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„Statistische Häufung“ oder „Magische Vorderräder“

Ein Tatsachenbericht von Jockel

Es begann an einem jener Abende, an welchem sich die Ritter der Nacht trafen, um sich ihre Tapferkeit im Dunkel der Nacht zu beweisen. Aus diversen Gründen fanden sich jedoch nur drei tapfere Gesellen. Menis, Carl und ich.

1. Auftakt:

Es wurde beschlossen, eine gemütliche Runde am Wasser entlang zu drehen. Ich spürte, dass es heute recht gut rollen würde und so kam es auch nicht in Frage, die leicht versetzte Position zum führenden Menis aufzugeben, als sich uns rechterhand ein unscheinbares Büschlein näherte. Ich entschied mich, das dürre Gestrüpp durch kontrollierten Schulterkontakt beiseite zu schieben. Soweit die Planung. Wie sich in der Realisierungsphase schnell herausstellte, hatte meine integrierte Gegnerkennung versagt, erwies es sich doch, dass das Gestrüpp in früherem Leben, wenn schon kein Baum, so doch zumindest ein stattliches Gesträuch gewesen sein musste. Vor Zeiten war ihm wohl ein durchgeknallter Kleingärtner mit der Motorsäge zu Leibe gerückt, um seinem Ideal des vollkommenen Busches Ausdruck zu verleihen. Wie man sich überzeugen konnte, versagte der Schöpfungswille in diesem Fall und der freigelegte Stamm umgab sich wieder mit allerlei Zweiglein, um seine Blöße zu bedecken. Dieser verborgene Stamm war es nun, welcher meine Schulter traf und mich, samt Rädchen, in den auf der gegenüberliegenden Seite des Weges angeordneten Stacheldrahtverhau beförderte, welchen wiederum ein Schreber zum Schutz seiner armseligen Brache angelegt hatte. Hierauf zerbarst mein geliebtes -Leibchen der zweiten Generation und seine traurigen Reste baumelten fortan willenlos von meinem linken, nur leicht lädierten Arm herab.

Das Ganze tat dem Spaß allerdings keinen Abbruch, rollte es doch wie bereits gesagt ganz gut an diesem Abend. Noch aber war nicht aller Tage Abend und so lotste uns Menis zu guter Letzt, wenn auch auf mein Geheiß, in einen kleinen Pfad, welcher über und über mit Geäst übersät war, welches mir auch unmittelbar ins Schaltwerk fuhr und dieses ansatzlos vom Rest der Maschine trennte. In einem früheren Anflug von Poppertum (die Älteren unter Euch werden wissen, was es damit auf sich hat) hatte ich den Originalschaltwerksbolzen gegen einen solchen aus Aluminium getauscht, was sich unter den oben genannten Umständen als klug herausstellte, brach doch allein dieser, und der Hauptteil der Mechanik war gerettet. Aus der ganzen Sache konnte ich jedoch noch einen Vorteil ziehen, war es doch nun an Menis und Carl, mich die verbleibenden Kilometer zur Kneipe zu ziehen. An dieser Stelle noch mal vielen Dank dafür.

2. Fortsetzung:
Über Ostern sollte es mit der Familie wieder mal ins Thüringsche gehen, dass gleichnamige Schiefergebirge stand mal wieder auf dem Plan. Ich durfte mein Rädchen mitnehmen und da das uns zur Verfügung stehenden Autochen viel zu klein für vier Leute, Gepäck und Rädchen ist, durfte ich individuell anreisen und entschied mich für eine gemütliche Bahnfahrt nach Saalfeld.
Von dort waren es noch ~65km ins Domizil und diese wurden selbstverständlich auf dem Rad, unter Umgehung asphaltierter Straßen und Wege zurück gelegt. Noch gibt es davon genug. Ob es – unter Berücksichtigung des in den letzten 15 Jahren „Geleisteten“ – so bleibt, wage ich zu bezweifeln.
Die Anreise wurde unfallfrei überstanden und so konnte ich drei Tage später die Rückreise in Richtung Pößneck guten Glaubens an meine weitere Unversehrtheit antreten. Das dem nicht so sein sollte, kristallisierte sich nach ca. 20 Kilometern Fahrt, kurz vor Erreichen der Lückenmühle heraus. Gerade rollte ich entspannt einen leicht abfallenden Forstweg entlang, orientierte mich mit einem nach rechts ins Tal gerichteten Blick über die Weiterfahrtmöglichkeiten am jenseitigen Anstieg, da war es wiederum ein harmlos scheinendes Stück Totholz, welches diesmal vehement ins Vorderrad griff. Zum Ergebnis nur soviel. Das rechte Knie hat es,nur leicht lädiert, überlebt, beim Vorderrad half nur das große Besteck. Also mutig drauflos gebogen und als kaum noch was schliff vorsichtig weiter geeiert. Die Geschwindigkeit wurde auf diese Weise recht wirkungsvoll heraus genommen, stand doch zu befürchten, dass bereits eine falsch angefahrene Wurzel dem angeschlagenen Vorderrad den Garaus macht. Aber nichts desto trotz, wurde gegen 14:00 Pößneck erreicht und somit auch die Mitfahrt im 14:40 verkehrenden Zug in Richtung Leipzig sicher gestellt.

3. Es beginnt sich zu häufen
Am ersten Arbeitstag nach Ostern rolle ich, gefördert durch eine steife Brise im Rücken, zügig meinem Arbeitsplatz entgegen, als sich eine Taube entschließt, dem Oberhirten zuvor zu kommen und ihrem nutzlosen Dasein einen würdigen Abschluss zu verpassen. Sie wartet also, hinter einem der zahllosen geparkten Kfz (wann fahren die eigentlich alle) bis ich, ein Liedchen auf den Lippen, herangeschossen komme, und schwupps, ihr kleiner Flugversuch endet mit einem kurzen Geknatter in meinem Vorderrad. Doch nicht genug damit, das sich nunmehr auflösende Federvieh flutscht aus diesem heraus, wird, beschleunigt durch die Kreiselbewegung, gegen das Rad eines sich in gleicher Höhe befindlichen Lieferfahrzeuges geschleudert und von dort auf die Fahrbahn, um vom nachfolgenden Verkehr final auf den Asphalt gebügelt zu werden. Meine Trauer hielt sich in Grenzen, war ich doch froh dass es meinerseits weder Material noch sonstigen Schaden gab.

4. Es reicht langsam:
Wieder Donnerstag, ich beschließe, dass ich roadrunner im im Grunewald suchen gehen sollte. Nach 2 ½ stündiger Fahrt im Holz, immer noch keine Spur von diesem. Also ab nach Hause… Ich befahre zum Ausrollen einen mehr als breiten, gut fahrbaren Weg. Der Abend ist gut gelaufen, ich bin zufrieden. Stehend rolle ich mit gut 30 Sachen dahin, als – man ahnt es bereits – wieder ein Ast dazwischen kommt. Schlagartig wird mir bewußt, das auch Kümmerlinge dieser Spezies, kaum 20cm lang, gut 3cm stark, ausreichen, um einen aufs Gewaltigste vom Rad zu holen. Dieses hatte unterdessen Glück, blieb es doch unbeschadet. Den Reiter erwischte es diesmal ärger. Doch Glück im Unglück, die Schmerzen lassen auch diesmal nach und ich werde bei weiteren Fahrten der Sache mit den magischen Vorderrädern auf den Grund gehen, dass wäre doch gelacht…

PS: Bei Weitem nicht die beste Story, aber angesichts der derzeitigen Stille hier, besser als nichts.

7 Kommentare

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  • Bei weitem mit Abstand eine sehr, sehr gute Story, ich musste da richtig mitleiden. Vor allem die Sache mit der fortschreitenden Asphaltierung unserer Wälder macht auch mir – da ich ja jetzt auch hin und wieder im Gelände unterwegs bin – sehr zu schaffen.

    So geschah es letztens als ich von Erkner Richtung Strausberg fuhr, dass ein schöner alter Waldweg kurz vor Hoppegarten schon einseitig mit Pfählen markiert war, welche wohl den kurzfristig anrückenden Arbeitern aufzeigen sollte, wo sie ihre pechschwarze, stinkende Mumpe abzuladen haben. In solchen Momenten bleibt einem nicht viel mehr, als dem Weg noch einmal für all das die Jahre Geleistete zu danken und ihm zu wünschen, dass er die nächsten Lenze nicht allzuschwer an der Last des ekeligen Bitumenprodukts zu tragen hat. Andererseits freut man sich, dass der Asphalt auf Grund der vergleichsweise geringen Schichtdicke den nächsten strengen Frost sicher nicht unversehrt überleben und die entstehnden Schlaglöcher dem einen oder anderen Trekking-Spazierfahrer eventuell einen platten Reifen bescheren wird.

    In diesem Sinne lieber Jörg, bitte pass in Zukunft mehr auf dich auf – du denkst hoffentlich dran, dass wir Anfang Mai gemeinsam Richtung Hainleite aufbrechen wollen. Mit gebrochenen Vorderflunken nutzt du uns dort nicht viel.

  • Wenn alle Wege asphaltiert und die Bäume zum Schutz vorm dagegenfahren auf jeder Seite um 10m zurückgedrängt sind, dann ist die Gefahr einen Stock in die Speichen zu bekommen zumindest deutlich geringer.

    War das Rad aus Punkt 2 eigentlich noch zu retten?

  • Schöne Gruselgeschichte! Das Pech scheint in letzter Zeit ein wenig an die geklebt zu haben, aber jede Sträne hat doch auch mal ein Ende. Also fahr schön fleißig weiter, damit du sie hinter dich bringst! 😉

    Für die Anfahrt zur Feuerkuppe auf der Hainleite liegt eine kleine Karte für Rik und dich bereit, beim Stefan im Laden. Da könnt ihr euch die nichtasphaltierten Wege schon vorab aussuchen.

    Schöne Bilder! Meine A95 habe ich gestern abend bestellt 🙂

  • War das Rad aus Punkt 2 eigentlich noch zu retten?
    Ja, nach dem Einbau einer neuen Felge, läuft das Dingens wieder rund. Und wie…

  • Ja ja – „Magie“ vorzuschieben, wenn doch tatsächlich nur mangelnde Fahrtechnik zu derart attraktivem Vorderradverhalten führen kann – tyyyypisch Jockel… :p

    Kleiner Tip zum zerrissenem Trikot: Ärmel ab. Damit dürftest du dann das einzige ärmellose Modell dieser Gattung besitzen!

  • Madbull hat völlig recht, sollte er doch am Kyffhäuser ein Fahrtechnikseminar zum Thema „Trotz Luftpumpe im Vorderrad, alle Zähne intakt!“ halten. Wie wir wissen, kann der Gute nun nicht (…sagt er zumindest). Und ich hatte mich schon so darauf gefreut.

  • Genial, die Story hat mich fast aus dem Sitz geworfen, ich kann nicht mehr…
    Jockel, hast doch hoffentlich ein paar Bilder vom Täubchen gemacht, so schöne wie damals bei „Miezi schläft“, Büüüdde!!!

    Aber ganz so ausgiebig war die Schadenfreude dann doch nicht, bei meinem Vorderrad mußte ich letzte Woche auch kurzerhand eine Sofortamputation vornehmen. Das kam so, in meinem jugendlichen Leichtsinn sprang ich mal wieder völlig sinnlos über irgendwelche im Weg befindlichen Hügel. Beim Landen machte es kurz „Peng“ und eine meiner Speichen schlängelte sich in Bruchteilen einer Sekunde um ihre Kollegen. Die Speiche irgendwie hinbiegen, so das sie nicht im Wege war, ausgeschlossen. Also OP-Besteck aus mitgeführtem Rucksack und amputiert, dabei den Nippel gleich mit entfernt…

    Zur Entschädigung darf die alte Felge, welche völlig durchgebremst, auch das Schrottlager meines lokalen Zweiradingenieurs in Zukunft bevölkern.

    Vorderräder und Kinder, immer machen sie Probleme, aber manchmal auch die größte Freude!!!

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