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Grenzgang

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Ich bin immer noch nicht richtig angekommen. Denn meine Gedanken sind immer noch weit oben in den Bergen, längst die Baumgrenze hinter und gelassen hat sich das Bild über den Gipfeln der in mein Hirn gebrannt. Dort wird es wohl noch lange Zeit bleiben. In diesem Moment erinnern mich besonderst meine Beine und mein Rücken daran, das es erst gestern gewesen sein muss, als wir aufbrachen um einen Berg zu erklimmen. Wobei das noch leicht untertrieben klingt…….

05.05 der Wecker trällert mit irgend einem Lied leise in mein Ohr, ich habe vergessen welcher Rhythmus es war, vermutlich aber der richtige um mich für den Tag zu stärken. 40 Minuten später trudeln bereits El und Blacksurf vor meiner Haustür ein, wir entladen schnell das Auto um dann auf die Weiterfahrt zu warten. Kurz vor 06.00 kommt dann auch schon der Rote Bus um die Ecke. Jenny und Weichling steigen aus, kurze, flüsternde Begrüßung auf der Straße im Sonnenaufgang während wir den Bus beladen. Noch ein kleiner Espresso bevor wir zum Zielort aufbrechen. Die fahrt vergeht schnell und bereits 3 Stunden später sind wir in Krün, nähe Garmisch-Partenkirchen, von hier soll unsere heutige starten. Ausladen, umziehen und auf den Rest des Teams warten. Es dauert nicht lange da kommt das Münchner Auto angefahren, Antje und Showman steigen aus. Auch Rohbau ist bereits eingetroffen. Schnell satteln wir die Räder und machen uns etwas früher als geplant auf den Weg nach oben.

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Noch vor ein paar Tagen habe ich mir die Sachlage auf der Karte genau angesehen, und mir schien es, als würde es nur einen Weg auf zum Soiernhaus geben, doch weit gefehlt, es sollte von einer ganz anderen Seite aus nach oben gehen. Die ersten knapp 300 legten wir zügig auf den Rädern zurück, knapp 50 Minuten später erreichten wir den wichtigsten Abzweig des Tages. Links rein über eine Wiese begann für uns eine Prüfung. Man könnte es auch Grenzerfahrung oder Teamstärkung nennen. Denn die nächsten Kilometer und vor allem Höhenmeter sollten beweisen wie Teamfähig jeder einzelne von uns ist.

In Krün starteten wir übrigens auf knappe 830 Metern. Und an dem Abzweig waren wir also auf knapp 1150 Meter. Den höchsten Punkt den wir erreichen wollten, oder irgendwann mussten, lag bei 2050 Meter über dem Meer. Die ersten Meter waren für den einen oder anderen noch fahrbar, schnell mussten wir aber merken das ab sofort eine neue Disziplin gefunden werden musste. Weichling zeigte uns sofort die beste Technik um sein Rad lange und einigermaßen bequem tragen zu können. Und so schulterten wir alle unsere Räder auf unsere Schultern.

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Höhenmeter um Höhenmeter erklimmten wir auf diese weise. Eine kleine Pause um einen Riegel zu essen und einen großen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen machten wir zwischendurch im Schatten. Doch es blieb keine Zeit sich lange aufzuhalten, den unser Weg war noch weit, und es galt keine Zeit unnütz zu verlieren. Der Pfad war eng, und teilweise hatte man große Stufen hoch steigen müssen. Wir kamen der Baumgrenze immer näher, und gegen Mittag hatten wir dann zumindest schon mal freien Blick auf die ersten Gipfel. Vorbei am Kreuzkraben und auf dem Weg zum Feldernkreuz. Der schweiss lief uns bereits herunter, und die Salzkruste im Gesicht konnte man auch schon schmecken. Aber nun gab es kein Umkehren mehr, wir waren schon zu weit. Im Kargen Gelände wurde der Weg immer steiler. Wie eine langezogene Perlenkette erkämpfte jeder für sich Höhenmeter für Höhenmeter. Ab und zu vernahm man ein leises „scheisse“ oder „i mog glei nimmer“ oder ein kleines ächzen. Weichling war uns weit voraus, noch in sicht, was bei dem Baumlosen Fels nicht schwer war, sahen wir ihn oben an einem weissen Schild. Wir malten uns alle aus, das DAS das Ende der Strapazen sein muss. Und so mobilisierten wir alle nochmals unsere Kräfte um dieses Schild zu erreichen. Es wurde so steil, das Rad am Rücken und der Schweiss tropfte bereits in die Augen, meine Kräfte wurden Meter um Meter weniger. Weichling kam mir dann entgegen und nahm mir (hier noch mal ein Danke) mein Rad für die letzten paar Höhenmeter ab. Oben auf dem Grad machten wir erst einmal eine kleine Pause. Wir futterten Riegel und liesen die 3 Stunden Tragen Revue passieren. Der Höhenmesser sagte uns, das wir es fast geschafft haben. Doch wo war die Schöttelkarspitze? Irgend wie sahen wir sie noch nicht. Es kamen uns Wanderer entgegen die wir fragen konnten. Kopfschüttelnd über unsere Waghalsigkeit und den Irrsinn das ganze statt mit Wanderschuhen mit Bike am Rücken zu bewältigen, gaben sie uns die Auskunft das wir es fast geschafft haben. Aber sie sagten uns auch, das es runter auf der anderen Seite wohl auch eher ohne Rad zu empfehlen wäre. Mumpitz, redeten wir uns alle ein, und gingen noch ein paar Meter weiter. Jetzt saßen wir in der Schlucht, die Räder reichten wir uns gegenseitig hinunter, noch um das eine Eck und wir konnten den Anblick kaum glauben. Die Schöttelkarspitze, das Gipfelkreuz und der Soiernsee saumten das Panorama. Nun galt es noch den kleinen Grad zu überwandern und dann konnte man schon auf die Serpentinen des Rückwegs sehen.

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Steiniger, loser Untergrund forderte unsere ganze Aufmerksamkeit, bis wir unterhalb der Schöttelkarpitze noch mal halt machten. Aber was wäre eine Gipfelbesteigung ohne oben am Gipfelkreuz gewesen zu sein. Und so stellte ich mein Rad ab und wir machten uns zu 3 auf den Weg nach oben. Es war ein gigantisches Gefühl auf dem Gipfel zu stehen und ich war schon etwas Stolz. Doch die Zeit drängte, denn inzwischen war es früher Nachmittag und man sah die ersten dunkleren Wolken die sich zu einem Gewitter zusammenzubrauen scheinen. Die ersten Serpentinen mussten wir noch zu Fuß und Schiebend zurücklegen, bis wir dann an einer Stelle alle unsere Beinschoner auspackten und uns für die Abfahrt rüsteten.

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In großen abständen rollten wir so hinunter bis zum Soiernhaus. Wir besetzen gleich einen Tisch und gaben die ersten Essensbestellungen auf. Zwischen Kaiserschmarrn, Apfelscholle und Käsbrot gönnten wir uns eine kurze Erholung. Haben doch die letzten Stunden an uns gezehrt, und wir waren noch lange nicht am Ziel. Das Soiernhaus lag auf 1622 Metern über dem Meer, und wir mussten ja noch zurück nach Krün was bei 830 Hm lag. Der Weg wurde je tiefer man kam flüssiger, der Schotter feiner und die Serpentinen lang gezogen und flacher. Über den Soiernweg fanden wir den Weg bis hinunter zur Isar, die wir in der Höhe von Vorderriß überquerten. Dort entschieden wir uns dann den Weg über die Mautstrasse zu nehmen. Ein wenig ausrollen wollten wir, jedoch waren wir scheinbar alle so voller Adrenalin, das keiner langsam fahren konnte. Und vor uns sahen wir auch die Gewitterwand die es noch zu jagen galt. Wir hörten schon das erste grummeln des Himmels und sahen den ein oder anderen Blitz am Himmel, doch dann kam schon das gelbe Ortsschild von Krün, für uns hiess es wir waren am Ziel. Am Ziel des Tages, am Ziel unserer Kräfte, am Ziel unseres erlebten. Wir bepackten das Auto mit den Bikes, zogen uns um und machten uns direkt auf den Weg in eine Pizzeria. Denn inzwischen waren wir alle leicht ausgehungert. Wie 8 Cowboys, im breiten Schritt, die Schultern leicht gebeugt betraten wir das Restaurant. Und schon plätscherte draussen der Regen.

21.00 die Dämmerung unseres langen Tages setzte bereits ein. Und wir wollten alle nur noch nach hause. Und so machten wir uns auf den Heimweg im Roten Bus. Showman und Antje mussten nur bis München fahren, Rohbau war alleine unterwegs und deshalb sicher schneller wieder in Nürnberg. Wir im roten Bus kämpften auch bereits gegen die Müdigkeit. An der Autobahn kurz hinter Ingolstadt machten wir nochmals kurze Kaffeepause, und gegen genau 24.00 konnte ich den Haustürschlüssel ins Schloss stecken. Mein Weg führte ungeduscht direkt ins Bett, Mein Mann schlief bereits, ich legte mich still daneben und schlummerte schnell ein.

Mein Tag heute ist bereits einige Stunden alt, ich habe die Fotos von gestern auf den PC geladen und tippe hier unaufhaltsam Buchstabe für Buchstabe in die Maschine. Meine morgendliche Kanne Tee neigt sich dem Ende. Und wenn ich gleich wieder den Bürostuhl verlassen werde, wird mich ein zwicken im Rücken und meine müden Beine wieder daran erinnern, das es erst gestern war.

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Ich möchte nochmals allen danken die diese Tour zu dem gemacht haben was es am Ende war. Ein gigantischer Erlebnis das nur so im Team möglich war. Es war eine Grenzerfahrung, eine Bewusstseinserweiterung, ein Kennen lernen des ICH´s und vor allem seiner FREUNDE.

DANKE

Blacksurf, Jenny, Antje, Weichling, Rohbau, Schowman und El

Tagesauswertung: 40 Km / 2100 Hm, ca 25 Grad, 3- 4 Liter Wasser, 1 Banane, 3 Riegel, 1 Scheibe Brot, 3 Kaffee aus der Dose, 1 Portion Bruscetta, 1 Pizza Tricolor, 1 Espresso, Schweiss

11 Kommentare

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  • Sehr schönes Erlebnis, wie ich meine. Nur sehe ich auf allen Bildern Wanderer mit Fahrrädern auf dem Rücken 😉

    Ach ja, die Alpen sind schon ein schönes Fleckchen Erde…

  • Eine tolle Leistung ! Wenn ich irgendwann mal in Eurer Nähe sein sollte, dann möchte ich auch bei so einer Besteigung dabei sein.
    Ich kenne ja bis jetzt nur die italienischen Berge.

    Lieben Gruß ( und voller Neid )
    S.

  • großartig!
    das tragen der rösser muss man manchmal halt in kauf nehmen. bei der aussicht auf das tal und der aussicht auf eine grandiose abfahrt bei dem vorletzten bild, nimmt man das gerne in kauf.
    in gedanken dürstet es mich auch wieder in die alpen. leider wird es so schnell nicht klappen.

    rob

  • Darki, wer nicht da war, war nicht da – oder wie war das noch? 😉

    Du mußt es hat mal gemacht haben, um feststellen zu können, dass die Alpen einfach in einer anderen Liga spielen. Nix gegen Mittelgebirge, auch die haben ihre Reize!

  • Also ganz ehrlich, mich reizen die Alpen oder andere hoch“alpine“ Regionen auch nicht wirklich. Da kann die Greuelpropaganda der einschlägigen Presse schreiben was sie will.

  • na jockel das würd ich jetzt aber nicht so sehen. sicher würd ich da auch nicht alles geld der welt für ausgeben. Aber wenn man die möglichkeit hat mal ne runde durch diese geteinskette zu schieben… warum nicht?
    ich kann nur sagen… korrekt krasses gelände.

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