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Einsichten in der Uckermark

Von Jockel

Damit Ihr den ganzen Psalm lesen müsst, habe ich am Ende der dritten Seite, das Overlay angehängt.

Teil 1, Introdizione:

Am letzten Wochenende waren alle ausgeflogen. Zumindest diejenigen, welche sich gemeinhin als ESK bezeichnen. Als mögliche Reiseziele wurde die Toskana, Tschechiens Berge, italiensche Oltimer-Radrennen und ähnliches angegeben. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen Rik und Rob auf ihrer Rennsteigtour zu begleiten, da sich die beiden aber bis kurz vor Pflaumenpfingsten mit konkreten Angaben bedeckt hielten machte ich für mich Nägel mit Köpfen und beschloss kurzerhand, mal wieder der Feldberger Ecke einen Besuch abzustatten und die Kreise der beiden oben genannten nicht weiter zu stören.

Erster Tag, Freitag:
Kurz nach 10:00 Uhr den RE in Richtung Nordosten bestiegen. Noch nicht ganz im Klaren, wie ich fahren will, beschließe ich, bereits in Chorin den Zug zu verlassen um auf mir bisher unbekannten Wegen zunächst nach Norden zu fahren. Der hereinbrechende Herbst zeigt sich von seiner besten Seite. Schon ist das erste Laub gefallen, die hin und wieder sich zeigende Sonne wärmt zwar nicht mehr, bringt aber die Farben des Herbstes erst richtig zur Geltung. Es rollt gut.
Über die Dörfchen Buchholz und Groß Ziethen werden die Polnischen Berge südlich des Wolletzsees erreicht. Aber schon vorher zeigte die Uckermark ihr hügeliges Gesicht. Am Südufer des Wolletzsees geht es erst mal nach Osten, um in Gehegemühle, an der Ostspitze des oben genannten Gewässers wieder nach Norden einzuschwenken. Nachdem die Welse überquert wurde, ging es munter weiter durch Wälder, über Felder, vorbei an so manch einsamen Orten, welche es tatsächlich bis heute geschafft haben, so etwas wie regionale Eigenart zu bewahren. Mal sehen wie lange es noch dauert, bis auch hier das übliche, bundesdeutsche, blassrosa Betonkleinpflaster einzieht.
Kurz vor Stegelitz, an einem verlassenen Waldhof raste ich das erste Mal. Beim Durchstreifen der Liegenschaft fällt mir eine uralte Bierflaschen in die Hände: „Carl Dabelow Brauerei Templin“ steht auf ihr geschrieben. Wer mag die wohl und vor Allem, wann geleert haben? Nach kurzer Überlegung, das Püllecken mitzunehmen, beschließe ich, das Ding lieber am Ort zu belassen, denn mein Rücksack ist mit den für drei Tage benötigten Utensilien bereits genug beladen. Außerdem sollte man auch geleerte Bierpullen immer in ihrem natürlichen Habitat belassen.

Wieder auf dem Rad geht es nun erst mal abwärts nach Stegelitz hinunter. Am Ortsausgang steigt der Weg wieder, was aber auch klar ist, heißt der nächste Weiler doch schließlich Vossberg. Zwischen Vossberg und einem weiteren Buchholz füllen Überlegungen meinen Kopf, auf welche Weise der Prenzlauer Stadtforst am besten zu durchfahren sei. Das mir vorliegende Kartenmaterial zeigt zwar eine recht dichtes Wegenetz, doch alle mehr oder weniger gestrichelt (was für brandenburger Waldfahrer eine Warnung darstellt, enden diese doch gerne mal im Unterholz) und auch nicht unbedingt in der Richtung verlaufend, in welche ich will. Ich beschließe mich auf meinen Instinkt zu verlassen und fahre damit bis kurz vor Beenz ganz gut. Hier muss ich erst mal nach Süden schwenken, um mich am südlichen Waldsaum in Richtung Westen vorzutasten. Auch das geht bis zu einer, in meinen Karten nicht verzeichneten, Kiesgrube gut. Hier gibt es ernsthafte Differenzen zwischen Karte und Wirklichkeit. Egal, der erste Weg ist gut genug und erst in Kröchlendorf bemerke ich, dass ich nun viel zu weit nach Norden gelangt bin. Von hier in Richtung Westen geht nicht, da ein Flüsschen namens „Strom“ mir den Weg versperrt. Zudem ist diesem Rinnsal ca. 1km Weglose Heide vorgelagert. Interessanterweise war zwar in Kröchlendorf zwar fast jedes Gebäude beschriftet, handelt es sich hier doch um ein erstaunlich gut erhaltenes Ensemble gutsherrlicher Dorfarchitektur, an einem Ortseingangsschild zumindest von der Waldseite her wurde aber gespart, so dass ich erst durch die Aufschrift „Schloss Kröchlendorff“ auf einem geparkten Lieferfahrzeug Hinweise auf meinen Aufenthaltsort erhielt.

Auch gut, denke ich und nehme wieder die Spur nach Süden auf. Irgenwo auf diesem Weg passiert es, der bisher trockene Weg ist plötzlich verschlammt. Durch! Denke ich und bemerke die bodenlose Tiefe des Morastes erst, als es für eine Kurskorrektur zu spät ist. Prima. Weiter geht es nun mit doppelt so großen und vor allem schlammbraunen Schuhen und Socken.
Da! Es gibt sie also doch noch, Wegweiser! Tatsächlich, hier bin ich richtig. Und keinen Augenblick zu früh erreiche ich Boitzenburg. Dieser Ort, ebenfalls ein brandenburgischen Kleinod hat, dass wusste ich von früheren Expeditionen, einen Schleckermarkt. Außenstehende mögen denken: „Na und? Hat doch jede Klitsche.“. Nur der Branden- und Mecklenburg Erfahrene mag wissen, dass man hier in kaum einem Ort auf eine Tanke, einen wie auch immer gearteten Lebensmittelladen oder sonst was zurückgreifen kann. Was du nicht mitnimmst, dass bekommst du unterwegs auch üblicherweise nicht. Hier aber war das Paradies, ein Schlecker. Schnell rein und mit zittrigen Fingern Mineralwasser und Riegel gegriffen. Gerade rechtzeitig war mir noch eingefallen, dass ein am Morgen erworbenes Baguett am Grunde meines Marschgepäckes schlummerte. Rauf aufs Rad, raus aus dem Ort und bei schönstem Felderblick erst mal Pause mit Nahrungsaufnahme gemacht.
Die letzten Kilometer über Krewitz, Mellenau und Boisterfelde nach Feldberg vergehen nun wie im Flug. Schnell Hotelzimmerchen gekapert und Entspannung war für den Rest des Abends angesagt.

Zusammenfassung 1. Tag:
Strecke ~120km bei ~1000Hm

Chorin – Buchholz-Groß Ziethen – Louisenhof – Gehegemühle – Peetzig – Stegelitz – Voßberg – Flieth – Weiler – Gustavsruh – Buchholz – Beenz – Kröchlendorf – Boitzenburg – Krewitz – Mellenau – Boisterfelde – Conow – Feldberg

Die gennanten Orte wurden teilweise nur tangiert, sind aber der besseren Nachvollziehbarkeit mit erwähnt.

Was geschah dann? Gabe es für unseren Helden ein Morgen? Lest weiter auf Seite 2:

9 Kommentare

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  • Hallo Jockel, wieder mal ein bericht alter Schule. Fehlt nur noch das Overlay, das dereinst stets Bestandteil Deiner Rapporte war. Mir hat es derweil die Flasche angetan. leider war im Netz nicht so viel zu finden. Das Wenige will ich mit Dir teilen: www.klausehm.de/Pag9683.html

  • Danke onkel, Du Großmeister der Recherche. Ich werde wohl noch einige Links in meinen Beitrag einfügen, schließlich geht es dem ESK stets auch um Aufklärung.
    Das Overlay ist schon erstellt und kommt mit dem dritten Kapitel.

  • Danke Jockel,

    die Tour macht Laune auch mal wieder entschlossen neue Ziele anzugehen. Mein Auftritt in der Tschechei war unterirdisch, begebe mich jetzt erst mal ins Aufbautraining. Bin sehr gespannt auf den dritten Tag Deiner Reise!

  • Gott, was warst Du fleißig, Joschka! Die Idee mit den links fand ich sehr charmant und Deine Fotos waren großartig. Nachgerade anrührend die Stelle mit „dem letzten Flug der JaSta Wespe“.

  • jockel, angesichts deiner vielen, hoechst lesbaren zeilen ueber einsichten und aussichten in und auf die uckermark und angrenzende gebiete, bin ich schon laengst nicht mehr traurig, dass du nicht mit nach thueringen gekommen bist. ich denke, in den uckermaerkischen gefilden hast du auch eher deinen frieden gefunden. dies lassen jedoch deine niederschriften vermuten. danke fuer die ausfuerlichen, gedankenfluchtverhelfenden worte ueber deine drei tage. wirklich sehr schoene erzaehlungen und tolle inspirationen fuer zukuenfltiche grossereignisse des es-kaderradsports.
    wie war der pina colada?

    rob

  • jockel,
    ein wahrer Charakter mit eremitischer Größe. Warum in die allzu weite Ferne schweifen, wenn Zuckersand auch um B/B herum zu finden ist.
    Sehr schöner Bericht über Deine Klausurtage…
    D.

  • Gibt es eigentlich eine Beschwerdestelle, um dem Zuasphaltieren von Wegen auch mal entgegen zu wirken?

    Nein. Ausgerechnet der ADFC (diese Arschgeigen) redet dem Asphalt das Wort. Wenn man sich die übliche Klientel dieses Haufens ansieht, wird auch klar warum. Hier gibt es zum Thema eine schöne Stellungsnahme: adfc.de/32_1. Wer sollte da noch dagegen sein?
    In Berlin/Brandenburg steht tatsächlich dieser grüne Misthaufen hinter vielen Asphaltprojekten. Aus diesem Grund war ich in Gedanken schon öfter dabei, die Filiale in der Brunnestraße anzuzünden 😉

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