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Auf den Spuren von Schleck und Co: ESK erfolgreich in Dresden

Im Zuge der Sachsen-Tour, die just mit einer knackigen Bergetappe am Sonntag endete, sollte es parallel zum Profirennen auch eine kernige Runde für uns Jedermänner geben. Also beschlossen OnkelW, Gastfahrer Henrik und ich unsere Teilnahme. Henrik und ich fanden einen recht kommoden Unterschlupf in Bigfoots WG, der kurzerhand seine Mitbewohner ausquartierte, so daß jedem von uns ein eigenes Zimmer zur Verfügung stand. Henrik mußte allerdings des Nächtens mit der Gesellschaft zweier langohriger Nager Vorlieb nehmen, die sich immer wieder neue Tricks einfallen ließen, um aus ihrem gläsernen Gefängnis auszubüchsen.

Sonntag morgens, 05:45, Frühstück. Wir schauen aus dem Fenster, um bei einer herrlichen Tasse frisch gebrühten Kaffees den Sonnenaufgang zu genießen. Doch es geschah, was geschehen mußte. Es regnete, und zwar richtig! Mit Wasser und so. Der erste Regen seit Beginn der Wetterstatistiken. Viele Generationen von Dresdnern hatten in ihrem Leben noch nie einen Tropfen regen beim Fallen beobachten können. bringt eben Unheil und Verderb auch in die äußersten Winkel dieser Erde.

Wir begaben uns also zum Start, und der regen hatte zum Glück auch wieder nachgelassen. Einschreiben, OnkelW treffen, kurzes Warmfahren. Dann stehen ca. 800 heißblütige Bergflöhe am Start vor dem Rathaus. OnkelW wird noch vom Moderator interviewt, was er sich denn heute ausmalt. Ein anderes Team (Optime aus Norwegen) palabert über Siegesambitionen und die Stärke ihres Kapitäns, bevor die Offiziellen den Startschuß geben. Die ersten beiden Km sind neutralisiert, und alle 800 Fahrer drängen zugleich nach vorn zu den Führungsfahrzeugen. Es scheint schlimmer als vor zwei Jahren in , alle 100m pfeifende Reifen, Drängeln, scharf Anbremsen. Es ist dermaßen nervös, daß ich Mühe habe, den Sichtkontakt zu den anderen Kadern aufrecht zu erhalten. Erst als das Rennen richtig losgeht und das Tempo sofort ansteigt, zieht sich der Troß so langsam in die Länge.

Laut Streckenplan sollten die ersten 32Km flach sein. Doch kaumm sind wir raus aus der Stadt, geht es permanent leicht bergan. Vorn wird schon zu diesem Zeitpunkt richtig Dampf gemnacht, Team Picardellics aus sind vollzählig vorn vertreten. Der Himmel wird inzwischen immer dunkler, und OnkelW und ich schauen uns ungläubig an. Ach Du grüne Neune, es wird doch wohl nicht etwa …

Es süfft vom Himmel, der monatelang trockene Asphalt wird im Handumdrehen zu einer schaumig-seifigen Oberfläche, daß es mir im Wiegetritt das Hinterrad durchdrehen läßt. Ich habe jetzt schon Panik vor den kommenden Abfahrten. Das Feld, hier noch komplett, schraubt sich langsam nach Liebenau hinauf, und an jedem steileren Stück wird sofort attakiert, so daß sich allmählich Gruppen bilden. Alle Kader nebst Henrik sind immer noch vorn mit drin, und das Tempo wird jetzt permanent höher. Picardellics merken, daß es hinten Auflösungserscheinungen gibt und lassen zwei Mann zurückfallen, um die Folgegruppe zu bremsen. Wir springen wieder vorn mit rein, immer nur soweit, daß wir die Spitze noch sehen können. An einer fiesen steilen Rampe kann ich dem Tempo der Spitze nicht mehr standhalten und fahre mit drei oder viel Mann mein eigenes Tempo weiter, zum Glück ist Henrik bei mir. Nur OnkelW mußte bereits etwas früher dem hohen Tempo Tribut zollen und war irgendwo hinter uns.

Einige aus der Spitze müssen nach und nach ebenfalls reißen lassen, und wir holen sie wieder ein. So entsteht unsere Verfolgergruppe aus ca. 15 Mann, die bis zum Schluß durchkommen sollte. Hinter Liebenau geht es in eine leichte Abfahrt in Serpentinen hinunter, und zum Glück kommen bei dem Regen alle heil runter. Nach über einer Stunde bergauf passiert beim erstmaligem Bremsen quasi gar nichts. Wasser und Dreck auf der Felge lassen eine Verzögerung einfach nicht zu. Doch Henrik ergeht es zum Glück wie mir, so daß ich es nicht auf die Campa-Technik schieben kann. Nach der Abfahrt fahren wir einen einigermaßen ordentliche Belgischen Kreisel, durch Bärenstein durch, zwei oder drei kurze Rampen im Ort hoch, und dann folgt schon der Anstieg hoch nach Altenberg. 11Km von nun an bis oben, meine Beine sind schon leicht dick, doch es rollt sehr gut bergauf. Bei einigen Fahrern kann man förmlich das Leiden und die Schmerzen sehen, und ich bin froh, noch recht kontrolliert klettern zu können. Überhaupt habe ich auf den Geraden mehr Probleme, mich nach den Antritten wieder zu sammeln. Hier im Berg geht das wesentlich besser. Henrik ist mal vor, mal neben und mal hinter mir, und wir sind beide froh, noch zusammen zu sein. Inzwischen haben wir Chubika aufgesammelt, der ebenfalls vorn aus der Spitze rausfiel und nun in unserer kleinen Gruppe mitfuhr. Herzlich Willkommen!

Endlich in Altenberg. Einige von uns sehen schon richtig grau aus. Mir geht es nach und nach immer besser, ich könnte jetzt noch ewig solche humanen Steigungen von 7 oder 8 Prozent hochfahren. Von Altenberg sind es jetzt noch ca. 5 Km runter, bis in den Einstieg zur Bobbahn geht. Mit Zubringerweg sind es 2 Km, wobei der letzte Km teilweise mit 20% zu erklimmen ist. Na ja, wird schon, denke ich mir. Kurz vor der Einfahrt in das Sportgelände klatscht Henrik vor mir auf die Straße und reißt einen weiteren Fahrer mit um. Er konnte dem Polizeiwagen an der Seite nicht mehr ausweichen, und bei dem nassen Belag ist halt kein Halten mehr drin. Mit knapp 45 Stuckies macht es nur noch preiff, ratsch schepper, knirsch. Ich muß auf den Randstreifen ausweichen, um den liegenden Sportsfreund nicht zu überrollen. Henrik rappelt sich sofort wieder auf und fährt los, so daß er einige Sekunden später wieder bei uns dran ist. Wir mußten alle in einer Abfahrt auf fast Null herunterbremsen und 90 Grad nach lings in das Sportgelände reinfahren – ungünstiger hätte man das nicht arrangieren können.

Und dann sehe ich etwas, das eigentlich nicht hätte wahr sein dürfen. Eine Straße, die scheint, als wäre eine Wand gen Himmel gebaut. Es geht parallel zur Bobbahn in kurzen Knicken hinauf, und jeder, der weiß, daß ein Bob etwas Gefälle braucht, um nicht stehen zu bleiben, kann sich diese vorstellen. Kleinster Gang, ich kann das Ding kaum rumtreten. Aufstehen, gleich wieder hinsetzen. Habe Angst, den Lenker abzureißen. Wir fahren 6 oder 7 Km/h. Nach einer halben Ewigkeit ein Schild: 500m bis zur Bergwertung. Hier stehen jetzt die Massen, die später auch auf die Profis warten, und feuern uns frenetisch an. In einer Rechtskurve rutsch mein Hinterrad kurz durch und ich stehe sofort. Scheisze, aufsteigen geht nicht. 10 oder 15m schieben. Hier scheint es jetzt kurz ein bißchen „flacher“ zu gehen, und ich kann wieder losfahren. Der Horror schlechthin. Was hat so ein steiles Ding in einem Straßenrennen zu suchen, ich kann mich oben nicht beruhigen und fluche, was das Zeug hält. Unsere Gruppe hat es natürlich völlig zerlegt, doch wir finden uns nach und nach auf der Abfahrt wieder zusammen.

Noch 43 Km bis ins Ziel, eigentlich soll es nur noch bergab gehen, doch immer wieder müssen wir in den Ortsdurchfahrten diese kurzen fiesen Stiche rauf, die uns die Beine brennen lassen. Dann irgendwann die Einfahrt nach Dresden, wegen der perfekten Vollsperrung der gesamten Strecke kann man die Abfahrten auf der gesamten Breite der Straßen ausfahren, und es macht zwischendurch auch mal richtig Spaß, die Karre laufen zu lassen, ohne auf Gegenverkehr achten zu müssen. In Dresden eine enge Rechts-Links-Kombination, dann ein knapper Km derbes Kopfsteinpflaster, und schon sind wir auf dem letzten Km. Alle setzen jetzt zum Schlußspurt an, ich bewege mich auch immer mehr nach vorn in der Gruppe, kann allerdings bei 50 Sachen nichts mehr draufpacken. Immerhin hat es bei dem riesigen Fahrerfeld für einen ganz passablen 25. Platz gereicht, womit ich im Vorfeld und durch die Ereignissen des vergangenen Wochenendes (Versagen in Calau) nicht gerechnet hatte. Vor allem aber sind wir mit 4 Hanseln auf den 3. Platz der Mannschaftswertung gerollt. Von unserem norwegischen Überteam war weit und breit nichts zu sehen, die sollten doch lieber beim Angeln ihr Glück versuchen.

Bilder gibt es zahlreich, doch ich will die geneigte Leserschaft nicht mit schmerzverzerrten Fratzen langweilen. Hier nur noch der Link zur Ergebnisliste:
Ergebnisse
Sehr schön, dreimal ESK hintereinander im Sekundentakt.

13 Kommentare

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  • Sehr fein meine Herren,

    gut gemacht, toll, spitze!!!

    Ich hoffe allerdings die Woche Regeneration reicht bis Hamburg, ich selbst habe aber auch nicht gekleckert und bin zumindest mal die Rennlänge gewohnt… 😉
    Euch Eule

  • Meine Herren,

    vielen Dank für den adrenalingetränkten und sehr anschaulichen Bericht! Vielen Dank auch für die hervorragende Imagearbeit die ihr im Namen des ESKs vollbracht habt. Es ist schön und wichtig, dass wir unser Wappen in die Welt hinaus tragen und so zu geschätzten und gefürchteten Gegener auf allen Reifenprofilbreiten werden.

    So ist es offensichtlich, dass unser Trikot, der Name des Eisenschweinkaders, die drei Buchstaben E S K immer mehr dazu führen, dass sich ein jeder Gegner seinen Angriff mehrfach überlegt, ja – dass die Anzahl der abzuwehrenden Attacken deutlich sinkt und immer mehr Fahrer den gemütlichen Platz im friedlichen Windschatten bevorzugen, anstatt sich der blutrünstigen Angriffslust eines jeden ESK-Reckens hilflos auszusetzen.

    Bis Hamburg mit den besten Grüßen… menis

  • Tatsächlich ein sehenswertes Ergebnis. Sieht man vom Sieger ab (der sicher abgekürzt hat 😉 ), auch kein dramatischer Abstand zur Spitze. Hendrik scheint ein junges Talent zu sein. Zumindest erweist er sich würdig (konnte ihm ein Trikot zur Verfügung gestellt werden?).

  • Hallo auch,

    ich konnte gut beobachten, wie sich Matthias R. in Altenberg etwas abzusetzen versuchte. Den Rest seiner Vierer-Bob-Anschieb-Crew habe ich nach Erreichen der Verpflegungungsstelle an der Bob-Bahn roechelnd zwischen den Baeumen liegen sehen…
    ???

    Halluzinationen hatten bei mir aber schon ab km 35 eingesetzt.

    Ciao
    Der Frosch
    C.

  • Hallo die Herren Kader!

    Da es immer wieder ein Genuss ist Eure Berichte zu verfolgen, möchten wir mit einer Einladung zu unseren Rennen Grundlage für einen weiteren Erlebnisbericht eurerseits legen.

    Kommt am 10.09. nach Ponikau. 90km, 8 Runden, keine fiesen Bobbahnen, großes Dorffest im Anschluss – die Norweger kommen auch.

  • Hm – kann mich doch erinnern, dass ich im letzten Jahr Trikots von euch gesehen habe, oder? Was ist den Schlimmes passiert? Das HH zu voll und auch gefährlich ist, war ja 2005 auch schon bekannt… menis

  • Bei dem veränderten Gesamtkonzept in den letzten Jahren von HH ist uns der Aufwand zu groß und der Spaß an dieser Veranstalltung zu klein geworden, das wir sogar 5 Freikarten verfallen lassen haben.

  • Oh, heute habe ich gesehen, dass es auch für die Mannschaft eine Siegerehrung in Dresden gab. Ich glaub wir sind zu schnell nachhause gefahren…

    OnkelW

  • Hallo,

    sehr schön geschriebener Bericht! Hat mir teilweise ein schmunzeln in das Gesicht gezaubert… 🙂 Nach euren Ergebnissen waren wir wohl in der gleichen Gruppe bis zum Schluss. Da könnt ihr über die Transponder froh sein, sonst wäre ich vor euch in der Ergebnisliste :)))

    Ich wünsche euch viel Erfolg für HH und euren weiteren Zielen. Vielleicht sieht man sich ja in Ponickau beim Picardellics-Rennen!

    Sport Frei!

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