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Vier Köppe auf drei Laufradsätzen

Der Tourbericht von Nautilus

Nachdem am Freitag meine schönen Laufräder pünktlich zum Wochenende bei Arthur für mich bereit lagen, mußten diese natürlich auch eingeweiht werden. Was lag also näher als dies in meinem Stammrevier Grunewald in Angriff zu nehmen. Nach kurzer Abstimmung mit Menis wurde sich auf Samstag und die zivile Ausschlafzeit 11:00 geeinigt. Menis versicherte mir, dass sein Wochenendbesuch (Norben aus HH) mit von der Partie sei und es dessen Bikefitness entsprechend galt auf ihn Rücksicht zu nehmen. Thorsten, welcher durch die flinke Arbeit beim Einspeichen der oben erwähnten Laufräder dies erst möglich gemacht hatte schloß sich schnell noch an und ich konnte die Nacht über kaum ruhig schlafen, so sehr freute ich mich auf den Ausritt mit meinem nun wieder fahrbereiten Sofa. Diese Vorfreude wurde noch dadurch gesteigert, dass ich erwartete einmal nicht nur Hinterreifen zu sehen sondern vielleicht sogar ein lockeres Gespräch führen zu können während sich ausnahmsweise mal andere die Lunge hinter mir malträtierten. Doch manchmal kommt es anders und meistens als man denkt…(derartige Überheblichkeit rächt sich nun mal).

Pünktlich erschienen Thorsten und ich also bei Menis. Dort warteten nicht nur Menis und Norbert sondern eben auch die erste Hiobsbotschaft. Norbens HS33 wiederstand beharrlich allen Versuchen entlüftet zu werden und so war bereits beschlossen, das Menis und Norben sich einen Laufradsatz teilen würden: Sie nahmen das Tandem. Zunächst sprach ich Norben meine Hochachtung aus. Schließlich ist nicht jeder wagemutig genug sich und sein Leben in die Hand von Menis zu legen. Dann wurde mir relativ schnell klar, das unter diesen Voraussetzungen die angekündigte Lullerrunde wohl doch ihren Charakter etwas verändern sollte. Und ich sollte ausnahmsweise recht behalten.

Die Route wurde noch grob festgelegt und ab gings in den tiefen Grunewald. Auf den ersten Kilometern zeigte sich noch ein gewisser Abstimmungsbedarf des Tandemgespanns. Beim ersten etwa in Kopfhöhe quer liegenden Baum hatte Menis offensichtlich bereits sein „Anhängsel“ vergessen oder verdrängt. Ohne Vorwarnung senkte er sein Haupt und danach vernahm man nur noch den dumpfen Einschlag von Norbens Helm sowie ein leises Stöhnen von unter dem Helm. Menis entlockte dies nur den Kommentar, das Helme halt doch ihren Sinn haben. Es veranlasste ihn jedoch in keinster Weise dazu die Fahrt auch nur zu verlangsamen. Je besser die beiden in den Tritt kamen, um so schwieriger war es dranzubleiben. Mit abartiger Geschwindigkeit schoß das Gespann durch den dunklen Tann in Richtung Wannsee. Thorsten hielt immer Kontakt zur zweirädrigen, zweiköpfigen Spitze und ich musste mal wieder abreißen lassen. (Meinen Gemütszustand kann ich leider hier nicht wahrheitsgemäß schildern, würde diese Passage doch mit Sicherheit vom Administrator zensiert.).

Auf den paar Metern Radweg beim Wannsee vernahm ich mit Genugtuung die Äußerung von Thorsten, dass er wohl einen Gang rausnehmen müsste um die Tour durchzustehen. Ich war also doch nicht alleine und witterte langsam Morgenluft. Nachdem wir kurz entlang der B1 noch ein wenig Asphalt schnüffelten bogen wir ab in Richtung Pfaueninsel. Ich wusste relativ gut was nun kommen würde: kleine bissige Steigungen und jede Menge Zuckersand. Still und heimlich freute ich mich darauf und dachte dieses Terrain würde dem Tandemgespann mit Sicherheit den Saft aus den Knochen saugen. Jedoch mal wieder weit gefehlt. Bergauf schaffte ich es zwar so grade mal dranzubleiben und auch mal kurz mein Vorderrad nach vorne zu schieben. Bergab und ebenerdig, also wenn das Gespann einmal Fahrt aufgenommen hatte, zogen sie unweigerlich davon. Nachdem wir dann ein wenig am Wasser entlang hinter dem Tandem hergehechelt waren, bogen wir bei der Fähre zur Pfaueninsel wieder ab um den kurzen Anstieg zum Gasthaus ?? in Angriff zu nehmen. Ich kann nur jedem Biker empfehlen dieses Gasthaus immer in Windeseile links liegen zu lassen. Nicht zum ersten Mal wurde ich hier vom Personal (mitfünfzigjährige Kellner die offensichtlich eine steile Karriere gemacht haben und nun mit aller Macht versuchen sich vor Arbeit und Umsatz zu schützen) in einer Art von der Seite angepisst wie ich es selbst in Berlin noch nicht erlebt habe. Dies hielt uns nicht davon ab die darauf folgende kurze Abfahrt zu genießen und dann durch den Park vom Glienicker Schloß und über die kleine Brücke zum Babelsberger Schlosspark weiterzuziehen.

Das nächste Ziel sollten nun die Ravensberge sein. Zunächst wurde also Potsdam durchquert, wobei die ein oder andere Straßenbahn mich leider erneut vom Peleton separierte. So zog ich ob meiner Langsamkeit mal wieder den Spott des auf dem Tandem vorne sitzenden alten Mannes auf mich. Derartige Sticheleien ertrage ich jedoch wie gewohnt mit Fassung und nachdem die anderen freundlicher weise auf mich gewartet hatten spürten wir bald auch wieder weichen Boden unter den Stollenreifen. Kaum in der Sandwüste angekommen machten sich (endlich) auch bei Thorsten gewisse Verschleißerscheinungen bemerkbar. Es wurde also eine kurze Riegelpause eingelegt und das weitere Vorgehen diskutiert. Der Vorschlag von Menis man könnte die Ravensberge ja auch links liegen lassen und langsam in Richtung Oase aufbrechen stieß auf erstaunlich wenig Gegenwehr und wurde sogleich angenommen. Nach ein paar kleinen schleifen durch den mir nur von Nightrides bekannten Wald (will heißen: keine Ahnung wo es langging weil ich bei Nightrides eh alle Hände voll zu tun habe um dranzubleiben und dementsprechend meinen eigenen Orientierungssinn regelmäßig ausschalte) ging es also wieder durch Potsdam und den Babelsberger Schlosspark durch zurück zur kleinen Brücke am Griebnitzsee.

Die nun folgende Passage durch den Wald am Griebnitzsee offenbarte mir erstaunliches. Ich hatte wieder Kraft geschöpft und schaffte es erstaunlich gut am Gespann dranzubleiben. Thorsten ging es leider anders. Seine Muskeln wollten nun gar nicht mehr und am kleinen Anstieg im besagten Wald verordneten sie ihm eine kurzzeitige Zwangspause. Der Rest ist schnell erzählt: Auf direktem Weg passierten wir den Wannsee und tauchten wieder ab in den Grunewald. Zu Thorstens Erleichterung wurde unsere hastige Fahrt in Richtung Oase (ich konnte das Bier schon riechen und so was verleiht bekanntlich Flügel…) nachmal von einer kleinen Flickpause unterbrochen. Bei dieser Gelegenheit stellte Menis auch gleich noch fest, dass bei ihm mal wieder nicht nur eine Schraube locker war sondern sogar eine fehlte (dass hätte ich ihm auch wirklich gleich sagen können): nämlich die des Schaltwerks. So fiel ihm nach der Demontage des Hinterrads auch gleich das Schaltwerk entgegen. Der Sachverstand von Thorsten konnte Menis noch grade davon abhalten irgendwelche ahnungslosen Freizeitradler zu überfallen und ihnen die fehlende Schraube gewaltsam zu entreißen. Nachdem der Reifen geflickt war wurde das Schaltwerk also wieder mit dem Schnellspanner festgeklemmt und wir konnten die letzten Kilometer bis zur Oase ohne weitere Vorkommnisse zurücklegen.

Dort angekommen machten wir allen anderen Gästen allein durch unsere Anwesenheit klar, dass wir uns heute geschlaucht hatten. Ich glaube wir waren nicht zu „überriechen“. Das Essen war wie immer gut und reichlich, das Bier hat hervorragend geschmeckt und wir nahmen uns die Zeit den Tag noch mal revue passieren zu lassen.

Fazit: ein traumhafter Tag in den herrlichen, herbstlichen Wäldern. Viele, viele erstaunte Spaziergänger beim Anblick des fliegenden Gespanns welches eigentlich immer vorauseilte. Größten Respekt vor Norbens Mut und Menis Steuerkünsten. Erhabensten Dank an meinen Mitstreiter Thorsten, welcher mich nie alleine ließ. Und zum Abschluß eine Warnung an alle: Legt euch nie mit einem gut besetzten Tandem an! Ihr habt keine Chance und werdet unweigerlich pulverisiert.

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