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Eine Art Heimreise III (Cyclassics)

Heute ist der Tag der Wahrheit, Gnadenlos klingelt um 6:30 der Wecker und ich bin der letzte der die kuschelige Wärme des Bettes verläßt aber der sofort von meinem Bruder gereichte Becher Kaffee ist ein überzeugendes Argument. Ampel, Dani, Icke, Jörg und Max sitzen bereits am gedeckten Frühstückstisch und ich greife mir einen Teller und schaufel vollkommen unmotiviert eine große Menge Müsli in mich hinein. Langsam beginnt leben in meinen Körper zu kommen. Während Icke sich schon startklar macht und gegen 6:45 das Haus verläßt

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beginne ich mit den letzten vorbereitungen. Die aufkommende Nervosität läßt sich nur durch gezielte schraubaktionen unter Kontrolle bringen. Ich muß noch die Pedalen wechseln und dann ist die Maschine startklar.

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Die Abfahrt rückt immer näher und ich ziehe mich langsam um. zum widerholten Mal greifen meine Hände in die Trikottaschen um zu widerholten Mal festzustellen das alles an seinem Platz ist. Um 7:45 brechen dann auch Ampel und ich auf. Die Strecke zieht sich jetzt nicht mehr wie gestern endlos dahin sondern ist scheinbar schon nach Sekunden zurückgelegt,15 Kilometer können so unterschiedlich lang sein.

8:30 trenne ich mich dann am Rathausmarkt von Ampel und rolle in Richtung meines Startblocks. Mein Puls ist vor lauter Nervosität schon jetzt am Anschlag, mit leicht zittrigen Beinen rücke ich dem Block-S immer näher. Endlich erreiche ich den wie ein Viehgatter aufgebauten letzten Startbereich obwohl noch eine dreivirtelstunde Zeit ist ist der Pferch schon fast bis zum Ende gefüllt. Leise Entschuldigungen vor mich hinmurmelnd schiebe ich mihc möglichsat unauffällig bis in die Mitte der Aufstellung, ab hier wird es so Eng, dass an ein Weiterkommen nicht mehr zu denken ist. Wie eine Ewigkeit kommen mir die nächsten 45 Minuten vor, überall sehe ich die Mitstreiter nervös von einem Bein auf das andere treten, andere gehen in letzter Minute noch auf Klo, dort wird noch an der Schaltung geschraubt. Ein jeder beschäftigt sich irgendwie. Kurz nach 9 stelle ich dann erschreckt fest was so alles nicht da ist, der Brustgurt vom Pulsmesser hängt am Rucksack, die Bananen liegen im Obstkorb, die Inbusschlüssel sind in der Werkzeugtasche und die ist im Rucksack und der ist nicht da.

Kurz vor dem Startschuß
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9:17 ganz vorn bewegen sich die ersten Fahrer und eine weitere Minute später rolle auch ich los. Mir klingen noch die Worte der Veteranen in den Ohren, am Start erstmal allen ausweichen und schnell an die Spitze und dann weg. Dies ist zumindest die ersten Kilometer leichter gesagt als getan. Überall um mich herum sind Menschen und mich überkommt eine Welle von Klaustrophobie, die aber zum Glück nur von kurzer Dauer ist. Jetzt überrolle ich die Startlinie und nehem Fahrt auf. Vor mir tut sich ein Loch auf und ich drücke in die Pedale um zu meinen Vorderleuten zu springen. Der Puls schlägt im roten Bereich, schnell habe ich ein Hinterrad gefunden an dem ich mich kurz ausruhe und schon geht es wieder links raus , die nächste Lücke schließen. So geht das jetzt wohl weiter bis ich endlich eine Gruppe finde die mein Tempo fährt. Irgenwo an einer Rampe zu einer Brücke erblicke ich die Reste des ersten Massackers, Flaschen liegen auf dem Boden, Lackreste und dunkelrote Pfützen zeugen von hartem Einsatz. Schnell haben wir den Hafen hinter uns gelassen und errreichen Harburg. Ich sehe die ersten Fahrer aus dem R-Block überall an den Straßenrändern stehen Zuschauer und peitschen mich an.

Die ersten 30 Kilometer liegen bereits hinter mir und noch immer springe ich von Gruppe zu Gruppe. Ich Schiebe mir das erste Drittel eines Powerbars zwischen die Zähne und spüle die ekelhafte Mampe schnell runter. Rasend schnell habe ich die erste Stunde hinter mich gebracht, langsam wird das Profil etwas hügeliger und an den Anstiegen fliege ich fast an den langsameren vorbei, das kleine Kettenblatt hätte ich mir heute sparen können. Die Verpflegung lasse ich rechts liegen, hatte ich doch mit meienm Bruder verabredet das er mir unterwegs eine neue Flasche reicht. Die Kilometer verfliegen, das Wasser geht zur Neige und ich überlege schon ob ich meine Verpflegung an der Strecke übersehen habe. Plötzlich erkenne ich durch graue Nebelschwaden ein vertraut wirkendes Trikot und ich habe auch noch das Glück das ich gerade auf der Richtigen Seite bin. Die Flascheübergabe klappt perfekt obwohl wir das noch nie vorher geübt haben. Leider nehme ich den Aufwand nicht wahr den meine Familie da noch betrieben hat.

Meine persönlichen Fans
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Support an der Strecke
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Das Feld rauscht vorbei
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Frisch aufgetankt geht es auf das letzte drittel, eine längere Abfahrt wird zum Slalom, da sich sieben Fahrer zum Klönschnack mit 40 km/h den Berge hinabbremsen. Irgendwo schlängel ich mich dann doch noch durch ohne an Fahrt zu verlieren und endlich finde ich ein kleines Grüppchen von 3 Leuten. Ich klinke mich in den Kreisel ein und so kommen wir schnell an die Köhlbrandbrücke. Hier trenne ich mich wieder von meinen Begleitern und kämpfe mich alleine die Rampe hoch. Fast oben angekommen traue ich meinen Augen nicht, dem Herzstillstand nahe nestelt so ein Freak bei ca. 3 km/h einen Fotoaparat aus dem Trikot und fährt dabei Schlangenlinien, dann macht er schnell noch ein paar Panorama Aufnahmen und Selbsportraits um sich dann Todesmutig in die Abfahrt zu stürzen. Auch hier scheinen die meisten vergessen zu haben das sie an einem Rennen Teilnehmen und so ist wieder äußerste Vorsicht geboten nicht von einem Sehmann/frau über den Haufen gefahren zu werden.

Ohne Zwischenfälle gelange ich wieder auf den Boden der Tatsachen und schließe mich wieder einer Dreier-Gruppe an. Wir kreisel so bei 45 km/h und haben noch jemanden im Schlepptau. Das geht eine Ganze Weile so und der Lutscher macht keinerlei Anstalten auch mal die Führung zu übernehmen. Dann kommt mal wieder so ein Helfer der Fähnchenschwenkend auf einer Verkehrsinsel steht als plötzlich der Lutscher links der Verkehrsinsel auftaucht (wir fahren rechts) und versucht vor uns einzuscheren. Der 3 cm hohe Bordstein verhindert ein überfahren und der Herr liegt waagerecht in der Luft. mit Erschrecken stelle icf fest das seine Flugbahn genau den von mir eingeschlagenen Kurs kreuzt und nach einer halben Ewigkeit folgt dann endlich der Aufprall. Ich fliege irgenwie durch die Luft hinter mir höre ich ein schabendes Geräusch, rasseln, knacken dann mehrfach der dumpfe Aufprall von Körpern auf Asphalt. Ich reiße noch geistesgegenwärtig die Arme über den Kopf. ein letztes Fahrrad scheppert über nmich hinweg, plötzlich totenstille. Es kommt mir vor wie Stunden später, links das surren von schnelle dahinrasenden Rädern, um mich rum ein Trümmerfeld, ich stehe auf, die Beine sind wackelig, das wars dann wohl schießt es mir durch den Kopf. Keine 10 Kilometer vor dem Ziel, meine Begleiter wälzen sich auf dem Boden, überall Blut, Trümmer, ich bin der einzige der wieder steht. Zum Glück waren an dieser Stelle einige Polizisten stationiert und übernehmen die Soforthilfe. Mich lassen sie erst nach langer Diskussion und der Versicherung das ich in Ordnung bin weiterfahren. Das Rad hat zum Glück nicht allzuviel abbekommen, lediglich der Lenker ist schief, ein Flaschenhalter halb ab und die Schaltung funktioniert nicht mehr 100%ig.

Ich steige auf und rolle langsam an, in mir kocht es, ich lag so gut in der Zeit und dann sowas. Schmerzen spüre ich zum Glück keine ich gehe nach links und gebe Gas, jetzt ist mir der Windschatten der vorausfahrenden egal. Ich Stehe unter dem Einfluß des einzig legalen Dopingmittels, Adrenalin. Wie zwei Dampfhämmer bewegen meine Beine sich auf und ab und ich schieße förmlich wieder nach vorne. Der Freihafen liegt hinter mir und ich habe schon wieder Boden gutgemacht nur noch enmal den Jngfernstieg und Gänsemarkt entlang und noch mal links, dann hört man schon das Grummeln wie von tausend Trommeln. Wir biegen auf die Zielgerade ein, ein Ohrenbetäubender Lärm ich gebe nochmal alles, die letzten Meter fliege ich förmlich bis ins Ziel.

Geschafft, eine riesige Traube von Finishern dümpelt langsam in Richtung Transponder Rückgabe. Unterwegs treffe ich auf die ersten Kader, alle haben so ein Grinsen im Gesicht. Wir gehen gemeinsam zum vereinbarten Treffpunkt. So nach und nach sind dann alle da und wir feiern uns und das gelungene Wochenende.

An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an alle Anfeuerer, Beteiligten, Daumendrücker, Fans und Familienmitglieder, Mitfahrer, Nudelköche, Taschenhalter und die die ich vergessen habe.

2 Kommentare

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  • danke zwock für diese tolle triologie. lord of the ring kann einpacken. und man kann herauslesen, dass das wochenende für dich dank familie und co noch viel mehr war als nur ein radsportausflug.

    rob

  • Wer hätte das für möglich gehalten. Seit Monaten verzichtet Zwock auf jedwede Haarhygiene und nun das. Ich bin mir sicher, dass Du lieber Zwock, mit einer vernünftigen, weil strömungsgünstigeren, Frisur weitere Plätze hättest gutmachen können. Ich freue mich, mal wieder was von Dir zu hören, glaubte man Dich doch in jüngster Vergangenheit des öfteren hinter dem Jordan.

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