mürzzuschlag am Semmering verbindet.


Auf der Strecke

Die Fahrt gestaltete sich recht kurzweilig, wird doch zwischen Payerbach und Mürzzuschlag die älteste Gebirgsbahn der Welt befahren, welche sich noch dazu des Status „Weltkulturerbe“ erfreuen kann. Würde die Strecke heutzutage genau so gebaut werden, würde wahrscheinlich Wien – oder irgend etwas Anderes österreichisches – diesen Status verlieren. Die Streckenführung, welche auch sehr gut aus dem fahrenden Zug wahrgenommen werden kann, nötigt auch dem heutigen Betrachter eine gehörige Portion Respekt ab, insbesondere eingedenk der damaligen technischen Möglichkeiten. Immer noch zählt die Semmeringbahn – als Teil der „Österreichischen Südbahn“ zu den meist befahrenen Strecken im Land. Der sogenannte „Semmering Basistunnel“ ist zwar seit Längerem in Gespräch und Planung, scheiterte aber bisher an Streitereien der betroffenen Bundesländer Niederösterreich und Steiermark.

Knapp 1,5h nach meinem Zustieg in Baden, verließ ich den Zug in Mürzzuschlag und wandte mich ohne weiteres Zögern den ersten 750hm des Tages zu. Es rollte relativ entspannt und so konnte ich in Ruhe die Landschaft genießen. Völlig unbeleckt von Hochgebirgserfahrung wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, ob sich die von mir per Karte geplante überhaupt fahren lassen würde. Aber bis auf kleinere Tragepassagen, erwies sich meine Sorge als unbegründet. Das mag eventuell auch daran gelegen haben, dass der höchste Punkt meiner Tour, mit max. 1.535m – für Alpenverhältnisse – nicht wirklich hoch war. Dies hatte – neben der fast durchgängigen Fahrbarkeit (einem Sachverhalt, auf welchen ich allerhöchsten Wert lege) auch den Vorteil, dass ich die Vegetationszone zu keinem Moment verlassen musste, was bei den gestrigen 33°C sehr angenehm war.


Blick zurück ins Tal


Durch diese hohle Gasse muss er kommen


Ganz hübsch

Nach Erreichen des ersten Meilensteines, der „Großen Scheibe“ galt es einen sehr schönen und mit ~13km auch recht langen Wanderweg zu bafahren, der sich zu gut 75% als Wanderpfad darstellte. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ab Semmering dem sogenannten „Bahnwanderweg“ zu folgen, welcher sich weitestgehend an der Trasse der o.g. Bahn entlang schlängelt, doch es kam – wie so oft – anders. Unterhalb des Pinkenkogels, ich widmete mich gerade dem Kartenstudium, kam ein Fahrradkollege den Berg herauf gestampft. Da auch er sich neu orientieren musste, kam man ins Gespräch und es wurde beschlossen, erst mal gemeinsam weiter zu fahren. Da er vorhatte, einige vorgefertigte Runden, welche über eine entsprechende Internetpräsenz angeboten werden, zu einer etwas längeren Tour zu verbinden, nahmen wir als erstes die so genannte „Liechtensteinstrecke“ in Angriff, welche offiziell als „Powerstrecke“ firmiert. Ich weiß nicht woran es liegt, aber irgendwie haben diese Strecken einen verdammt hohen Asphaltanteil. Bei unserer Runde hätte es mit 10,9 zu 13,2km fast die Hälfte sein sollen. Aufgrund dieser Tatsache und meinem rapide sinkenden Blutzuckerspiegel, beschlossen wir auf eigene Faust weiter zu machen und so bogen wir irgendwann doch noch auf den Bahnwanderweg ein, getragen von der Hoffnung, irgendwo etwas Eßbares zu finden. Das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Der Weg – in weiten Teilen ein kleiner Pfad führt mal oberhalb, mal unterhalb der Semmeringstrecke entlang und tangiert dabei alle relevanten Bauwerke der Strecke, deren Zahl naturgemäß sehr hoch ist.


Einer der zahlreichen Viadukte

Kurz bevor ich – aufgrund eines bevorstehenden Hungerastes – ins Wachkoma versank, fand sich tatsächlich noch ein feiner Gasthof, in welchem es – für österreichische Verhältnisse absolut ungewöhnlich – zu einem kleinen Preis alles gab, was ein ausgezehrter Körper benötigt. Da mein neuer Radlkumpel ein schlechtes Gewissen gehabt hätte, wenn er sich von mir hätte einladen lassen, beging ich den schweren Fehler, ihm ins Tal zu seinem Auto und seiner darin deponierten Brieftasche zu folgen. Wie schwer dieser Fehler war, bemerkte ich bereits auf der Abfahrt von Klamm nach Schottwien. 200Hm wurden vernichtet. Was an sich kein Problem darstellen würde, wird leer gebrannt und mit einer so genannten Jausenplatte im Magen (wobei man Platte durchaus wörtlich nehmen kann) schon zu einem kleinen Problem. Aber es nützte nichts. Ich strampelte nach erfolgter Übergabe und Verabschiedung wieder den Berg hinauf und folgte für den Rest des Tages weiter dem Bahnwanderweg bis Payerbach.
Kurz vor Schluss, wäre es in der Nähe von Pettenbach beinahe noch zu einem Showdown gekommen. Auf der letzten Rille laufend und die Abfahrtszeit des Zuges im Kopf, hatte ich einfach keinen Bock mehr auf zivilisationsbedingte Umwege und marschierte über ein Grundstück in Richtung Ziel, als plötzlich ein Boxer (der Hund) vor mir stand und die etwa zwei Meter breite Passage blockierte, die zwischen mir und meinem Ziel lag. Er glotzte blöd, ich nicht minder. Und gerade als sich in mir – bestärkt durch sein feindseliges Geknurre – die Erkenntnis Bahn brach, das gewisse Umwege der körperlichen Unversehrtheit durchaus dienlich sein können, verließ ihn der Mut und er rannte davon, so schnell ihn seine krummen Beine trugen. Der Weg war nun frei und ca. 20 Minuten später war ich wieder am Bahnhof.


Kein Viadukt, ein Stück Strecke.

So, liebe Leute. Auch wenn es nicht gerade spannend war, hat es euch hoffentlich doch geholfen, euch eine knappe halbe Stunde dem Feierabend näher zu bringen. Das soll es aus Niederösterreich erst mal gewesen sein. Am Wochenende geht es zur Abwechslung in den Wiener Wald, welcher unmittelbar vor der hiesigen Haustür liegt.

Ein paar Bildchen mehr gibt es hier zu sehen: Klickklack!

14 Kommentare

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  • Er lebt noch, ja er lebt noch!

    Sieht ein bißchen aus wie eine Spätsmmertour durch den Thüringer Wald. Du hast hoffentlich Spaß bei den Schnitzelfressern.

    Hauptstädtische Grüße nach da unten…

  • Mann, da muss du aber wirklich an deiner Grenze gewesen sein, auf dem letzten Bild sehe ich kein Viadukt und das davor auch nur mit der Lupe.

    Aber egal, hauptsache ich kann aus den Zeilen dazwischen lesen, dass es dir total beschissen geht und du absolute Sehnsucht hast nach deiner Heimat und nach uns. Wir werden heute mit einem Pils auf deine Wohlergehen anstoßen und deiner Gedenken.

  • Ein (oder einen?) Viadukt sehe ich auch nicht. Das ist die Höhenkrankheit, die leichtsinnige Preußen über 1000 m befällt.

    Ansonsten ein feiner Bericht, garniert mit etwas Eisenbahnerlatein. Apropos: Will die österreichische Staatsbahn den Wiederanschluss, oder bekommen die nun Schienen von Rhein und Ruhr, oder bist Du strafversetzt worden?

  • So, damit das Gemaule aufhört! Ich habe die – zugegebenermaßen falsche – Bildunterschrift geändert (verdammte Krümelkacker!). Bei dem nunmehr verbleibenden Bild mit dem Begriff „Viadukt“ im Bildtext, hilft entweder Druffklicken! oder aber Brille uffsetzen. Wem es peinlich ist, der sollte das machen, wenn seine Süße oder – was bei euch notgeilen Säcken wahrscheinlicher ist – die attraktive Kollegin draußen sind. So, ich habe fertig.

    Wie gerne würde ich heute auf den Weltfrieden trinken. Aber hier in der Verbannung kenne ich Keinen und wenn, hätte ich auch keine Lust, bei dem Stoff, den die hier „Bier“ nennen.

    Zu Onkels Frage: Sagen wir mal so, ich helfe – aufgrund des derzeit überdurchschnittlich hohen Arbeitsaufkommens – den Planern der ÖBB. Allerdings hat mich nicht „Die Bahn“ hergeschickt, sondern mein nunmehriger Arbeitgeber aus der freien Wirtschaft. Dieser hatte wohl – in der Augen der ÖBB – das attraktivste Angebot abgegeben.

  • Oh, freie Wirtschaft, verstehe. Ist nix mehr mit Eier schaukeln, wah? Jetzt wird auch mal bis 18 Uhr gearbeitet, nicht nur bis halb vier, stimmt´s ? Ich sehe schon, Du musst mich einfach besser informieren, Jost.

    Das Viadukt habe ich nun tatsächlich gesehen. Wunderschön.

  • Man Jockel is in den BERGEN wie geil, aber wie auch Rifli kann ich jut herraushören wie sehr du doch dein heiß geliebten Sand vermisst, ick globe och wenn du das jetz schreibst hast du null spaß da.
    Ick wünsch dir alles alles jute und hoffe das du jetz nich für immer weg bleibst. Aber so lange du da noch bist bitteic um weitere Bilder und Berichte aus dem Paradies.
    Schöne grüße ick mach mich jetz bereit für den Sand.

  • Ich hab‘ schon gedacht du hättest uns vergessen! Schön zu sehen, dass es dir in Abwesenheit von Bier und Freunden doch leidlich geht!
    Junge, komm bald wieder!

  • Jockel kannst du nicht ein paar Berge exportieren die Ösis haben doch genug!?
    Was macht der Bauch bei so viel lecker Schnitzel und Knödel?

  • Sehr schön, Herr Inschenjör! Da ändert sich zwar der Arbeitgeber, aber deshalb nicht die Arbeitsweise: Per Tretfahrrad wird sich der Aufgabe genähert, von allen Seiten wird sie betrachtet um sie dann als „sinnvoll“ einzustufen. Nun noch schnell etwas geplant, um sie schnell anderen zur Ausführung übergeben zu können. Fertig.

    Wieso du allerdings deshalb derartig lange in unserem südöstlichsten Bundesland verweilen musst, verschliesst sich meiner Nachvollziehbarkeit. Sicher liegt das am Temerament des typischen Ureinwohners der Region, dem beim Einhundertmetersprint schon gern mal eine Schnecke von hinten unter die Schuhsohle rennt. Liebe Grüße und – ja – ich mag dich auch… menis

  • …kannst du nicht ein paar Berge exportieren…

    Ach Luzi, Berge sind ganz nett, aber eben auch nicht alles…

    Nun noch schnell etwas geplant, um sie schnell anderen zur Ausführung übergeben zu können. Fertig.

    Nun, dass ist nicht ganz richtig. Suggeriert es doch, dass meine Tätigkeit einen gewissen Sinn hätte. Dem wäre auch so, wenn denn das, was ich zu Papier bringe, auch tatsächlich baubar wäre. Nunja, zumindest bemühe ich mich… 😉

  • lieber jockel, die ferne liegt so nah, und einige aussenposten sind ja unweit deines aufenthaltes, wenn es dir auf einmal doch nach verstätkung sein sollte, so findet sich bestimmt ein zeitpunkt um die stadt der arbeit mal kennen zu lernen 🙂

  • Mensch jockel,

    endlich ein kleiner Gruß von Dir aus der Fremde. Ich muß zugeben, daß ich etwas irritiert war, als ich hörte, wohin es Dich verschlagen hatte. Aber Geländerad fahren kann man zum Glück auch da, wenn es einem die Waldeigner nicht verhageln.

    Schöne Runde auch, die Du Dir da ausgesucht hast. Perfekt mehrere Interessen verbunden würde ich sagen.

    Viel Spaß noch und hoffentlich auch bald mal wieder auf den heimischen Pfaden.

    Gruß STW

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