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ESK bei der WM

Wieder ein großes Ereignis in Deutschland auf das die ganze Welt schaut – die Radsport Weltmeisterschaften 2007 in Stuttgart. Im Vorfeld galt es die Strecke zu testen und der gemeine Jedermann sollte Versuchskaninchen spielen. Naiv, wie ich im Februar den Oberst ein Stockwerk über mir beim Arbeiten beobachten durfte, meldete ich mich zu der WM-Velotour an. Nun Monate später ernte ich die Früchte meiner unbedarften Renn-Anmeldungen…

Es ist Sonntag, 4:45Uhr, Frankfurt am Main, meine mobile Fernsprecheinrichtung macht laute Musik und ich komme nur mühsam aus den Federn. Schließlich bin ich erst knapp drei Stunden zuvor dort angekommen. Verdammt, die 35 Euronen verstreichen lassen oder jetzt raus und die 200km in die Spätzlehauptstadt runterdüsen? Na gut, WM ist nur einmal, also raus und hin.

Verschlafen packe ich meine sieben Sachen in die große ESK-Tasche, verstaue den Kram im Automobil und um 515 geht die Reise los. Bis 700 gibts die Startunterlagen und um 800 ist auch schon der Start, also heißt es „laufen lassen“. Sonntag früh zum Glück ein schönes Erlebnis mit traumhaftem Sonnenaufgang über der Bergstraße/Odenwald. Um zehn vor 7 hab ich einen perfekten Parkplatz nur 1500m von Start und Ziel entfernt.

Anziehen, Rad aufgebaut und los die Unterlagen abgeholt. Endlich bemerke ich, was in aller Eile vergessen wurde – Nahrungsaufnahme! Also nochmal zum Auto, trockenes Brötchen, einen Müsliriegel (aus dem Starterpaket) und einen Rest Maximgel von vor zwei Wochen reingedruckt, mit Wasser gespült und zum Startblock. Prima, jetzt noch zwanzig Minuten warten und los gehts.
Um mich herum nur feinstes Material, ein Einheimischer warnt vor dem Herdweg, bzw. der Einfahrt. Kurz erklärt er die ersten 3 Kilometer, hat sich als recht hilfreich erwiesen, Danke.

Zunächst geht es nach überfahren der Start/Ziellinie noch einige hundert Meter bergan, bevor es eben und dann in die Abfahrt geht. Super breite Straßen, die Serpentinen ziehen sich trotzdem unheimlich zu, je nach Tempo und Linienwahl. Ungebremst hab ich es in keiner Runde geschafft, spricht nicht für meine Technik (grottig). Egal, hatte trotzdem weit über 70 Stuckis drauf, mit ein paar Kilos mehr als die kleinen Berggazellen kein Problem.

Nach etwa 3,5km gehts dann direkt von der schnellen Abfahrt in den bereits erwähnten Herdweg. Dieser zeichnet sich durch fiese Steilheit, gepaart mit unrhytmischen Steigungsprozenten aus. Zwischen 10 und 17%, im Schnitt 13% gilt es auf 400m Länge zu bewältigen. Dank der Vorwarnung hatte ich schon vor der Einfahrt aufs kleine Blatt runtergeschaltet und ein entsprechend großes Ritzel gewählt. So kam ich in keiner Runde in Schaltschwierigkeiten wie manch andere… Einen Fahrer erwischte es in Runde 3, beim Schaltwechsel fliegt die Kette oder Schaltwerk in die Speichen. Es macht Peng und einige Speichen klimpern am Rahmen.

Ich hatte andere Sorgen, nachdem ich endlich wieder die 11-23 Kassette aufgelegt habe, suchte ich verzweifelt nach Alternativen. In der ersten Runde konnte ich noch relativ flüssig 21 treten. In der zweiten war dann im oberen Teil das 23er von Nöten, in der dritten quälte ich mich mehr, als das man von fahren sprechen kann. Was in der vierten passiert ist – keine Ahnung – Tunnel – ich mußte nicht absteigen! Die Pros müssen da 14 mal durch…

Am Ende des zweiten langen Anstiegs merkte ich deutlich das hohe Tempo und mußte meine Gruppe ziehen lassen. Aber hatte ich nicht was von „wenn du nach Feuerbach keine Gruppe hast, stehst du voll im Wind“ am Start vernommen. Ich beschloß alles zu geben und schaffte es irgendwie als Schlußlicht wieder an die 30köpfige Gruppe ranzukommen. Bei der ersten Start/Zieldurchfahrt ließ ich dann aber endgültig reißen und versuchte einen eigenen Rhytmus zu finden.

In der zweiten Runde versuchte ich möglichst wenig Körner zu verballern, was ich halbwegs schaffen konnte. Ein Fahrer hatte dies wohl nicht gepackt und kübelte heftig am Straßenrand. Aua, na wenigstens erleichtert dachte ich mir 😉 In der zweiten Abfahrt saß einer am Bordstein, eine Helferin war sofort bei ihm. Der einzige Sturz den ich an diesem Tag sehen mußte. Ansonsten ein super ruhiges Fahrerfeld, kein Geschrei, alles sehr diszipliniert, echt das beste was ich je bei nem Rennen erlebt habe.

In Runde drei fuhr ich dann relativ konstant und fühlte mich gut, ein Gel ausgangs Runde 2 könnte die Ursache gewesen sein. Das karge Morgenmahl sollte dann aber in der letzten Runde zurückschlagen. Ich war fertig, unglaublich fertig. Hunger, einfach nur Hunger. Zudem hatte ich leichte Bedenken, meine Muskelatur könnte zumachen, ein leichtes Zwicken verspürte ich schon. Trotzdem versuchte ich möglichst lange das große Blatt zu fahren, in den wenigen halbwegs flachen Stücken (eigentlich gab es die nicht).

In der letzten Abfahrt nach Feuerbach hängte ich mich dann bei vier Leuten hinten drauf. Ihre mißmutigen Blicke waren mir relativ egal, in der letzten Runde wird angeklampt bis der Arzt kommt. Nachdem Feuerbach erreicht war, hatte ich genug Zeit gehabt um Luft zu holen. Ich fuhr nach vorne und ging auch endlich in die Führung. Mit vollem Speed durch die Hauptstraße und dann endlich wieder hoch in Richtung Ziel. Ich drückte weiter so gut es ging und tatsächlich konnte die Jungs nicht folgen. Die letzten zwei Kilometer dann alleine, ich drehte mich nicht um. Da der Teufelslappen, es sollte zu einer Zeit unter 2:30 reichen, noch 250m – die letzte Kurve – voll rein, raus aus dem Sattel und nochmal beschleunigen, geschafft!

Knapp 2:25 stand auf der Uhr, ein Schnitt von 31,5km/h auf knapp 77km mit 1280hm. Die angekündigten 1600hm warens dann nicht, aber das sollte ich auch noch schaffen… Nach etwas lieblosen Nudeln (das können die Schwaben eigentlich besser) und nem kleinen Weizen gurkte ich umgehend zurück nach FFM. Die U23-DM schenkte ich mir zugunsten einer MTB-Runde im Taunus am Nachmittag. So kamen dann nach 80km Rennrad noch 70km MTB zu Stande und jetzt bin ich hoffentlich bald müde…

Bilder reiche ich hoffentlich noch nach.
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darkdesigner

7 Kommentare

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  • Darki, danke für die Schilderungen deiner Quälerei. Am Aufstehen hängt es bei mir jedes mal, wenn noch eine Anreise mit dem Auto ansteht, fällt so eine Veranstaltung für mich leider flach.

    frenk

  • sag mal tobi, hast du irgendwie eine beziehung zu herrn fuentes? oder wie kommt’s, dass du nach einem ordentlichen rr-rennen am morgen nachmittags nochmal auf das mtb musst (willst)? mir scheint du hast dir eine heftige asphaltvergiftung zugezogen. einziges gegenmittel: mtb

    n’est pas?

  • Sehr schön, Herr Eule. Den Kurs hätte ich mir ja auch gern mal angesehen, aber in diesem Sommer komme ich zu nix. Da sind die Berichte des ESK das einzige Highlight. Vielen Dank und bis bald… menis

  • Kein Schlaf, kein Frühstück und dann Nachmittags noch MTB? Krank! Einfach nur krank!

    Glückwunsch zu dieser seltenen Krankheit und großen Respekt!

  • Mensch eule, sehr schöner Bericht. Ich wäre gern dabei gewesen, wenn dieser chronische Zeitmangel nur nicht wäre. Mein Neid sei Dir gewiß, da ich auch zu gern einmal WM-Luft geschnuppert hätte.

    Einen Gruß an die alte Rennsau…

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