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Nordrunde mit Startschwierigkeiten

, die mit „eigentlich“ beginnen zeugen nicht sehr von der gedanklichen Klarheit des Autors. Wenn es dann noch heißt, „Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes machen!“, ist der Eindruck durchaus berichtigt, der Herr Zeilenverfasser ist wenigstens temporär nicht ganz beieinander und wohl nur Mitleid mit dem Wirrkopf führt dazu die restliche Geschichte zu lesen. Oder aber es handelt sich um eine der mittlerweile selten gewordenen Geländeradgeschichten! Also:

EIGENTLICH WOLLTE ICH AUCH FAHREN!

Autsch, was für ein Satz – glaubt mir sowieso keiner, also anders:
Noch schwer beeindruckt von den Berichten der Schwanenkampfdelegation des auf , hatte ich mir eine kleine ausgedacht, die mich von nach Prag und zurück bringen sollte. Immer an der Elbe entlang, dann in weiter an der Moldau und zurück einfach den Oder-Neiße-Weg abspulen. Alles in Allem sollte so was in sechs Tagen zu fahren sein. Ein zusätzlicher Tag Regeneration in der tschechischen Hauptstadt macht dann eine Woche Bikeurlaub – perfekt! Einmal mit weissen Überschuhen unterwegs sein, einmal rasiert sein…! Leider kam es anders: Am Vorabend meiner Tour stieg das Lieblings-Computersystem eines Klienten aus und es war an mir das wieder zu richten.
Hardwaredefekte kündigen sich halt selten vorher an und so hatte ich dann noch den ganzen nächsten Tag zu tun, bis alles wieder wie vorher war…
Kann man nichts für – so ist das mit dem Job nun mal.
Das Problem dabei: Das Kontingent der freien Tage ist begrenzt, am Montag hat man wieder das Telefon im Büro zu bewachen.
Als sich dann am nächsten Tag noch ein weiteres berufliches Hindernis zwischen mir und meinen Trip schob, war die Prag-Idee Essig. Eilig wurde ein Ersatzplan geschmiedet:
Mann könnte ja mit dem Renner hoch zur Ostsee und dann eben in fünf Tagen abschwucken, was da abzuschwucken wäre… – aber die Vorstellung auf endlosen Teerbändern, ab und zu unterbrochen durch prähistorische Kopfsteinpflasterdorfstraßen, dahinzugleiten erschien mir plötzlich doch sehr langweilig. Ich meine, warum fährt man denn überhaupt Rennrad?! Genau! Weil man´s nie alleine fährt, sondern immer noch jemanden dabei hat, mit dem man sich die ganze Zeit über mehr oder weniger tolle Rennradteile, den guten Geschmack von Alkoholfreien Bieren unterhalten kann oder aber die feinen charakterlichen Unterschiede zwischen Italienern und Japanern.
Also beerdigte ich auch diese Idee und nahm mein Specialized von der Wand. „Mittendrin statt nur dabei!“ dachte ich, sattelte mein Pony, füllte die Tasche mit dem, was ich so dachte unterwegs brauchen zu können, gab der Liebsten eine Kuss und ab dafür! Yippie! Das Pony legte sich mächtig ins Zeug und so kam man schon knapp eine Stunde später in Bernau an.
Wer Rainald Grebes „Ode an “ kennt, weiss, dass man was zu essen mitnehmen soll, wenn man die märkischen Weiten durchstreifen will. Auch Plastikgeld ist wohl nur in den seltenen Sonderwirtschaftszonen der Mark akzeptiert.
So wollte ich mir die Satteltaschen erst noch mit zwei oder drei Händen Präriedollars vollstopfen. Also rein in die Bank, Automat mit Karte gefüttert und…: „Diese technische Merkmal steht auf ihrer Karte nicht zur Verfügung. Nehmen sie bitte Kontakt mit ihrem Kreditinstitut auf. Danke.“

OK, raus aus der Dresdener, rein in die Deutsche – selbe Prozedur! Nach dem ich den aufkommenden Tobsuchtsanfall gerade so unterdrücken konnte hatte ich das dringende Gefühl das die Götter etwas gegen meinen Urlaub haben müssen.
Drei Tage so ein Gemurkse! Und dann das!
Klein und geschlagen treibe ich mein Pony zurück in den Prenzlauer Berg.
Ich muss bis morgen warten, um mit meinem Kontoführenden Kreditinstitut zu ergründen, was eigentlich passiert ist.
Nächster Morgen, früh um 900 schlage ich in der Filiale auf und erfahre kurze Zeit später, dass meine Karte ganz einfach kaputt ist.
Ich nehme also ein ordentliche Summe Bares auf, verlasse die Bank und habe fest vor, mich jetzt nicht mehr von meinen Urlaubsplänen abringen zu lassen: Pony gesattelt, Barschaft verstaut – los geht´s zum Gesundbrunnen.

Erster Teil: CHORIN – FELDBERG

Hier steige ich in den RE3 nach Stralsund und etwa eine Stunde später in Chorin wieder aus.

Es gilt so wenig wie möglich Asphalt zu benutzen. Los geht´s in Richtung Senftenhütte, vorher schaue ich noch, ob der Pferdeberg da ist – yepp, weiter geht´s zum Hungersee, an dem ich die A11 überquere. Ich lasse mich danach etwas nach Süden zurückfallen und fahre einen großen Bogen um an der Nordspitze des Werbelinsees rauszukommen. Nach der B198 schlängele ich mich bis nach Joachimsthal, durchfahre den Ort und schlage mich westwärts,


Die Uckermark

Richtung Forsthaus Joachimsthal, Wuckersee, Gollin wieder in den Wald. Es läuft großartig, ich mache ordentlich Strecke und bald bin ich in Templin.


Sanfter Tourismus in Templin


Irgendwo bei Gandenitz


Hinter Mahlendorf


Vor Tohmsdorf

Durch den Metzelthiner Forst geht es an Gandenitz vorbei. Hinter den Leiterbergen drehe ich nördlich und erreiche nach Mahlendorf und Duster Möll Charlottenthal und letzendlich Tohmsdorf. Alles wie ausgestorben, keine Schenke, kein Gasthaus, was offen hat. Nein, hier gibt es weder das Abendbrot noch den Ballen Stroh für die Nacht. Ich muss also noch ein Stückchen weiter. Aber auch in Carwitz ist nichts zu finden.
Ein paar Rentner drücken sich auf der Straße rum und mustern einen argwöhnisch.
Hier jetzt eine FEWO anzumieten ist keine kluge Sache: Kein Möglichkeit den leeren Magen zu füllen. Jetzt nicht und morgen früh auch nicht.
So bleibt mir nichts weiter übrig als in Feldberg mein Quartier zu machen. Es geht also noch mal sieben Kilometer am Ufer des Kleinen Luzin entlang. Das erste Hotel ist „komplett ausgebucht“ – ungläubig schaue ich die Dame an der Rezeption an. Diese weist nur auf den Parkplatz: Aha! Vier Reisebusse, deren Insassen wohl gerade eifrig mit dem Erwerb von Wolldecken oder so beschäftigt sind. Ich ziehe also weiter und ja, im Deutsche Haus ist noch ein preiswerter Schlafplatz zu kriegen.
Spaghetti Alio Olio in XXL sowie zwei Alkoholbiere tun zuverlässig ihren Dienst und nicht viel später liege ich im Tiefschlaf.

10 Kommentare

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  • Klasse, Freund Börge! Das hört sich ja so richtig nach „Juchu, endlich Sommerferien. Und diesmal ohne Eltern, jawoll. Und wie ein richtiger Indianer, so mit Mauntenbeik und so“ an.
    Darf der geneigte Leser um Fortsetzung bitten? Schöne Lyrik und schöne Gegend (jawoll, meine Kindheitserinnerungen liegen dort begraben).

  • schön Böge…. sehr sogar. Doch entnehme ich unterschwellig deinem geschreibsel das auch DU mein freund brutus mitlerweile ein schwindsüchtiges schmalspurgeschwür in deinem fuhrpark hast?

  • Lieber Acke, natürlich wirst du eine Fortsetzung lesen können. Allerdings werden Frau Jen* und meine Wenigkeit ab morgen 1400 in Richtung Harz untwegs und nicht vor Montag zurück sein. Natürlich auch mit dem Geländerad! Geduld und Schöne Ostern!

  • Boerge, ick erbitte um Fortsetzung und vergesse nicht im Harz auch die schönen Trails zu benutzen.

    checkb:winken:

    Ps: Die Wahl der Breitreifen war WEISE.

  • Boerge, trotz des ungelenken Eindrucks deines Kaltblüter-Ponys kann ich mich dem Charme deines Berichtes nicht verschliessen. Sei es drum, ich stelle mir weniger den Staub vor, der sich in manigfaltigdunkler Beinbehaarung hartnäckig fängt, ich höre nicht dem gleichmäßigem Gebrumme schwerer Reifen zu und richte meinen Blick nicht auf die Partikel animalischer Exkremente, die durch sinnlose Stollen hochgeschleudert deinen Reiserucksackreisverschluss verkleben.

    Statt dessen durchzieht mich ein Gefühl von Freiheit, von Unabhängigkeit und von unmittelbarer Nähe zu Mutter Erde. Unsere Heimat bietet demjenigen, der die oben genannten Hindernisse in Kauf nimmt, ungeahnte und gar entzückende Erlebnisse. Kurz – eine tolle Aktion, ein toller Bericht und ich freue mich wie Bolle auf die Fortsetzung. Besten Gruß – auch an die Toleranz… menis

  • da hast du ja ganz schöne hürden nehmen müssen. ich hoffe das das erlebte keine wunden hinterlässt sondern viel mehr freudige eindrücke 🙂 danke für den bericht

  • Mensch Boerge,
    endlich ist dieser olle Winterpokal zu Ende und Du musst nicht mehr
    INNER-CITY cruisen!!!
    Nicht nur schön für Dich sondern auch für alle,die der Poesie deines Berichtes aufmerksam folgen!!!

    WinkeWinke und bis bald mal wieder aufm Trail

    axl65

  • Boerge.

    Vorab: das liest sich klasse und ich hatte einen Riesenspass bei deinem kleinen Artikel und warte auf baldigste Fortsetzung.

    Jetzt zum eigentlichen: Seit wann muss man Bier mit dem Prefix „Alkohol“ versehen? Ich meine, seit der Erfindung von Bier ist es so, dass das Zeug gebraut wird, um denjenigen, der es trinkt, mit einer kleinen oder grossen Menge Alkohol zu versorgen, fein skaliert mit der Menge des zu sich genommenen Bieres. Seit irgendwelche kaputten Marketingaffen auf den Trichter gekommen sind, alkoholfreies Bier zusammenzumischen, um auch Frauen den Spass des Biertrinkens nahe zu bringen herrscht doch so etwas wie Endzeitstimmung. Welch ein Widerspruch! Alkoholfreies Bier. Argh.

    Am schlimmsten ist es, dass man sich mittlerweile rechtfertigen muss, wenn man ein anstaendiges Bier trinkt: „Ja, das ist Alkoholbier“. Verdammte kaputte Welt. Ich denke, hier muss was getan werden.

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